Gemeinsam führen Chrupalla und Weidel nun sowohl die Bundestagsfraktion als auch die Bundespartei an. Vielleicht auch um zu zeigen, dass sie reibungslos zusammenarbeiten können, hatten sie sich gegenseitig als Kandidaten für den Chefposten vorgeschlagen. Das Erfolgsmodell in der Fraktion werde man «auf die Partei spiegeln», sagte Weidel. Sie kritisierte die Arbeit des letzten Bundesvorstands, dem sie als Stellvertreterin angehört hatte: «Schlechter konnte man das alles gar nicht mehr machen».
Chrupalla: Streit hinter sich lassen
Chrupalla sprach nach der Wahl von einem «Aufbruch». Ziel sei es, die Vergangenheit und den Streit hinter sich zu lassen. «Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag auch beendet», sagte er. Vertreter des eher gemäßigten Meuthen-Lagers – Ex-Co-Chef Jörg Meuthen hatte im Januar die Partei verlassen – hatten zuletzt immer wieder scharfe Kritik an Chrupalla geübt, unter anderem wegen Stimmenverlusten für die AfD bei Landtagswahlen. Der neue alte Parteichef sagte, «fortan haben wir die Partei der Mitte (…), und die repräsentieren wir hier in unserer Führung».
Der 47-Jährige bekam 287 von 538 abgegebenen Stimmen. Sein Gegenkandidat Norbert Kleinwächter kam auf 195 Stimmen (36,3 Prozent) – ein Achtungserfolg für den Vertreter des eher gemäßigten Lagers. 55 Delegierte stimmten gegen beide Kandidaten. Es gab eine Enthaltung.
Für Weidel votierten 360 von 538 Delegierten. 111 Delegierte (20,8 Prozent) stimmten für ihren Gegenkandidaten, den Europaabgeordneten Nicolaus Fest. 64 Stimmberechtigte votierten gegen beide Kandidaten, drei enthielten sich.
Die Delegierten hatten am Freitag zwar die Satzung der AfD geändert, so dass künftig theoretisch auch eine Einzelspitze möglich ist. Der Thüringer Landesschef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich dafür stark gemacht. Der Parteitag stimmte aber am Samstag dafür, es dieses Mal noch bei einer Doppelspitze zu belassen.
Auf dem Delegiertentreffen, das noch bis Sonntag dauert, wird der gesamte, zuletzt 13-köpfige Bundesvorstand neu besetzt. Damit wird auch über den künftigen Kurs der AfD entschieden – je nachdem, wie viele Vertreter der jeweiligen Parteiströmung sich einen Posten in dem Gremium sichern können.
Brandner, Boehringer und Harder-Kühnel als Stellvertreter
Der Parteitag wählte drei Kandidaten, die sich Chrupalla gewünscht hatte, in den engeren Führungszirkel: Parteivize Stephan Brandner, der dem Thüringer Landesverband angehört, wurde mit 72,4 Prozent im Amt bestätigt. Neben ihm wurden der Bundestagsabgeordnete Peter Boehringer (55,4 Prozent) und seine Fraktionskollegin Mariana Harder-Kühnel (74,6 Prozent) zu Stellvertretern Chrupallas und Weidels gewählt. Boehringer und Brandner warben mit Blick auf den parteiinternen Streit der Vergangenheit in ihren Bewerbungsreden für einen «homogenen Bundesvorstand». Harder-Kühnel wetterte gegen «Deutschlandhasser». Sie forderte eine Parteiführung, die geschlossen «wie eine Mannschaft» zusammenarbeite.
Chrupalla steht seit November 2019 an der Spitze. Bei seiner ersten Wahl auf dem damaligen Parteitag in Braunschweig hatte er 54,5 Prozent der Stimmen geholt. Der Handwerksmeister aus Sachsen führte die AfD nach dem Weggang von Ex-Co-Chef Jörg Meuthen zuletzt alleine. Meuthen hatte der AfD einen zunehmend radikalen Kurs bescheinigt. Der Verfassungsschutz hat die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.
Parteiinterne Kritiker, die sich selbst dem gemäßigten Lager zurechnen, hatten nach den jüngsten Stimmenverlusten bei mehreren Landtagswahlen den Parteichef offen angegriffen und ihm unter anderem vorgeworfen, im Westen nicht punkten zu können. Sie kritisieren Chrupallas Kurs auch als zu russlandfreundlich und bringen Parteiaustritte damit in Verbindung.
Chrupalla-Gegenkandidat Kleinwächter sagte in seiner Bewerbungsrede, «wir müssen aus dem Tief, in dem wir sind, dringend rauskommen». Er sprach sich für Professionalisierung, Einigkeit, Disziplin und einen neuen Stil in der Kommunikation nach außen aus und pochte auf einen «liberal-konservativen» Kurs der AfD.
Chrupalla: «Wir wollen CDU und FDP überflüssig machen»
Chrupalla warb für Abgrenzung zu Union und FDP. «Wir wollen CDU und FDP überflüssig machen», sagte er. CDU-Parteichef Friedrich Merz sei ein «grüner Wolf im schwarzen Schafspelz». Die AfD mache nicht mit bei «Impfpflicht, Krieg und offenen Grenzen». Der 47-Jährige will die AfD in den kommenden zwei Jahren nach eigenen Angaben auf einen «freiheitlich-sozialen» Kurs führen.
Wohl mit Blick auf die Stimmenverluste bei den zurückliegenden Landtagswahlen appellierte Weidel an die Delegierten: «Lassen wir uns nicht von jedem Rückschlag gleich nach unten ziehen.» Sie forderte mehr Geschlossenheit und sagte: «Hören wir doch auf mit den haltlosen Anwürfen in der Öffentlichkeit.» Die AfD sei kein Auslaufmodell. «Die AfD ist die Partei der Zukunft». Weidel nannte die Partei das «notwendige Korrektiv in der verkrusteten Parteienlandschaft».
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- AfD-Bundesparteitag: dpa