von KLAUS KELLE
WASHINGTON DC/MOSKAU – Noch ist nicht geklärt, ob es Historikern einmal gelingen wird, herauszufinden, wie alles begonnen hat. Oder andersherum: Ob die Entwicklungen, die unsere heutigen westlichen Gesellschaften bedrohen, wirklich bewusst beim Zusammenbruch der Sowjetunion von der kommunistischen Nomenklatura erdacht und auf den Weg gebracht wurden.
Autoren wie Torsten Mann vertreten nach umfangreichen Recherchen diese These, die er vor zehn Jahren in seinem Buch „Weltoktober“ vorgestellt hat. Während der Amtszeit von Generalsekretär Michail Gorbatschow habe die KPdSU mit der »Perestroika« einen Prozess eingeleitet, der zwar völlig unerwartet zum Zerfall der Sowjetunion und zum Verschwinden des Warschauer Pakts und zur deutschen Wiedervereinigung führte, der aber keineswegs eine Laune der Geschichte, sondern ein perfider Plan gewesen ist.
Und Mann stellt Fragen, die eigentlich niemand bisher gestellt hat: Wurde der spektakuläre Fall der Berliner Mauer in Moskau geplant und inszeniert? War die Umgestaltung der EWG zu einer EU, die sich immer weiter nach Osten ausweitet und dabei sozialistische Züge annimmt, ein Zufall? Erleben wir alle das Aufgehen einer Saat, die in den 60er Jahren gelegt wurde, und die das Ende der USA als Weltmacht und das Ende des Kapitalismus einläutet?
Es gibt viel Mosaiksteine, die diesen Schluss nahezulegen scheinen
Mehr als 31.000 Unternehmen in Staaten der Europäischen Union haben russische Beteiligungen. Die Agentengeschichten Karl-Erivan Haub (Tengelmann) und Jan Marsalek (Wirecard) zeigen auf erschütternde Weise, wie tief russische Geheimdienste inzwischen in westliche, auch deutsche Wirtschaftsstrukturen eingedrungen sind. In einem Gespräch mit einem Geheimdienstmitarbeiter vor einigen Wochen in Berlin legte er mir die Hypothese vor, dass die Wirecard-Bank, die es bis in den DAX geschafft hatte, von vornherein eine russische Operation zur Unterminierung des deutschen und internationalen Bankensektors gewesen sein könne. Wenn man sich den weiteren Lebensweg von Jan Marsalek nach dem Zusammenbruch von Wirecard anschaut, scheint dieses Hypothese weit mehr als eine Hypothese zu sein.
Doch nun kommen weitere Details zu Tage, die das Ausmaß der russischen Langzeitstrategie belegen können. In einer ZDF-Dokumentation mit dem Titel „Putins Helfer“ legt der US-Korrespondent Johannes Hano beunruhigende Zusammenhänge des heutigen US-Präsidenten Donald Trumps, aber auch der der Tech-Milliardäre Elon Musk und Peter Thiel und deren Verbindungen mit Russland offen.
Bereits in den 80er Jahren habe der sowjetische Geheimdienst KGB aktiv daran gearbeitet, tief in die Kreise amerikanischer Eliten einzudringen, nach reichen und mächtigen nützlichen Idioten gesucht. Die leicht zu knacken wären, wenn man mit ihrer Eitelkeit spielt, sich ihre Gier, ihre Korruption als Mittel zum Zweck zunutze macht. Besonders reiche und einflussreiche Männer, die zum Beispiel regelmäßig ihre Frauen betrügen, wurden als charakterschwach und leichtes Ziel gern genommen für einen Anwerbungsversuch.
Wenig überraschend, dass in der spannenden ZDF-Doku Donald Trump und seinen Finanzgeschäfte breiten Raum einnehmen. So habe man ihm, um einen Zugang zu dem Immobilien-Tycoon zu bekommen, schon zu Zeiten der Sowjetunion angeboten, einen luxuriösen „Trump-Tower“ direkt am Roten Platz in Moskau zu errichten, was damals schon völliger Nonsens war, von Trump aber anscheinend für bare Münze genommen wurde.
David Frum, früherer Redenschreiber von George W. Bush, warf in der Dokumentation die Frage auf: „Warum gibt es diese besondere Beziehung zwischen Trump und Putin?“ Seine Antwort: „Korruption, Ideologie und Eitelkeit.“ Trump mache seit Jahrzehnten „Geschäfte mit russischen Gangstern und Oligarchen“. Als der Immobilienhai mal wieder kurz vor der Pleite stand und einen Kredit nicht zurückzahlen konnte, habe ihm ein Putin-naher russischer Oligarch ein Grundstück für 95 Millionen Dollar abgekauft. Ein Grundstück, das Trump vier Jahre zuvor für nur 41 Millionen erworben hatte.
Und so geht es weiter
Trump und sein bis vor wenigen Tagen noch bester Buddy Elon Musk seien heute dabei „den amerikanischen Staat zu zerschlagen“. Und der Rechtsanwalt Scott Horton wird zitiert: „All diese Personen haben äußerst beunruhigende Beziehungen zu Russland.“
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- Trump-Tower, Las Vegas: depositphotos / jovannig