PEKING – Die Arbeitsbedingungen für ausländische Journalisten in China haben sich weiter verschlechtert. Seit Beginn der Corona-Pandemie vor drei Jahren «hat die Pressefreiheit im ganzen Land mit zunehmender Geschwindigkeit abgenommen», stellte der Club der Auslandskorrespondenten (FCCC) in China nach einer jährlichen Erhebung unter seinen Mitgliedern fest. Alle 102 Journalisten, die sich an der Umfrage beteiligt haben, meinten, die Arbeitsbedingungen «entsprechen nicht internationalen Standards».
Gut ein Drittel (38 Prozent) berichtete, dass mindestens eine ihrer Quellen belästigt, festgenommen oder zum Verhör gebeten worden sei oder andere negative Konsequenzen erfahren habe, weil sie mit ausländischen Journalisten interagiert habe. Solche Vorfälle haben zugenommen: Im Vorjahr war es nur ein Viertel. 78 Prozent berichteten, das potenzielle Interviewpartner nicht mit ihnen sprechen durften oder eine Erlaubnis dafür brauchten.
Pandemie für weitere Repressionen genutzt
Der Korrespondentenclub sprach von einem «weiteren schweren und anstrengenden Jahr». Die Kontrollen der Null-Covid-Politik, die erst im Dezember aufgegeben worden war, wurden demnach eingesetzt, um die Berichterstattung der Korrespondenten zu beschneiden. Knapp die Hälfte berichteten, dass sie aus Gesundheits- oder Sicherheitsgründen aufgefordert worden seien, einen Ort zu verlassen, oder dass ihnen Zugang verweigert worden sei – obwohl sie selbst nach Chinas eigenen strikten Standards kein Gesundheitsrisiko dargestellt hätten.
«2022 war mit Abstand das schwierigste Jahr hinsichtlich der Bedingungen, aus China zu berichten», stellte der Bürochef des «Wall Street Journals», Jonathan Cheng, fest. «Das Arbeitsumfeld für ausländische Korrespondenten bleibt weit hinter akzeptablen Standards von Pressefreiheit zurück», sagte auch BBC-Reporter Stephen McDonell. Er beklagte, «jedes Mal, wenn wir außerhalb Pekings berichten, von Wagenladungen mit Offiziellen verfolgt zu werden».
Polizei behindert Journalisten
«Die Covid-Kontrollen sind aufgehoben, aber eine Fülle von staatlichen Restriktionen, anhaltende digitale Überwachung und fortgesetzte Belästigung chinesischer Kollegen und Quellen bedeuten, dass die Herausforderungen für echte Pressefreiheit bestehen bleiben», stellte der Auslandspresseclub fest. Mehr als die Hälfte der Journalisten berichtete, mindestens einmal von Polizei oder anderen Stellen bei der Berichterstattung behindert worden zu sein. Fernsehteams waren besonders betroffen.
Knapp ein Drittel (31 Prozent) berichtete von Vorfällen, bei denen Reisen oder Interviews aufgrund offiziellen Drucks gestrichen werden mussten. 14 Prozent beklagten sogar, grob oder gewaltsam behandelt worden zu sein (Vorjahr: 12 Prozent). Wegen Drohungen hätten drei Journalisten aus eigenen Stücken das Land verlassen: «Ich beschloss, China aus verschiedenen Gründen zu verlassen, aber das gestiegene Risiko willkürlicher Festnahmen, von Klagen vor Gericht und Belästigung über das Internet waren alles Faktoren in meiner Entscheidung», berichtete ein Reporter.
Kommunikation wird überwacht
Die große Mehrheit der Journalisten geht davon aus, dass ihre Kommunikation über das in China allgegenwärtige Handy-Programm WeChat, ihre Mobil- und Festnetz-Telefone oder auch über Abhörgeräte in ihren Büros oder Wohnungen abgefangen wird. Knapp die Hälfte der Reporter (45 Prozent) berichtete, dass ihre chinesischen Mitarbeiter mindestens einmal unter Druck gesetzt, belästigt oder eingeschüchtert worden seien (Vorjahr: 40 Prozent).
Visa oder Akkreditierungen für neue Korrespondenten sind ein weiteres Problem, das die China-Berichterstattung behinderte. Mehr als ein Drittel der Büros habe deswegen nicht genug Personal. Mehr als die Hälfte, die 2022 auf die Erteilung von Journalistenvisa gewartet hatte, wartete vergeblich. 60 Prozent von denen, die keine Visa bekamen, wurde als Grund für die Verzögerung geopolitische Spannungen genannt. Während europäische, japanische und koreanische Medien etwas mehr Glück hatten, stockten die Verhandlungen zwischen den USA und China über neue Visa für Reporter.
Bildquelle:
- Schwierige Arbeitsbedingungen: dpa