Ein anderer Blick auf Genf: Ja, sie reden, aber sonst?

Das Treffen von US-Präsident Joe Biden (l) und Russlands Präsident Wladimir Putin fand in der abgeschirmten Villa La Grange am Genfersee statt. Foto: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

von DIETRICH KANTEL

GENF – Putin: ein „seelenloser Killer“ – formulierte US-Präsident Biden zwar nicht persönlich so. Er antwortete auf eine entsprechende Fragestellung in einem Interview jedoch mit „Ja“. Und jetzt hatten beide sich auf eine Männerrunde in Genf („Stadt des Friedens“) verabredet. Zum Zeitpunkt eines historisch tiefen Standes der Beziehungen. Biden war der Initiator, Putin der Akzeptierende. Der wiederum hatte bei anderer Gelegenheit erklärt, Biden möge besser um seine Gesundheit besorgt sein. What ever that means – in Zeiten, in denen russische Geheimdienste mehr oder weniger öffentlich, mehr oder weniger erkennbar im Ausland wieder Killer in Aktion senden gegen unliebsame Zeitgenossen. Zuletzt in Berlin-Tiergarten, also auch in Deutschland. Haben manche schon vergessen.

Die Sache mit verbalen Angriffen auf russische (sowjetische) Staatsführer ist nicht neu, hat quasi Tradition. Winston Churchill, der britische Kriegspremier, Literaturnobelpreisträger und Retter Britanniens bemerkte in Bezug auf Stalin-Russland und das besiegte Nazi-Deutschland unmittelbar nach Kriegsende schon: „Wir haben wohl das falsche Schwein geschlachtet“.
Dann kam Ronald Reagan, US-Präsident 40. Präsident der USA. Der titulierte die Sowjetunion des Newcomers und vermeintlichen Reformators Gorbatschow als „Reich des Bösen“ („Evil Empire“).
Dann kam auch noch Helmut Kohl. Der machte den Göbbels-Vergleich: „Er (Gorbatschow) ist ein kommunistischer Führer, der sich auf Public Relations versteht. Goebbels… war auch so ein Experte in Public Relations.“

Wie man weiß, hat man sich trotzdem zusammen gefunden. Nämlich immer dann, wenn dem tönernen Koloss UdSSR/Russland in Person des jeweiligen Autokraten einfach mal die Grenzen aufgezeigt, mal richtig die Meinung gegeigt wurde. Macho-Autokrat versteht wohl nur diese Sprache. Auch wenn er sich bildlich brüstet mit „Halbnackt auf gedehmütigtem Pferderücken“.

Die Schweiz wäscht weisser

Und es kam auch immer Genf. Stadt des verblichenen, versagten und untergegangenen Völkerbunds, heute „Vorläufer der Vereinten Nationen“ genannt. Was so nicht stimmt. Aber das ist ein anderes Kapitel. Im Quasi-Nachfolger UNO ist Deutschland (mit Japan) immer noch „Feindstaat“. Und keine deutsche Regierung war in der Lage, das knapp 80 Jahre nach Ende Nazi-Deutschlands zu ändern. Selbst Frau Merkel, die angeblich mächtigste Frau des Erdkreises, mit Deutschland, dem dritt größten Beitragszahler der UNO, vermochte das nicht zu ändern. War ihr vermutlich nicht so wichtig, der mächtigsten Frau im Erdkreis.

Die kleine Schweiz, berühmt für Käse, Uhren, Steuervermeidung und Geldwäsche ist ja immer gerne auch bereit, unter Gestrandeten zu vermitteln. Voraussetzung: Viel Kohle. Oder viel Ansehen. Oder viel Bedeutung. Oder sonst viel. Wie sagte schon der unvergessene schweizer Kabarratist Emil Steinberger: „Die Schweiz wäscht weißer.“

So sind sie jetzt trotz aller wechselseitigen Beschimpfungen wieder zusammen gekommen. Die demokratischen und die autokratischen Beschimpfer. Sie wollen vom „Geist von Genf“ profitieren. Der Bundespräsident des gastgebenden Geldwäschestaates Nummer 1 in the world sprach es an. Damit es wieder harmonisch werden solle Und so weiter. Was soll er auch als oberster Notar einer Fuzzination mit irgendwas um die neun Millionen Einwohner sagen. Außer dass er die Größten der Größten natürlich gerne empfängt. Damit die die korrupte Schweiz weiter des Blutgoldes und der Drogengeschäfte laufen. Und die Geschäfte von allen Potentaten aus Afrika, die die Entwicklungshilfe in ihre Taschen lenken. Und ganz früher schon: die Nazi-Gelder. Alles schön anonym. Die Schweiz wäscht weißer.

Und jetzt Biden und Putin in Genf. Beleidigung hin, Beleidigung her. Kapiert der KGB-trainierte Putin vielleicht, dass Präsident Biden wohlmöglich ein viel größeres Schwergewicht ist, als der Lautsprecher Trump? Wohl gut, dass sie reden. Hey, und alle Achtung für beide, dass sie es angenommen haben. Das lässt hoffen.

Niemand von uns weiß aktuell wirklich, was bei der Sache rumgekommen ist. Außer,dass sie ihre abgezogenen Botschafter wieder wechselseitig etablieren. Lustig auch: Gegen wechselseitige Interventionen in die Wahlabläufe wolle man sich verständigen. Naja, man muss ja wechselseitig geben und nehmen.

Die chinesische Weltbedrohung, das ganz große Thema von Biden, ist eine Sache. Sie ist aber da. Dagegen anzustinken ist Deutschland zu klein. Und die deutsche Bundeskanzlerin nicht stark genug. Der deutsche Außenminister ist auch da, wie gewohnt, unergiebig.

Zum anderen existentiellen Thema haben sich Biden und auch nicht die Bundeskanzlerin und auch nicht die aktuelle schwache Verteidigungsministerin sonderlich engagiert „Was ist mit den neuen Mittelstreckenwaffen, die Russland auf Reichweite nach Deutschland/Mitteleuropa gerichtet hat und die die bisherigen Abrüstungsungsabkommen umgehen? Außenminister Maas ist halt nicht Bundeskanzler Schmidt. Und Bundeskanzlerin Merkel hat auch kein Schmidt´sches Format: Die Bedrohung durch die sowjetischen SS-20 Mittelstreckenraketen damals hatte der Sozialdemokrat Schmidt thematisiert und bei allen Verbündeten zur Überlebensfrage gemacht. Und alle waren ihm gefolgt. Und der Westen bewies, wie stark er sein kann, wenn er zusammenhält.

Die Bundesrepublik Deutschland leistet sich heute eine Regierung, die unsere nationalen Interessen nicht wahrnimmt. Es könnte am minder qualifizierten Personal ganz oben liegen. Manche davon werden im September wohl abtreten. Müssen. Hoffentlich.

Bildquelle:

  • Biden und Putin: dpa

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