von PETER WINNEMÖLLER
Es war eine der ersten Amtshandlungen, die Donald Trump als US- Präsident vornahm. Er folgte damit einer Tradition. Alle republikanischen Präsidenten taten dies. Die demokratischen Präsidenten machten es wieder rückgängig. Sämtliche staatlichen Gelder der USA für die Organisation Planned Parenthood International sind nun gestrichen. Trump ging sogar noch weiter. Von nun an müssen alle Entwicklungshilfeorganisationen, die Regierungsgelder von den USA bekommen wollen, nachweisen, daß sie Abtreibungen nicht fördern und nicht als Mittel der Familienplanung anpreisen.
Ganz und gar nicht im Sinne eines „America first“ betrifft dies zunächst nur den internationalen Arm von Planned Parenthood. Für weitere Maßnahmen, die die Organisation im Inland betreffen, braucht er die Zustimmung des Kongress. Um aber gleich zu zeigen, auf welcher Seite die Administration steht, wird heute der Vizepräsident am March for Life teilnehmen.
Man sieht daran, wie unkonventionell die neue Administration ist. Im Grunde würde man von einem Vertreter der Regierung erwarten, politische Maßnahmen einzuleiten, die in Setzung von Rechtsnormen münden. Nun geht ein Regierungsvertreter auf die Straße um gegen Gesetze zu demonstrieren, die eine Vorgängerregierung in Kraft gesetzt hat. Man darf das sonderbar finden.
Abtreibungsorganisationen die Mittel zu streichen, dürfte international nicht auf Gegenliebe stoßen. Das wird auch dem US- Präsidenten klar sein. An Mut zum Unpopulären mangelt es ihm jedenfalls nicht. Mit einer gewissen Brachialität, die den Immobilientycoon auszeichnet, geht er auch seine politischen Projekte an. Ob das im Politbusiness dauerhaft so geht, wird abzuwarten sein. Eine Regierung ist keine Vorstandsetage.
In jedem Falle ist der Signalcharakter der Maßnahme deutlich und unmißverständlich. Auch Trump wird sich keine Illusionen machen, über kurz oder lang die Abtreibung in den USA abschaffen zu können. Zu tief in die Gesellschaft eingedrungen ist die Abtreibungsproblematik. Nur wenig Argumente, die valide und wissenschaftlich begründet sind, könnten ein Verbot und eine weltweite Ächtung der Abtreibung voran bringen. Nicht, daß nicht allein die Tatsache reichen würde, daß bei jeder Abtreibung ein Mensch stirbt. Doch schon das wird bestritten. Man kann den Irrsinn eigentlich kaum fassen.
Hier aber tut sich ein Handlungsfeld auf, in dem einzelne Vertreter des Lebensrechts, Lebensrechtsorganisationen und die US-Regierung vielleicht Hand in Hand arbeiten könnten. Es werden Gelder frei, die für wissenschaftliche Erforschung der Abtreibungsfolgen möglicherweise verfügbar wären. Man müßte sie nur anzapfen. Es gibt kaum einen anderen Weg, das Abtreibungselend irgendwann einmal zu beenden und die Abtreibung tatsächlich gesellschaftlich zu ächten, als gut untermauert die dramatischen Folgen darstellen zu können.
Dabei wären nicht nur die persönlichen Folgen einer Abtreibung zu untersuchen. Das PAS (Post Abortion Syndrom), welches einer Frau noch Jahre nach der Abtreibung schwerste psychische Folgen bescheren kann, ist bislang so gut wie gar nicht erforscht. Auch die Folgen für die Gesellschaft, wie demografische Probleme, werden bislang ausgeblendet. Folgen für das soziale Umfeld, Väter oder Geschwister abgetriebener Kinder, sind nach wie vor überhaupt nicht ergründet. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, also werden Folgen der Abtreibung einfach negiert. Zu sehr ist Abtreibung ein Lieblingsprojekt des internationalen Linksfeminismus. Die Folgen zu erforschen, darüber wissenschaftlich zu publizieren oder auch nur öffentlich darüber zu reden, kann der gesellschaftliche Tod. Die Abtreibung hat eine mächtige Lobby, weil sich sehr viel Geld damit verdienen läßt.
Ein US- Präsident, der so unkonventionell wie Donald Trump ist, könnte den Mut aufbringen, der Abtreibung weltweit den Garaus machen zu wollen. Da ein solcher Gedanke nahe liegt und vielleicht so im Umfeld der neuen Administration auch mal so gedacht wird, kann man es nicht ausschließen. Das liegt allerdings nicht in europäischer Hand.
Für deutsche und europäische Lebensrechtler ist der gegenwärtige Schwung vielleicht die Möglichkeit schlechthin, auch hier an einem Paradigmenwechsel zu arbeiten.
Weder in der Frage der Abtreibung noch in Sachen Sterbehilfe/Assistierter Suizid oder in anderen bedeutenden bioethischen Fragen werden wir gesetzliche Regelungen erhalten können, die den ethischen Standards von Christen genügen können. Zu sehr ist die Gesellschaft von utiliaristischen Machbarkeitsideen geprägt. Was auf kurze Sicht nützlich ist und was machbar ist, soll erlaubt sein. Spätere Folgen werden ausgeblendet. Egoistische Kurzsichtigkeit eine zunehmend hedonistischen Gesellschaft prägen auch die Rechtsnormen in Fragen von Leben und Bioethik. Das Recht ist kein Freund des Lebens mehr und wird es auf absehbare Zeit nicht sein. Auf europäischer Ebene wird daran gearbeitet, ein Recht auf Abtreibung zu etablieren. Das ist zwar nicht legitim, doch eine linke Mehrheit in europäischen Gremien würde das nicht stören. Dafür gibt es genügend Beispiele.
Aus diesem Grund muß der Schutz des menschlichen Lebens anders und unabhängig von Recht und Gesetz begründbar sein. Das einzige Mittel dazu ist die Wahrheit. Es muß ungeschminkt und bar jeglicher Ideologie erforscht werden, welche individuellen und gesellschaftlichen Folgen beispielsweise die Abtreibung hat. Dann und nur dann wird man es den Menschen vielleicht so erklären können, daß sie verstehen. Der Paradigmenwechsel muß lauten: Weg von der primären Forderung nach neuen Rechtsnormen, hin zu Forschung und echter Aufklärung. Dabei geht es nicht nur um den Vorgang der Abtreibung sondern auch um deren Folgen, die den Menschen ungeschönt dargelegt werden sollten.
Vielleicht ist die aktuelle Maßnahme von Donald Trump dem einen oder anderen konservativen Europäer zu populistisch. Das mag sein. Doch eines ist gewiß, wenn jemals ein Zeitfenster da gewesen sein sollte, Abtreibung noch einmal als Kontroverse in die Öffentlichkeit zu bringen, dann jetzt.
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