Die CDU folgt dem Weg der Democrazia Cristiana (DC) – sie wird einfach überflüssig

ARCHIV - Das CDU Logo an der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer Haus in Berlin. Foto: Michael Kappeler/dpa
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von MARTIN D. WIND

BERLIN – Die Unionsparteien haben bei der Bundestagswahl ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren. Heute, am 24. Oktober, klettern die beiden „christlichen“ Parteien CDU und CSU mit Ach und Krach gerade noch auf rund 20 Prozent bei der Sonntagsfrage. Was sind die Gründe für den Verfall? Was hat die Union so zerlegt und zerstört, dass die einst staatstragende politische Kraft so saft- und kraftlos durch die Kulissen wankt? Hätte man das Desaster vermeiden können? Hätte man den Niedergang aufhalten, ja in ein Wiedererstarken umkehren können?

Betrachtet man das Schicksal der italienischen Schwester von CDU/CSU, der Democrazia Cristiana (DC), kann man zu diesem Urteil kommen. Und man fragt sich, was die Gründe waren, dass man das Schicksal der CD nicht wahrnehmen wollte. Die DC war ebenso eine christdemokratische Partei, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nach dem Zusammenbruch des Faschismus und des Nationalsozialismus, einen konservativ-christlich fundierten Neuanfang garantieren sollte und auch hat.

48 (achtundvierzig!) Jahre lang stellte die DC in Italien zwischen 1945 und 1993 beinahe alle Ministerpräsidenten (Regierungschefs) der je machthabenden Parteienkonstellation. Wie bei allen Parteineugründungen war man innerhalb der DC erst mal „zerstritten“ ob des einzuschlagenden Weges. Bei der DC verlief der Streit zwischen Republikanern und Monarchisten. Allerdings gab es „übergeordnete“ Interessen, die die Ausrichtung der Partei mehr oder minder dezent lenkten: Widerstand gegen den Neofaschismus der Kommunisten bzw. Sozialisten zwangen zur klaren Kontur.

In Deutschland etablierte sich der Neofaschismus außerhalb der Staatsgrenzen hinter dem Eisernen Vorhang und wird heute schönfärberisch als „real existierender Sozialismus“ bezeichnet, bzw. als „nicht richtig gelebter Sozialismus“ deklariert. Diese gesellschaftliche Situation mit den klaren Fronten innerhalb Italiens, forcierte eine starke programmatische Profilierung.

Leider schien die Machtposition der DC auf charakterschwache Mitglieder eine nahezu erotische Anziehung zu haben. Viele nutzten das Potential der politischen Macht, in deren Schatten man im Halbdunkel halbseidene Geschäfte abwickelte. Wir müssen nur in die jüngere Vergangenheit schauen, um uns auch in Deutschland die Spitze einiger bekanntgewordenen Korruptions-Eisberge anzusehen: Maskenbeschaffung, die Immigrantenheimskandale, Aserbaidschan-Connections und dann natürlich die Berater der Ursula von der Leyen, die Unternehmen zur „Beratung“ der Bundeswehr engagierte, zu deren Personal der eigene Sohn gehört. Derartige Vorteilsnahmen werden von Wählern heute nicht mehr ertragen.

In Italien konnte der korrupte Sumpf der schwarzen Kassen, der Günstlingswirtschaft und der politischen Manipulationen zugunsten bestimmter Partikularinteressen ausgemistet und großenteils trockengelegt werden. Er konnte aber nur erfolgreich durchleuchtet und aufgeklärt werden, weil in Italien die Staatsanwaltschaft nicht politisch weisungsgebunden ist. Sie können frei von Interessen in der Politik ermitteln. Das sollte eine Staatsanwaltschaft in Deutschland versuchen, wenn der amtierende Dienstherr nicht gerade Interesse daran hat.

Bezeichnend war zum Beispiel, dass in Berlin eine Staatsanwältin mit SPD-Parteibuch, Verfahren gegen den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU einleitete, wenn Neuwahlen anstanden. Irgendwann wurde das den Gerichten zuviel und selbst der SPD zu peinlich. Es hat 13 Jahre gedauert, bis der Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky von allen Vorwürfen letztinstanzlich freigesprochen wurde.

So wie in Italien schmutzige Geschäfte eine einstmals honorige Partei zugrunde richteten, kam es auch in Deutschland. Und so wie hier „starke Menschen“ in der Führung ihre Protegés vor Strafverfolgung schützen, so haben auch in Italien die Postenbesatzer alle Versuche der Basis abgewehrt, sie aus Amt und Würden zu vertreiben, um wieder Politik im Sinne der Bevölkerung zu machen. Die CD war über die Jahre durch ihre permanente Anpassung an den Machterhalt mit allen jeweils zur Verfügung stehenden Mehrheitsbeschaffern, zur Hure der Macht verkommen: Nicht mehr die politische Programmatik stand im Vordergrund, sondern nur der schiere Machtopportunismus. In Italien war die CD aller Fundamente und tragenden Säulen, der identitätsstiftenden Grundlagen entledigt.

Wer hier die Parallelen zu einer von Angela Merkel missbrauchten Union nicht erkennt, muss schon hartleibig sein. Merkel hat alles verraten und verkauft, was die Union ausmachte. Und sie hat mit der Inthronisation Laschets als Kanzlerkandidaten dafür gesorgt, dass sich an der Nachfolgepolitik ohne kompletten Umsturz nichts ändern wird. Die Union hat jetzt noch die Wahl zwischen Untergang wie die DC oder aber Neuanfang mit einer Rückbesinnung auf bürgerliche, konservative und christliche Grundlagen in der Politik. Alles andere bieten die linken und grünen Parteien im Original und damit besser als die Union. Ein „weiter so“ macht die Union überflüssig.

Bildquelle:

  • Debatte um die künftige Aufstellung der CDU: dpa
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