„Das große Tagebuch von Borussia Mönchengladbach“: Erinnerungen daran, was diesen Verein einmal groß gemacht hat.

10. September 1973: Rainer Bonhof (r.) mit Kieferbruch und Kopfverband - Trainer Hennes Weisweiler bemüht sich sehr um

MÖNCHENGLADBACH – Wenn man in Zeiten, in denen es sportlich nicht rund läuft, besonders gerne in Erinnerungen schwelgt, dann hätte es kaum einen besseren Zeitpunkt für das „Das große Tagebuch“ von Borussia Mönchengladbach geben können.

Die Fohlenelf steckt in einer tiefen Krise, ist Tabellenvorletzter der Bundesliga. Die Mannschaft sucht Stabilität, der Glanz vergangener Jahre ist verblasst. Da kommt ein Werk wie dieses genau richtig – nicht als nostalgische Flucht, sondern als Rückbesinnung darauf, was den Verein über Jahrzehnte geprägt hat: Leidenschaft, Zusammenhalt und ein unerschütterlicher Glaube an die eigenen Werte.

Das 280 Seiten starke Buch der Autoren Karsten Kellermann und Ralf Grengel vereint 1.000 tagegenaue Einträge, 400 Abbildungen und 222 QR-Codes mit Videomaterial, die 125 Jahre Vereinsgeschichte lebendig werden lassen. Von den ersten Spielen in der „Kull“, dem späteren Bökelberg, mit seinen magischen Europapokalnächten und den jüngsten Bundesliga-Jahren im Borussia-Park. Es ist keine reine Chronik, sondern eine vielstimmige Erzählung aus Fakten, Anekdoten und Emotionen, begleitet von rund 34 Stunden Videos.

Besonders bemerkenswert ist der Zugriff auf das Archiv von Schirner Sportfoto, Deutschlands größtem sporthistorischem Bildarchiv. Günter Netzer beim Freistoßtraining mit Kindern auf einem Mönchengladbacher Spielplatz, Didi Hallervorden auf den Schultern von Berti Vogts oder Rainer Bonhof im Krankenbett mit riesigem Kopfverband nach einem Kieferbruch, sind wahre Perlen, die noch nie zuvor in einem Borussia-Buch zu sehen waren. Sie stammen aus Zeiten, in denen der Fußball noch bodenständig, manchmal rau, aber immer echt war.

Zwei echte Borussen-Legenden rahmen dieses Werk ein: Günter Netzer und Berti Vogts, die in ihren Vorworten sehr unterschiedliche, aber sich ergänzende Töne anschlagen. Netzer schreibt: „Man spürt den Atem der großen Spiele, aber auch den Herzschlag der kleinen Momente.“ Vogts ergänzt: „Dieses Buch macht auch mir noch einmal deutlich, welche Größe Borussia hat.“ Es sind Sätze, die wie Wegweiser wirken – aus der Vergangenheit in die Gegenwart, und vielleicht auch Mut machen für die Zukunft.

Gestaltet ist das Buch aufwendig, aber nicht effekthaschend. Es folgt einer klaren Linie, die dem Leser Orientierung bietet, und lädt mit seinen QR-Codes dazu ein, in die Vergangenheit einzutauchen – mit Spielszenen, Interviews und Dokumenten, die Geschichte greifbar machen.

Dass Borussia Mönchengladbach der erste Verein weltweit ist, über den ein solches multimediales Tagebuch erscheint, passt ins Bild. Die Fohlen waren oft Pioniere – auf dem Platz, in der Jugendförderung, in der Vereinsidentität. Und vielleicht setzt auch dieses Projekt ein Zeichen: dass Erinnerung nicht Stillstand bedeutet, sondern Antrieb für Neues sein kann.

Das große Tagebuch von Borussia Mönchengladbach ist kein Buch, das Probleme löst. Aber es hilft, sich daran zu erinnern, warum sich Generationen von Fans, Spielern und Verantwortlichen in diesen Verein verliebt haben. Und allein das macht es – gerade jetzt – zu einer lohnenden Lektüre.

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Bildquelle:

  • Weisweiler_Bonhof: powerplay / schirmer

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