Hat Olaf Scholz vor dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss bewusst gelogen?

Mit wem hat er wann gesprochen? Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

BERLIN/HAMBURG – Während allgemein die Ansicht herrscht, Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werde sich nach dem Wahlsonntag ins Private zurückziehen, droht ihm neuer Ärger. Dem Magazin „Stern“ liegen Dokumente vor, nach denen Scholz, früherer Hamburger Bürgermeister, gegenüber dem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft zur „Cum-Ex-Steuergeldaffäre“ nicht die Wahrheit gesagt habe.

Am 30. April 2021 hatte Scholz vor dem Untersuchungsausschuss über seine Rolle bei dem Milliarden-Skandal mehr oder weniger ausgesagt.

Dabei kam auch eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch erneut zur Sprache, der schon im November 2019 wissen wollte, ob Scholz bei Treffen mit Vertretern der, in den Cum-Ex-Skandal verwickelten, Privatbank Warburg teilgenommen hatte wie zum Beispiel auch sein Nachfolger Peter Tschentscher, der jetzt noch Hamburger Bürgermeister ist.

Scholz bestritt damals an solchen Treffen teilgenommen zu haben. Doch inzwischen ist bekannt, dass er sich eben doch mindestens drei Mal mit dem Warburg-Inhaber Olearius getroffen hat.

Hackbusch wollte konkret wissen, ob Scholz „in irgendeiner Weise involviert“ gewesen sei. Scholz sagte damals: Nein. Neue Dokumente belegen jetzt, dass sowohl Tschentscher als auch Finanzsenator Andreas Dressel sich damals auch an Scholz gewandt hatten.

Tschentscher hatte einen Entwurf der Antwort auf die Hackbusch-Anfrage an Scholz weitergeleitet, der zu der Zeit schon Bundesfinanzminister im Kabinett Merkel war.

Auch Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel wandte sich damals an Scholz, man wolle „wirklich safe“ sein, um auf die Frage, ob es Treffen mit Olearius gegeben habe, mit „Nein“ antworten zu können.

Die Anfrage Hackbuschs an den Senat wurde schließlich mit „Nein“ beantwortet.

Und das stimmte nicht

Bei Cum-Ex hatten sich Banker, Aktienhändler, Rechtsanwälte und Steuerberater über Jahre Steuern erstatten lassen, die sie vorher aber gar nicht gezahlt hatten. Das kostete den deutschen Steuerzahler Milliarden Euro, die danach in der Staatskasse fehlten.

Die Hamburger Warburg-Bank war bei den illegalen Geschäften mittendrin. Das Bonner Landgericht verurteilte die Bank schon im Jahr 2019 zur Zurückzahlung der illegal einkassierten Beträge. Und das Bankhaus gab eine Ehrenerklärung ab: „Die Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstands von M.M.Warburg & Co missbilligen unrechtmäßige Steuergestaltungen jeder Art.“

Dann wurde es richtig spannend

Im Jahr 2016 nämlich wurde das Hamburger Finanzamt aktiv und überprüfte, ob das Bankhaus Warburg die durch Cum-Ex-Geschäfte ergaunerten 47 Millionen Steuereuro zurückzahlen müsse an die Staatskasse. Jahrelang blieb das Finanzamt hart und wollte sein Geld von der Bank zurück. Doch plötzlich, im November 2016, verzichtete die Behörde urplötzlich auf die Zahlung. Angeblich wegen „juristischer Risiken“.

Wer Hamburg kennt weiß, dass solche Dingen in der roten Filzhochburg nicht einfach so aus Zufall passieren.

Es ist der hartnäckigen Kölner Staatsanwaltschaft zu verdanken, dass die Dinge nicht im Sande verliefen. Denn sie fanden Tagebücher des Warburg-Eigentümers Christian Olearius, in denen er beschrieb, wie er damals politische Hilfe bei den einflussreichen Genossen Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk suchte. Nach seinen Aufzeichnungen wurde ihm diese Unterstützung zugesagt. In dem Zeitraum traf sich aber auch Scholz offenkundig dreimal mit Olearius, wobei es in diesen Gesprächen auch um die Cum-Ex-Affäre gegangen sei. Als Scholz im Untersuchungsausschuss dazu befragt wurde, zeigte er erstaunliche Erinnerungslücken. Allerdings wurden bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Eintragungen im Kalender von Scholz gefunden, die die Treffen bestätigen.

Bildquelle:

  • Bundeskanzler_Olaf_Scholz_SPD: depositphotos

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren