Das neue achte Gebot: Du sollst keine Fake News verbreiten

von PETER WINNEMÖLLER

Etwas zeitgeistig ausgedrückt gibt der Satz das achte Gebot wieder. Fake News sind demnach nichts weniger als Lügen. Wer also eine Falschmeldung wissentlich und mit Absicht in Kenntnis der Tatsache, daß das durch göttliches Gebot verboten ist, begeht unter Umständen eine schwere Sünde. Früher nannte man so etwas Todsünde, weil sie den ewigen Tod nach sich zieht, wenn man sie nicht vor dem zeitlichen Tod gebeichtet hat. Die Schwere der Sünde hängt auch mit der Schwere der Materie zusammen. Moraltheologie ist ein sehr kompliziertes Fach, daher sei hier etwas vereinfacht gesagt, je größer der Schaden, umso schlimmer die Sünde.

Es gibt keine Tabellen, an denen man ablesen kann, wie schlimm denn so eine Lüge – nichts anderes ist eine Fake News – denn nun ist. Im Zweifelsfalle gilt, wer nach bestem Wissen und Gewissen bei der Wahrheit bleibt, geht kein Risiko ein.

Das gilt für professionelle Journalisten ebenso wie für Teilnehmer an sozialen Netzwerken. Es gilt nicht für die, deren Job es ist, durch Verbreiten von Unwahrheiten manipulativ zu wirken. Die müssen ja von Berufs wegen lügen. Oder?

Seit Erfindung der modernen Demokratie gibt es Fake News, die den Wahlbürger dazu geneigt machen sollen, die eine oder andere Partei zu wählen. Man nennt es Wahlkampf. Doch darum geht es nicht. Im Wahlkampf glauben sowieso nur die ganz naiven den Parteien ihre Versprechen.

Es gibt allerdings einen Berufsstand, der der Wahrhaftigkeit in besonderer Weise verpflichtet wäre. Das sind die Journalisten. Hier ist es ein Kunstfehler oder auch handwerklicher Fehler, eine Unwahrheit zu verbreiten. Die Schnelligkeit des Internet und der daraus folgende Wettkampf, eine Nachricht zuerst online zu haben, bemißt nicht nur nach Zehntelsekunden, es verführt auch dazu, den ersten Halbsatz einer Nachricht schon als die ganze Nachricht anzusehen. Bestes Beispiel das vom BverfG abgeschmetterte NPD-Verbot. Es wurde zunächst von etlichen Portalen gemeldet, die NPD sei verboten worden. Der Fehler war ein Anfängerfehler. Man hatte nicht richtig hingehört und sofort geschrieben und sofort online geschaltet. Dann hatte einer vom anderen abgeschrieben und so war die Fake News in der Welt. Es waren nicht etwa Provinzportale oder Propagandaseiten, es waren einstmals renommierte Zeitungshäuser, die die Enten zu Wasser ließen. Es war ein krasser Fall, aber beileibe kein Einzelfall. Oft fällt es nicht auf so, weil unbedeutende Meldungen weniger Aufmerksamkeit nach sich ziehen und nicht selten unauffällig nachgebessert wird. Wer die Portale der großen Medienhäuser liest und pro Tag weniger als ein Dutzend Fehler findet, war nur nicht aufmerksam genug. Das ist keine Fake News, das ist ein trauriges Faktum.

Zugleich – und hier kommt der Witz an der Sache – ertönt gerade aus den Kreisen jener medialen Entenzüchter die laute Forderung, in den Sozialen Medien gegen Fake News vorzugehen. Da schreit der Bock nach dem Gärtner. Nur allzu willig springt die Regierung auf diesen Zug auf. Wann hätte man das erlebt, daß die Presse nach Zensur schreit?

Um den Irrsinn zu komplettieren, will eine Einrichtung, die in den Händen eines großes Zeitungsverlages ist, diese Zensur dann im Auftrag von Facebook übernehmen. Halten wir fest, eine Stiftung in den Händen einer ehemaligen Stasimitarbeiterin wacht über vermeintlichen oder echten rechten Hatespeech und eine Stiftung eines großen Zeitungsverlages wacht über die Wahrheit. Gedankenspiele gehen dahin, eine Behörde unter Kontrolle des Bundespresseamtes zu schaffen, die die Oberaufsicht über die Nachrichten erhalten soll. Wer da nicht sofort an eine Behörde für Agitation und Propaganda (Agitprop) denkt, befindet sich im politischen Tiefschlaf.

Es geht dabei unterm Strich gar nicht darum, die Verkündung der Wahrheit zu gewährleisten, es geht darum die Deutungshoheit über die Wirklichkeit zu behalten. Tatsächlich sind bewußt und manipulativ eingesetzte Fake News ein Problem, mit dem sich befassen muß. Das ist nicht erst seit gestern so. Linksradikale Flugblätter die von der SED – Diktatur finanziert waren, machten uns in den 70ern schon zu schaffen. Das waren auch Fake News.

In der Debatte um die Fake News geht es darum eine andere Deutung der Wirklichkeit zu verhindern. Da geben doch ausgerechnet die, die vorgeben, der Wahrheit zu dienen, eine falsches Zeugnis wider ihre Nächsten. Gegen Fake News helfen staatliche Maßnahmen nicht im geringsten. Gegen Fake News helfen nur Bildung und Erziehung. Bildung schützt davor allzu blind in den Ententeich zu watscheln und Erziehung vermittelt das Wissen darum, daß die Wahrheit anständig und die Unwahrheit unanständig ist.

Es ist ein Treppenwitz unserer Gegenwart, daß mit der Unwahrheit angeblich für die Wahrheit gestritten werden soll. Wer sich darüber allerdings wundert, hat Orwell nicht gelesen. Auch im Roman „1984“ arbeitet das Ministerium für Wahrheit mit Unwahrheit, um neue Wahrheiten zu schaffen. Man reibt sich verwundert die Augen über die Ähnlichkeiten. Wir leben bislang immer noch in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat, der die Meinungs- und Pressefreiheit sogar in seiner Verfassung garantiert. Meinungs- und Pressefreiheit sind ja nichts anderes, als die Freiheit die Wirklichkeit in meiner eigenen Weise deuten zu dürfen. Wer das unter eine Alumütze tun will, soll das tun dürfen, auch wenn es weh tut.

Der Kampf gegen Fake News ist ein Kampf nicht für die Wahrheit sondern gegen die Möglichkeit die Wirklichkeit in meiner Weise zu deuten. Wer das propagiert, unterminiert die Meinungsfreiheit und bereitet die Gesellschaft womöglich wirklich auf eine totalitäre Meinungsdiktatur vor.

So lange man diesen Satz noch schreiben darf, ist die Gefahr noch nicht akut!

Virulent vorhanden ist sie.

Halten wir – ganz gleich ob Politiker, Journalist oder Nutzer der sozialen Medien – uns also im Kampf gegen Fake News doch besser an das achte Gebot, als an die säkularen Verheißungen linker Bessermenschen. Die Wahrheit wird uns frei machen. Dieser Satz gilt noch immer. Die Lüge macht unfrei, mithin auch der derzeitige verlogene Kampf um die Lufthoheit über die veröffentlichte Meinung. Die Freiheit, auch die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein viel zu hohes Gut, als daß man es opfern sollte, um ein paar manipulative Fake News zu eliminieren.

Streiten wir doch lieber dafür, daß nach bestem Wissen die Wahrheit gesucht wird. Von jedem!

Bildquelle:

  • Ente: pixabay

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