1. Mai: Berlin ist auch nicht mehr das, was es mal war – gut so!

Liebe Leserinnen und Leser,

heute starten wir mal mit einer guten Nachricht gemeinsam in den Tag. Bei der sogenannten „Revolutionären 1. Mai“-Demo Linksradikaler in Berlin wurde – Stand jetzt – nur ein Polizist verletzt. Dass der verletzt wurde, ist natürlich alles andere als positiv, aber dass es nur einer war, ist höchst erstaunlich.

Als ich in den 90er Jahren als Reporter nach Berlin kam, gehörte der 1. Mai als Happening ritualisierter Gewalt zu meinem Job dazu. So wie hier und da mal das Räumen besetzter Häuser. Schade, dass ich den CDU-Innensenator Heinrich Lummer nicht mehr als Innensenator erlebt habe. Also, persönlich getroffen habe ich ihn später schon, irgendwo in einer Berliner Kneipe in Zehlendorf und bei Veranstaltungen. Aber, das war ein kerniger Typ, das war die alte CDU. Wenn ein besetztes Haus geräumt worden war, kam Lummer, ging rein und posierte für die Pressefotografen wie Napoleon auf einem Feldherrenhügel. Gute alte Zeit…

Aber was war da los in Berlin vergangene Nacht?

Nichts eigentlich, und das ist ja das Erstaunliche. Da ziehen 12.000 Linke durch die Straßen, ein paar vermummt, viele bunte Transparente, die Sonne scheint, anschließend überfüllte Kneipen in Kreuzberg. Was für ein Unterschied zu früher.

1. Mai-Nacht in Kreuzberg war 1988, 1990, 1991 nicht lustig. Bevor ich nachts mit meinen Kollegen Boris und Thomas rausging mit Bandgerät und Mikro zogen wir dunkle Klamotten an, wasserfeste Jacke. Wir ließen unseren Personalausweis und Visitenkarten im Sender, alles, was uns bei einer „Kontrolle“ durch autonome Schläger hätte identifizieren können als Reporter vom verhassten und CDU-freundlichen Privatradio „Hundert,6“. Abgesprochen war, dass wir dann sagen wollten, wir seien vom öffentlich-rechtlichen SFB, dem Vorläufer des RBB. Die waren auch damals schon links, angepasst und nicht ernst zu nehmen. Wir hofften, wir würden mit der Geschichte irgendwie heil rauskommen.

In diesen Nächsten, als wir angestrengt geradeaus guckend durch Horden grimmig blickender schwarzgekleideter junger Männer – damals noch größtenteils deutschstämmig – schlenderten, auch mal vor Wasserwerfern im Einsatz in Hauseingänge flüchteten, die Straßen überseht von Pflastersteinen waren, wussten wir immer, dass am Morgen Meldungen über 230 verletzte Polizeibeamten, abgefackelten Autos, geplünderten Geschäften und brennenden Barrikaden geben würde.

Und gestern?

Die Polizei meldet 9 vorübergehende Festnahmen und einen verletzten Polizisten, dem ich an dieser Stelle baldige Genesung wünsche! Danke, dass diese Leute Dienst für uns alle tun.

Aber 9 Festnahmen und 1 verletzter Polizist? Das hat man sonst auch beim ganz normalen Badetag im Strandbad Wannsee. Das ist phänomenal. Von mir auch könnte das zukünftig immer so sein am 1. Mai in Berlin… Jetzt warte ich mal ab, wer als erster diese positive Entwicklung für sich in Anspruch nehmen wird. Der neue Regierende Bürgermeister, oder die böseböse Partei, die ihn in Teilen heimlich gewählt hat, was sicher der einzige Grund ist, dass Berlin nun wieder sicher ist…

Ihnen alles Gute für die kurze Woche!

Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.