LEIPZIG/VILNIUS – Nachdem im vergangenen Juli auf drei europäischen Flughäfen Pakete zum Versand ohne erkennbaren Grund plötzlich in Flammen aufgingen, sind sich die Ermittler mehrere Sicherheitsdienste heute sicher, dass der russische Geheimdienst GRU hinter den Anschlägen steckt.
Danach hätte es insgesamt vier Sendungen gegeben, die aus Magnesium basierende Brandsätze enthielten. Neben dem DHL-Logistikzentrum am Flughafen Leipzig/Halle seien danach auch Birmingham (GB) und Warschau (Polen) betroffen gewesen.
Kopf der Anschläge soll danach der GRU-Oberst Denis Smolyaninow sein, der einen Kreis von etwa zehn Freizeit-Agenten für diese Sabotageaktionen anführte. Die Saboteure seien keine festen Mitarbeiter des GRU gewesen, sondern Menschen, die scheinbar harmlose Aufträge übernommen und dafür kleines Geld bekommen hätten. Die meisten wurden über das Internet rekrutiert.
Ausgangspunkt dabei war ein 27-jähriger Mann aus der Ukraine, der in Polen lebt, und bereits einmal wegen Geldwäsche und Cyberkriminalität zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden war. Seine Mutter bestätigte gegenüber Journalisten, dass ihr Sohn im Sommer 2024 „mehrere Aufträge“ online angenommen hätte.
Nach den Ergebnissen der Ermittlungen habe der Ukrainer die explosiven Pakete aus Polen mit dem Auto nach Litauen transportiert und dort einen Zeitzünder aktiviert. Danach seien die Pakete an einen litauischen Mittelmann übergeben worden, der die Päckchen am Flughafen Vilnius an einer DHL-Paketstation aufgab. Die Sendungen erhielten außer den Brandsätzen harmlose Kosmetikartikel, Massagekissen und „Sexspielzeug“. Ein in einer Großstadt in Ostdeutschland lebender weiterer Ukrainer hatte dem Litauer per Telegram-Nachricht mitgeteilt, dass eine der Sendungen „verloren gegangen“ sei.
Die beiden direkt beteiligten Litauer und Ukrainer sitzen inzwischen in Haft, die britische Polizei hat kürzlich im Zusammenhang mit dem Sabotagefall einen 38-jährigen Rumänen festgenommen, zu dem eine Verbindung nach Moskau entdeckt wurde. GRU-Oberst Denis Smolyaninov hat sich nach Erkenntnissen westlicher Sicherheitsbehörden schon vor mehr als zehn Jahren mit Plänen beschäftigt, wie der zivile Luftverkehr in Europa durch Anschläge beeinträchtigt werden könne.
Im November des vergangenen Jahres stürzte ein Frachtflugzeug der spanischen Fluggesellschaft Swift Air beim Landeanflug auf den Flughafen Vilnius ab.
Die Boeing war am Morgen in Leipzig gestartet. Einen Kilometer vor Erreichen der Landebahn leiteten die Piloten eine Notlandung ein. Die Auswertung der Kommunikation mit dem Tower in Vilnius ergab keinerlei Hinweise auf ein Problem zuvor. Es habe „eine routinemäßige Kommunikation“ gegeben, hieß es anschließend.
Einen „technischen Fehler oder menschliches Versagen“, vermutete damals Litauens Polizeichef Paulauskas. Und der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte, er habe keine Hinweise auf einen Sprenganschlag vorliegen. Vor dem Hintergrund der neuen Erkennnisse sollte sich das BKA mit dem Fall vielleicht noch einmal intensiver beschäftigen.
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