Grünes Diktat „Steuern zahlen, Klappe halten!“ – Deutscher Mittelstand plant seine Zukunft woanders

von GUIDO VON BIELENBERG

BERLIN – Viele in Deutschland lebende Angehörige des sogenannten Mittelstands, also in der Regel Selbständige, Freiberufler, Familienunternehmer, in jedem Falle eher bürgerliche Steuerzahler, schauen mit einer Mischung aus Skepsis und lakonischer Ergebenheit auf die Entscheidungen, welche die Regierungen in Bund und Ländern im Zuge der Pandemie für Sie bereithalten. Wer sich derzeit – aus welchem Grund auch immer – für längere Zeit im Ausland aufhielt und danach nach Deutschland zurückkehrt, erschrickt. Der bundesrepublikanische Alltag, der sich Außenstehenden mit Insiderkenntnissen hier derzeit bietet, stimmt viele hoffnungslos.

Gerade Normalbürger, die für nationalsozialistisches oder sonstigen extremistischen Gedankenguts nicht anfällig sind, entwickeln zunehmend Angst ob der um sich greifenden Stimmung. Sie ist aggressiv, fast überall, zum Beispiel im Straßenverkehr oder in den noch geöffneten Geschäften wie Drogerien („Maske auf!“, „Nicht ohne Einkaufskorb!!“). Vielfach ist vom demnächst zu erwartenden, aber nicht näher definierten „großen Knall“ die Rede. Kaum einer kann die aktuell geltenden Bestimmungen wie Ausgangssperre, Maskenpflicht (wann, wo?), Öffnung oder Schließung von Schulen oder Restaurants mit Außengastronomie und dergleichen mehr in seiner vollen Tiefe begreifen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Mehrzahl der steuerzahlenden Bürger nicht zu umwälzenden Maßnahmen neigt. Wer einen festen Job hat und den behalten will, der überlegt sich eben zweimal, ob er oder sie demonstrieren geht. Doch kaum jemanden lassen Ereignisse kalt, wie der Hilferuf einiger Künstlerinnen und Künstler am vergangenen Wochenende und vor allem die unverzüglich folgende knallharte Reaktion der selbsternannten „gesunden Volksseele“, die sich schützend vor das Merkel-Regime stellt und darauf achtet, dass Schädlinge isoliert werden. Selbst wenn namhafte und ganz sicher nicht rechte Journalisten wie Stefan Aust in ihrer sonntäglichen Analyse feststellen, wie sehr sich doch die Geschehnisse im Corona-geplagten Deutschland 2021 mit denen in der ausgehenden DDR der Achtzigerjahre gleichen, so führt das nicht zu Aufruhr oder Spontankundgebungen. Diejenigen, die dennoch demonstrieren, sind häufig nicht diejenigen, mit denen man in einem Atemzug genannt werden möchte. Dabei spielt das durch die öffentlich-rechtlichen und den meisten anderen Medien vermittelte Bild solcher Demonstrationen, das in den seltensten Fällen der Realität zu entsprechen scheint, natürlich eine Rolle. Das sogenannte Framing ist klar: wer gegen Coronamaßnahmen demonstriert, steht außerhalb der Gesellschaft. Und niemand möchte außerhalb der Gesellschaft stehen. Diese ist in Deutschland aber fest im Griff derjenigen, die glasklar diktieren, was richtig und falsch, was gut und böse ist. Die unantastbare Hüterin dieses Wertekanons heißt Angela Merkel.

In einstmals pulsierenden Industrie- und Dienstleistungsmetropolen wie Hamburg prägen grüne Hipster das Stadtbild. Sie fahren stolz ihre mit Steuergeldern subventionierten Lastanhänger an E-Fahrrädern auf frisch erbauten Fahrradautobahnen durch ihre hippen Stadtteile wie Eppendorf oder Eimsbüttel spazieren. Klima first, Wertschöpfung keine. Der Handwerker oder Freiberufler, der mit seinen Steuergeldern diese durch den rot-grünen Senat ideologisch aufgeladenen Subventionsmaßnahmen zu finanzieren hat, bleibt in der gesellschaftlichen und politischen Debatte außen vor. Steuern zahlen, Klappe halten, wird deutlich beschieden. Eine eigenartige Stimmung macht sich breit. So ähnlich kann es gewesen sein, als sich in den 30er Jahren ordensdekorierte jüdische Deutsche, die im ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft hatten, sorgenvoll gegenseitig angeschaut haben um sich Mut zuzusprechen: so schlimm wird es doch nicht werden. Gerade uns wird schon nichts passieren.

Aber eben jene steuerzahlenden Mittelständler suchen mit zunehmender Ernsthaftigkeit nach Alternativen. Vielfach macht sich Unmut breit und die Hoffnung, dass es im eigenen Land wieder besser werden kann, schwindet zusehends. Dabei tut die Aussicht auf eine ab September bevorstehende Regierungskonstellation auf Bundesebene entweder zwischen Grün, Rot und Rot oder aber eine Koalition zwischen einer schwarz-grünen CDU und den links-grünen Grünen ihr übriges, um Hoffnungslosigkeit zu verbreiten. Auch die FDP bietet hier leider keine Alternative, da auch in dieser Partei geschätzte 60 Prozent der Mitglieder eigentlich Sozialdemokraten oder Grüne sind, wie man am Umgang mit deren Parteifreund und Unternehmer Thomas L. Kemmerich aus Thüringen gemerkt hat.

Was also tun? Leider haben linke Ideologen in den vergangenen Jahrzehnten auch an Schulen und Universitäten das, was wir einst als Bildungsbürgertum kannten, systematisch zerstört und durch linke Ideologien ersetzt. Daher ist es zum Beispiel mit einem globalen Wirtschaftsansatz aus deutscher Perspektive nicht mehr sehr weit her. Großunternehmen haben sich dem grünen Diktat längst unterworfen und Zinsstrafen für nichtgrüne Finanzierungsprojekte und dergleichen ohne zu murren akzeptiert. Der Kapitalismus gilt inzwischen in den intellektuellen Zirkeln in Deutschland allgemein als zu überwinden Wirtschaftsform und unternehmerisches Handeln als verachtenswerter Neoliberalismus. „Steuervermeidung = Steuerflucht = Kriminalität“ lautet die Formel.

Steuerverschwendung hingegen wie die Errichtung von Fahrradabstützbügeln an Ampeln, um nicht den Fuß auf den Boden stellen zu müssen, ist notwendiger gesellschaftlicher und umweltpolitischer Umbau. Die in Deutschland mancherorts ohnehin schon schwache Schulbildung führt unter anderem zu fehlenden Sprachkenntnissen. Damit werden Deutsche als Einwanderer für viele Staaten der Erde wie zum Beispiel die Schweiz oder die USA zunehmend uninteressant. Dabei kann man in diesen Zeiten nur dringend raten, seinen Kindern selbst hinreichend Fremdsprachenkenntnisse mitzugeben, um für den mutmaßlichen Fall der Fälle und einem Plan B andernorts gerüstet zu sein.

Dabei kann sich im grundsätzlich gutgläubigen und wohlmeinenden Deutschland kaum jemand vorstellen, dass der Wohlstand des Landes endlich ist. Dennoch liegen im Bundesfinanzministerium bereits perfideste Pläne zur Einführung einer radikalen Vermögenssteuer durch die Hintertür längst in der Schublade. Wer sich zum Beispiel vor zehn Jahren für 200.000 Euro ein Eigenheim geleistet hat, das aufgrund der allgemeinen Immobilienentwicklung jetzt 300.000 Euro wert ist, wird nach der Bundestagswahl auf den Vermögenszuwachs in Höhe von 100.000 € mit 25 Prozent besteuert werden. Wer von diesen Plänen erstmals hört, reagiert mit weit aufgerissenen Augen und ungläubigem Staunen. Selbstverständlich wird in Berlin noch abgewiegelt, dabei gelten unter Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern solche Pläne längst als ausgemachte Sache. Wer es sich also leisten kann, schickt seine Kinder auf eine Privatschule und lässt sie Englisch und/oder Französisch lernen. Wo sich das scheue Geld noch gewisse Inseln bürgerlicher Kultur und familiärer Sicherheit erschaffen konnte, wird in der Regel Französisch gesprochen: Schweiz, Luxemburg, Monaco, Quebec. Aber auch mit Englisch kommt man weiter als mit Deutsch.

In mittelständischen Kreisen Münchens, Düsseldorfs und Stuttgarts wird bereits die E-Mail-Adresse deutschsprachiger, ausländischer Steuerberater wie verbotene Ware herumgereicht. Können diese doch dabei helfen, in Ländern wie Belgien, Luxemburg oder den USA mit Firmengründungen oder Immobilienerwerb bürgerliches Leben für bürgerliche deutsche Familien zu sichern. Denn selbst in einem Hochsteuerland wie Belgien hat die Freiheit noch immer einen höheren Stellenwert als staatlich verordneter Konformismus. Im staatsgläubigen Deutschland hingegen sind Kapitalismuskritik gleichbedeutend mit Antiamerikanismus und Antisemitismus und damit links wie rechts inzwischen wieder salonfähig geworden. Das hat seinen Preis, wie hoch dieser sein wird, werden wir nach der Bundestagswahl im September sehen.

Kaum jemand hinterfragt das Paradoxon, dass vor grenzüberschreitenden Reisen nach Österreich, die Schweiz oder Benelux eindringlich gewarnt wird, aber ein Urlaub auf den Kanaren oder die Balearen kein Problem darstellt. Diejenigen Hamburger, die unter der Woche brav die knallharte Ausgangssperre des rot-grünen Senats befolgen und sich beim Joggen um die Alster eine Maske aufsetzen, bevölkern am Wochenende dicht gedrängt die geöffnete Außengastronomie in den Hotspots der Ostsee, wie dem Timmendorfer Strand. Irrsinniger Anachronismus, natürlich. Handlungsfolgen für die allermeisten? Keine. Und dennoch gibt es in den deutschsprachigen Gebieten Ostbelgiens und im Norden des Großherzogtums Luxemburg einen Bauboom bei Büros und Wohnungen. Dies sind bereits absehbare Folgen einer Fluchtbewegung: von Deutschen.

Bildquelle:

  • Luxemburg: pixabay

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren