Bundeskanzlerin Merkel spricht mit dem Papst über Kindesmissbrauch und das Klima

«Meisterin des Multilateralismus»: Kanzlerin Angela Merkel. Foto: Andrew Medichini/AP/dpa

ROM – Angela Merkel hat ihre letzte Privataudienz als Bundeskanzlerin bei Papst Franziskus für Gespräche über den Kampf gegen Kindesmissbrauch und die Klimakrise genutzt.

Die Politikerin machte bei ihrem Besuch im Vatikan deutlich, dass die Themen höchste Priorität haben müssten. Deshalb besichtigte sie vor dem Treffen mit dem Pontifex ein Institut der Päpstlichen Universität Gregoriana, wo sie sich mit dem Kinderschutzbeauftragten Hans Zollner unterhielt. «Ich wollte mit meinem Besuch dort unterstreichen, dass wir glauben, dass die Wahrheit ans Licht kommen muss und dass das Thema Kindesmissbrauch aufgearbeitet werden muss», sagte sie danach.

Erst in dieser Woche hatte eine Untersuchung ergeben, dass seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in der katholischen Kirche in Frankreich Tausende Kinder sexuell misshandelt worden waren. Der Papst selbst sprach dabei von einem «Moment der Schande».

Zum fünften Mal in seinem Pontifikat empfing er die Kanzlerin zu privaten Gesprächen. Diesmal stand bei der Diskussion auch der Kampf gegen die Klimakrise im Fokus, wie Merkel im Anschluss in einem Saal des Campo Santo Teutonico, des deutschen Friedhofs im Vatikan, sagte. Sie zeigte sich erfreut über das Engagement des Vatikans auf diesem Gebiet. Es sei für sie «sehr wichtig und ermutigend», dass dieses Thema auch «vom Heiligen Vater bearbeitet wird».

Papst Franziskus setzt sich seit Jahren für einen besseren Klimaschutz ein. Zuletzt hatte er mit knapp 40 anderen Kirchenführern einen gemeinsamen Appell an die Weltgemeinschaft vor dem Weltklimagipfel COP26 in Glasgow geschickt. Der gebürtige Argentinier und die Kanzlerin verstehen sich gut. Auf Bildern, die der Heilige Stuhl verbreitete, wirken die beiden gelöst und herzlich.

Auch bei Merkels zweiten Staatsbesuch im Palazzo Chigi des italienischen Ministerpräsidenten war die gegenseitige Wertschätzung der zwei Regierungschefs spürbar. Mario Draghi lobte die Kanzlerin für ihre Verdienste um die Europäische Union. Die deutsche Politikerin habe eine «ganz entscheidende Rolle gespielt bei der Ausgestaltung der Zukunft Europas in ihren 16 Jahren», sagte Draghi. Merkel habe in eineinhalb Jahrzehnten allen Krisen getrotzt und das «mit Ruhe, Entschlossenheit und einer europäischen Idee».

Merkel sei eine «Meisterin des Multilateralismus» und «ein Beispiel für viele Mädchen und junge Frauen, die in die Politik gehen wollen. Sie wird uns fehlen», sagte Draghi. Die Post-Merkel-Zeit wird nach ihrer eigenen Einschätzung schneller kommen als von vielen gedacht. Die Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen werden «diesmal sicherlich schneller gehen als bei der letzten Regierungsbildung», prognostizierte Merkel. Nach der Bundestagswahl 2017 hatte es mehr als fünf Monate gedauert, bis die neue Regierung feststand.

Obwohl die Bundeskanzlerin für den G20-Gipfel Ende Oktober mindestens noch einmal in offizieller Funktion nach Rom kommen wird, kündigte sie bereits an, auch als Privatperson zurückzukehren in die Ewige Stadt. «Meine Liebe zu Italien werde ich in ganz anderer Form noch leben können, wenn ich nicht mehr Bundeskanzlerin bin», sagte sie. Nur ein Tag Aufenthalt in Rom habe ihr gezeigt, dass man eigentlich mehr als ein Leben haben müsste, um die Stadt ganz zu erfassen.

Bildquelle:

  • Merkel: dpa

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