Wir feiern die Menschwerdung Gottes

von MARCO BASILIUS REESE

Die Feier des ersten Blutzeugen Jesu am Tage nach dem Fest der Geburt des Herrn lenkt unseren Blick darauf, daß die Nachfolge des Herrn uns ganz einnehmen soll, so wie der Weg Jesu selbst von Beginn an einer der Niedrigkeit, des Dienstes, der Hingabe war. Und diese Bezugnahme ist aktueller denn je.

Wir feiern nicht heimelige Glitzerwelten und WohnzimmerRomantik (so schön das alles sein mag), wir feiern auch nicht einfach „die Familie“ (nicht ohne Blick auf die Heilige Familie) oder „den Frieden“, sondern die Menschwerdung Gottes, die Erniedrigung (die „kenosis“, wie es bei den Kirchenvätern heißt) des göttlichen logos in das „sarx“, in das „Fleisch“, also in die Schöpfung, die Natur, die Welt, das Menschliche (auch und gerade in die Familie aber, die heute so immensen Angriffen ausgesetzt ist) hinein, zum Ziele der Erlösung von Menschengeschlecht und Schöpfung von der Sünde, der selbstverschuldeten Trennung von Gott. Der Philipper-Hymnus betont den Gehorsam Jesu bis zum Tode am Kreuz. Ein Gehorsam, der uns herausfordert.

Ein Grund zum Feiern besteht in diesen festlichen Tagen. Aber dieses freudige Feiern darf uns nicht vergessen lassen, daß der Weg zur ewigen Freude über das Kreuz Christi führt und wir zur Nachfolge gerufen sind. Der Hl. Stephanus ist der erste Nachfolger Jesu, der ihm auf dem Weg des Todes gefolgt ist. Während Jesus der römischen Gerichtsbarkeit überantwortet worden war und daher gekreuzigt wurde, unterstand Stephanus selbst der religiösen Gerichtsbarkeit der Juden, sodass er, dem Gesetze gemäß, aufgrund der vermeintlichen Gotteslästerung gesteinigt.

Das heutige Evangelium (aus Matthäus 10) stellt uns daher auch die Vorhersagen Jesu über die kommenden Verfolgungen, über den Ausschluß der christusgläubigen Juden aus der Gemeinschaft der Synagoge, vor Augen. Bald darauf, zur Zeit des Nero, erfolgten die ersten Verfolgungen der jungen Gemeinde durch den römischen Staat, der mittlerweile eine Art Herrscherkult pflegte. Ihren Höhepunkt erreichten die Drangsalierungen seitens eines Régimes mit religiösem Anspruch dann im 3. Jahrhundert.

Insbesondere seit der Französischen Revolution ist die Kirche in Europa – anderswo ohnedies – immer wieder harten Verfolgungen und Demütigungen ausgesetzt worden, so seitens des preußischen Staates, des Nationalsozialismus und des Kommunismus. Im Hintergrund steht eine allgemeine Geisteshaltung, die Eric Voegelin als „gnostisch“ bezeichnete – die Tendenz zu einer Selbsterlösung des Menschen. Diese bedarf, vermeintlich, dann der sich schenkenden Liebe Gottes nicht mehr. Moralische Überheblichkeit und ersatzreligiöses Sendungsbewußtsein treten an die Stelle des Evangeliums.

Heute sehen wir im Namen eines vermeintlich aufgeklärten Humanitarismus eine – noch – seichte – Form der Kirchenverfolgung. Es ist nicht davon auszugehen, daß es dabei bleiben werde. Zudem sind entsprechende Geistesströmungen bis in die Kirche selbst vorgedrungen, wie es den Anschein hat.

Die andere Seite dieser Medaille ist die derzeit vor sich gehende Ausrottung der östlichen Kirche an ihrer historischen und geographischen Wurzel. Auch diese aber scheint im Zuge der Flüchtlingskrise zunehmend auch hier anzukommen.

Friede ist mehr als die Abwesenheit von Krieg – eine Binsenweisheit, die man dieser Tage, aber zu Recht, wiederholt hört. Der Heiland kam in eine vermeintlich friedliche Welt, doch dieser Friede, die „pax Romana“, war auf Blut gegründet. Der Friede, welchen Christus bringen will, ist von anderer Art. Er folgt nicht Resolutionen und Programmen. Er beginnt in unseren Herzen und erfordert von uns die Bereitschaft zur Nachfolge und dazu, das Äußerste einzusetzen. Denn wer sein Leben um Jesu willen verliert, der wird es finden.

 

 

Bildquelle:

  • Krippe: pixabay

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