Deutsche Despotie light: Niemand zwingt Sie, nur dann können Sie leider nicht mehr…

Hier kann jeder machen, was er will. Im Rahmen der staatlichen Regeln, versteht sich.

von THILO SCHNEIDER

BERLIN – Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Despotie“ hören? Möglicherweise denken Sie ja an Nordkorea oder Russland, wo der Wille eines Einzelnen oder einer Minderheit der Mehrheit aufgezwungen wird und Abweichler bestraft und Günstlinge belohnt werden. Wir im Westen haben es gut, wir in #Scholzland noch besser. Bei uns gibt es keinen Gewaltherrscher. Wir haben Demokratie. Freie Meinungsäußerung. Keine Polizeigewalt. Ich muss also nicht fürchten, für diesen Artikel ins Gefängnis oder Umerziehungslager zu kommen.

Wenigstens noch nicht.

Tatsächlich, so glaube ich, haben wir hier in #Scholzland eine sehr nette Despotie. Keine so ordinär offensichtliche Despotie wie in Weißrussland oder „Belorus“, wie es seit Neuestem heißt, keine so klebrig-religiös-nationalberstende Despotie wie in der Türkei oder kein knallhartes Staatsgefängnis wie in Nordkorea. Nein, bei uns kommt das Ganze softer, smoother, mit schelmischem Lächeln und in Nebel verhüllt daher. Nicht mit dem großen Dampfhammer, sondern mit kleinen, einzelnen, für sich selbst eher unbedeutenden Unterdrückungsmaßnahmen, die in der Summe zu Unfreiheit führen. Was meine ich damit?

Nehmen wir Masken- und Impflicht

Allein und isoliert betrachtet, kein großes Ding. Ziehen Sie den Lappen auf und lassen Sie sich in Risikoberufen impfen. Sie müssen das nicht tun, dann können Sie eben nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben, öffentliche Verkehrsmittel fallen für Sie aus und Sie dürfen nicht mehr als X plus Y – Leute einladen. Es ist Ihre freie Entscheidung. So einfach.

Sie können natürlich dagegen demonstrieren, das ist ein Grundrecht, aber Sie haben sich hierbei an die Weisungen von Behörden und Polizei zu halten. Beispielsweise mit Abstand und Maskenpflicht. Sie müssen das natürlich nicht tun, nur dürfen Sie sich eben nicht wundern, wenn die Polizisten ungemütlich werden und Sie mittels Tränengas und Wasserwerfern von den Beinen holen. Und Sie müssen sich auch nicht über die Resonanz in den öffentlich-rechtlichen Medien wundern, wenn die Sie als „rechtsextrem“ bezeichnen, weil bei Ihrer Demo auch Klaus Kaltenbrunner aus dem Dritten Reich mitgelaufen ist. Sie haben sich das selbst ausgesucht, das war Ihre freie Entscheidung.

Da sind Sie ja selbst schuld

Vielleicht entlässt Sie Ihr Arbeitgeber deswegen, weil er um seinen Firmenruf fürchtet, aber bitte, das sind nur die Konsequenzen aus Ihrer Handlung. Vielleicht sind Sie aber auch freischaffender Künstler, dann wird die nächste Vernissage eben abgesagt oder der Verlag zieht Ihren Buchverkauf zurück oder die Medien streichen Sie von den Bestsellerlisten. Sie werden von Veranstaltungen ausgeladen und gesellschaftlich geächtet – aber Ihre Meinung durften Sie immerhin sagen, ohne ins Gefängnis zu kommen, oder?

Sie schreiben wilde Dinge ins Internet wie „Es gibt nur zwei Geschlechter, Mann und Frau“ und das dürfen Sie auch. Einmal. Wenn sich die, die sich für irgendwas dazwischen, auf jeden Fall aber für etwas Besseres halten, allerdings dann beschweren und Sie gesperrt werden oder Ihr Account aufgelöst wird, tja, dann ist das eben so. Sie müssen schon auf Ihre Wortwahl achten und dürfen keine vulnerablen Gruppen verletzen.

Sie wissen nicht, was eine „vulnerable Gruppe“ ist? Faustregel: Alle, denen Sie widersprechen. Ansonsten haben Sie eben Pech gehabt und die Profis bei Facebook und Twitter gehen an Ihre Wohnadresse und Ihren Arbeitgeber, weil Sie dumm genug waren, mit Ihrem echten Namen hinter Ihrer Meinung zu stehen. Despotie? Aber nein – nur die Folgen Ihres Fehlverhaltens. Sie dürfen ja Ihre Meinung sagen – nur eben nicht so! Nicht hier.

Außerdem war es nicht klug, einen Politiker als „Pimmel“ zu verunglimpfen. So etwas tut man einfach nicht. Auch ein Politiker ist schließlich so etwas wie ein Mensch. Und er sitzt am längeren Hebel – und zwar an dem, der die Polizei bedient. Kein Wunder, dass die morgens um Fünf bei Ihnen aufkreuzen, Rechner und Telefon beschlagnahmen und Ihnen die Bude auf linksextrem drehen. Despotie? Nein. Nur Politikernotwehr. Man muss sich nicht alles gefallen lassen!

Gendern Sie doch ein bisschen, tut doch nicht weh!

Sie gendern auch nicht so gerne? Tja, wer tut das schon gerne? Nichtsdestotrotz wäre es besser, Sie gendern in Ihrer Haus-, Examens-, oder Abschlussarbeit. Ist ja auch kein großes Ding und dann macht man das eben. Sie können sich dem natürlich verschließen und gegen einen allgemeinen Konsens verstoßen, bitte, das steht Ihnen frei, dann gibt es eben Punktabzug. Hätten Sie sich an die Regeln gehalten, wäre alles gut gewesen. Also, fast alles: Vielleicht hätten Sie sich in Ihrem Aufsatz nicht FÜR Atomkraft aussprechen sollen, das war jetzt auch nicht sonderlich clever, auch, wenn es Ihre persönliche Meinung ist – aber gut: Your Aufsatz, your choice. Nur eben dann nicht über eine schlechtere Note beschweren! Despotie? Natürlich nicht. „Verstoß gegen gesellschaftlichen Konsens“ vielleicht, aber keine Despotie.

Sie wollen Ihren Verbrenner, schlimmstenfalls noch ein SUV, behalten? Ihre Entscheidung. Dürfen Sie. Ist zwar unklug, unsolidarisch, egoistisch, umweltfeindlich, menschenfeindlich, aber Sie dürfen ihn behalten. Zumindest, bis ein aufrechter Bürger ihn aus berechtigtem Zorn beschädigt oder gleich ganz anzündet. Das ist ganz allein Ihre Entscheidung. Da redet Ihnen niemand rein. Offiziell. Sie haben die Wahl, das Beharren oder der Wandel zu sein. Sie müssen eben mit den Konsequenzen leben.

Es ist auch vollkommen okay, wenn Sie das „Regenbogenpride“-Gehype und Gehüpfe als „bigott“ und aufdringlich ablehnen. Das dürfen Sie auch offen sagen – nur wundern Sie sich dann nicht, wenn sämtliche Medien und Redakteure über Sie herfallen. Sie haben sich das verdient. Actio – Reactio. Sie sind jetzt nämlich ein dummer, transphober Rechtsextremer und, seien wir ehrlich, mit so einem wie Ihnen würden selbst Sie sich nicht unterhalten. Aber Sie dürfen so etwas sagen und kommen nicht in den Knast. Vielleicht um Ihre Arbeitsstelle, weil: Welcher Arbeitgeber will schon einen dummen, transphoben, hasserfüllten Rechtsextremen im Betrieb? Sehen Sie? Also!

Sie dürfen sogar der Meinung sein, es gäbe viel zu viele Leute aus viel zu wenig Ländern in #Scholzland, die viel zu viel Leistung für viel zu wenig Gegenleistung bekommen und ihren Argumenten mit Klingenwaffen Nachdruck verleihen oder hier ihr eigenes Ding und unangemeldetes Nebengewerbe aufziehen. Doch, dieser Meinung dürfen Sie sein. Sie dürfen sogar der Meinung sein, dass Behörden und Polizei dabei ganz gezielt wegsehen! Sie sind nur dann eben ein dreckiger Rassist, ein Rechtsextremer, ein ewig Gestriger und der eigentliche Abschaum der #scholzländischen Gesellschaft. Ja, dafür können Sie auch in den Knast kommen. Zu Recht. Wenn Sie es dumm anstellen. Oder Ihr Haus und Ihr Auto werden „verschönert“. Aber Despotie? Das ist dann doch noch eine ganz andere Hausnummer! Irgendwie.

Haben Sie vielleicht etwas zu verbergen?

Wenn es Ihnen nicht passt, wie frei und ungezwungen es hier ist – dann können Sie #Scholzland durch Wahlen ja ändern. Wenn sie denn stattfinden und Sie den richtigen Stimmzettel bekommen. Oder korrekt ausgezählt wird. Ansonsten: Gehen Sie doch nach Drüben. Nach Ungarn oder Polen oder Spanien. Gut, das machen viele ja schon. Solange sie noch dürfen. Aber Despotie? Man liest nächstens Ihre WhatsApp und Ihre E-Mails mit, ja, aber das geschieht aus Kinderschutzgründen. Da können Sie jetzt wirklich nichts dagegen haben. Oder haben Sie etwas zu verbergen? So ein kleines, schmutziges Geheimnis vielleicht? Am Ende beschimpfen Sie sogar Politiker:Innen in Chatgruppen? Übrigens geht es hierbei um die gleichen Kinder, denen nächstens die korrekte Art der Masturbation im Kindergarten beigebracht wird. Aber deswegen gleich „Despotie“ brüllen? Nein.

Die DDR war eine Despotie, Jaruzelskis Polen war eine Despotie. Aber in #Scholzland? Nie. Niemals. Keine Despotie. Dochdoch. Sie dürfen Ihre Meinung äußern. Am besten dann, wenn Ihre Meinung mit der der Regierung und der Medien übereinstimmt. Dann sind Sie auf der sicheren Seite und bei den Demokraten dabei.

(Weitere demokratische Artikel des Autors unter www.politticker.de)  

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

 

 

 

Bildquelle:

  • Polizei_2: pixabay

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