Berlin-Wahl: Die CDU will regieren und dringt auf schnelle Gespräche

CDU-Spitzenkandidat und Wahlsieger Kai Wegner: «Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden». Foto: Axel Heimken/dpa

BERLIN – Nach dem deutlichen Wahlsieg der CDU bei der Wiederholungswahl in Berlin ist offen, welche Parteien in der Hauptstadt künftig die Regierung bilden. Zwar erhebt CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner einen klaren Regierungsanspruch, aber die bisherigen Koalitionspartner SPD, Grüne und Linke liebäugeln mit einer Fortsetzung ihres Bündnisses. Rein rechnerisch haben Schwarz-Grün sowie Schwarz-Rot eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus.

Wegner drückt aufs Tempo und will SPD und Grüne heute Abend zu Sondierungsgesprächen einladen. Ziel sei es, Gespräche noch in dieser oder Anfang kommender Woche zu führen, sagte Wegner. «Jetzt ist nicht die Zeit für Taktierer, jetzt ist die Zeit für Macher.» Wahlforscher Thorsten Faas erwartet jedoch eine langwierige Regierungsbildung. Trotz der hohen Zugewinne der CDU sei es schwierig, aus dem Wahlergebnis ein «Regierungssignal» herauszulesen, sagte der Professor der Freien Universität Berlin.

Historische Wahlschlappe für SPD

Die CDU hatte 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent) der Stimmen bekommen – das stärkste Ergebnis seit gut 20 Jahren in der Hauptstadt. «Der Regierungsauftrag liegt klar bei uns», sagte Wegner. «Die Berlinerinnen und Berliner haben den Wechsel gewählt.»

Die SPD schnitt mit 18,4 Prozent so schlecht ab wie noch nie bei einer Berlin-Wahl in der Nachkriegszeit (2021: 21,4). Die Grünen, die seit 2016 mit Linken und SPD regieren, erreichten ebenfalls 18,4 Prozent (18,9), lagen aber 105 Stimmen hinter den Sozialdemokraten. Die AfD legte auf 9,1 zu (8,0). Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog (7,1).

Berliner SPD-Vize: «Es kann nicht so weitergehen»

Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch betonte erneut, dass sie eine Fortsetzung der Koalition von SPD, Grüne und Linke favorisiere. Der Koalitionsvertrag sei dafür eine gute Grundlage. Angesichts des denkbar knappen Wahlergebnisses erwarte sie allerdings einen «wirklich partnerschaftlichen» Umgang, so Jarasch. Berlins Linken-Landeschefin Katina Schubert sieht einzig in der Fortsetzung Rot-Grün-Rot eine stabile Koalition.

Aus Sicht der AfD wäre die Fortsetzung des Bündnisses eine Missachtung des Wählerwillens. Das Ergebnis zeige, dass die bisherige Regierungskoalition «klar abgewählt wurde», sagte der Parteivorsitzende Tino Chrupalla in Berlin.

Der Berliner SPD-Vize Kian Niroomand bezeichnete das schlechte Ergebnis seiner Partei als Zäsur. «Es kann nicht so weitergehen», sagte er. Die SPD müsse ihre Wahlniederlage «mit Demut annehmen» und hinterfragen, wie sie sich für die Zukunft aufstellen wolle. Der stellvertretende Landesvorsitzende plädierte dafür, darüber in Ruhe zu diskutieren und sich nicht vorschnell auf Bündnisse festzulegen.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der auch Co-Landesvorsitzender seiner Partei ist, meinte, die SPD werde mit den demokratischen Parteien Gespräche führen, «um den besten Weg für die Stadt auszuloten». Dies gelte insbesondere für die bisherigen Koalitionspartner Grüne und Linke. Giffey hatte bereits erklärt, auf das Gesprächsangebot der CDU einzugehen.

Dies schloss auch Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch nicht aus. Ohne wesentliche Zugeständnisse der CDU hält sie eine schwarz-grüne Koalition aber nicht für denkbar. «Es gibt bei den Grünen kein Bündnis ohne Mobilitäts- und Wärmewende, ohne Berlin wirklich klimaneutral umzubauen und ohne echten Mieterschutz», sagte die Mobilitäts- und Umweltsenatorin im RBB-Inforadio.

Landeswahlleitung sieht bislang keinen Grund für Nachzählungen

Unterdessen sieht die Landeswahlleitung bislang keinen Grund für Nachzählungen aufgrund des sehr knappen Vorsprungs der SPD. Bislang gebe es keine Hinweise auf konkrete Zählfehler, teilte Landeswahlleiter Stephan Bröchler mit. Die Differenz sei «in der Tat sehr knapp», sagte Bröchler. «Aber 105 Stimmen sind auch ein Fakt.»

Nach Angaben des Landeswahlleiters gibt es 159 Sitze im Berliner Abgeordnetenhaus. Davon erhält die CDU 52. Die SPD und die Grünen bekommen je 34 Mandate. Die Linke kommt auf 22 Sitze, die AfD auf 17.

Wegen schwerwiegender Wahlpannen hatte das Landesverfassungsgericht die Wahl des Landesparlaments vom September 2021 für ungültig erklärt – und eine Wiederholung angeordnet. Damals hatten lange Warteschlangen vor Wahllokalen sowie fehlende, vertauschte oder kopierte Stimmzettel bundesweit Schlagzeilen gemacht.

Nach diesem Wahlsonntag zeigte sich Landeswahlleiter Bröchler zufrieden. Es sei allerdings zu einem «sehr ärgerlichen Fehler» in einem der 2257 Wahllokale gekommen, sagte er. In dem Wahllokal in Tempelhof-Schöneberg seien 115 falsche Stimmzettel für Erststimmen ausgeteilt worden. Das sei aber weder für das dortige Erststimmen-Ergebnis noch für den Ausgang der Wahl insgesamt relevant gewesen. Weitere kleinere «sehr niedrigschwellige» Fehler in verschiedenen Wahllokalen seien schnell behoben worden.

Wahlberechtigt zur Abgeordnetenhauswahl waren etwa 2,4 Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,1 Prozent. 2021 waren es 75,4 Prozent, doch wurde damals gleichzeitig der Bundestag gewählt.

Bildquelle:

  • Kai Wegner: dpa

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