Heißsporn statt Spaziergänger: Rentner Funkel gibt Comeback in Köln

ARCHIV - Friedhelm Funkel, der neue Trainer des 1. FC Köln. Foto: Federico Gambarini/dpa

von HOLGER SCHMIDT

KÖLN – Friedhelm Funkels Programm im selbst gewählten Ruhestand klang nicht sehr aufregend. «Ich bin viel gelaufen, habe ausgiebig gefrühstückt, viel gelesen, mich mit meinem Bruder getroffen und zwei Mal die Woche meine Mutter besucht», erzählte der 67-Jährige in einem Interview mit Sport1: «Ab und zu war ich mit meiner Frau spazieren und habe viel Fußball geschaut. Ich wusste mich schon zu beschäftigen, aber manchmal kam ein Stück Langeweile auf.»

Es war wegen der Pandemie eben nicht der Ruhestand, den sich Funkel nach fast 50 Jahren im Profi-Fußball vorgestellt hatte. So war er beim Hilferuf beim 1. FC Köln, einem seiner zehn Ex-Vereine als Trainer, Feuer und Flamme. Er widerrief sein eigentlich unmissverständlich ausgerufenes Karriere-Ende. Und gibt am Samstag sein Comeback dort, wo eigentlich alles hätte aufhören sollen: In einem rheinischen Derby in Leverkusen. Nach einem solchen und einer 0:3-Niederlage war er 2020 bei Fortuna Düsseldorf beurlaubt worden.

Und der Friedhelm Funkel, den man ab Samstag (15.30 Uhr/Sky) an der Seitenlinie erleben wird, wird mit einem gemächlichen Rentner wenig gemeinsam haben. Dass er nach über 1000 Profi-Spielen als Spieler und Trainer erstmals ein Geisterspiel erleben wird, verunsichert den während der 90 Minuten als Heißsporn bekannten Coach deshalb durchaus ein wenig. «Ich bin ein Trainer, der an der Seitenlinie sehr impulsiv agiert und auch viele Dinge rein ruft, die man besser nicht hören sollte», sagte er der «Kölnischen Rundschau»: «Wenn ein Mikrofon zu nah an der Coachingzone stand, habe ich mir rausgenommen, es einfach weiter wegzustellen. Jetzt muss ich mir meine Wortwahl genau überlegen. Das wird eine riesige Umstellung für mich.»

Doch genau diese Emotionalität des abseits des Spielfelds so gelassen daherkommenden Funkel hält Kölns Club-Ikone Lukas Podolski für die nun entscheidende Eigenschaft im Abstiegskampf. «Der ganze Club braucht es: Feuer, Mut und Leidenschaft. Das hat die letzten Monate gefehlt, das muss Funkel wecken», sagte der ehemalige Weltmeister Podolski, der insgesamt 14 Jahre für den FC spielte, dem «Express». «Mir plätschert das alles so die letzten Wochen zu sehr Richtung Untergang hin, ohne dass man sich richtig wehrt», sagte Podolski, der sein Profi-Debüt für Köln 2003 einen Monat nach dem Ende von Funkels erster Amtszeit bestritt. Der neue alte Trainer sei «jetzt der richtige Typ, um das zu ändern». Schon in Leverkusen sieht Podolski eine Chance für den Tabellen-Vorletzten. «Leverkusen spielt doch auch seit Wochen Driss», sagte der 35-Jährige in rheinischem Slang.

Auch Karnevals-Fan Funkel («2020 war ich drei Tage in Köln, von Karnevalssamstag bis -montag»), der sich durchaus vorstellen könnte, nach der Sechs-Spiele-Mission als Berater im Verein zu bleiben, will am Samstag gleich punkten. Denn die Zeit drängt. Dennoch habe er es gut gefunden, dass Heldt nach dem ersten vorsichtigen Kontakt im Januar lange an Vorgänger Markus Gisdol festhielt. «Auch wenn das jetzt bedeutet, dass ich jetzt weniger Zeit habe, mit der Mannschaft zu arbeiten», wie er dem «Geissblog» sagte. Eines sei für ihn angesicht von drei Punkten Rückstand auf Rang 16 klar: «Ich könnte mit dem Relegationsplatz nach 34 Spieltagen leben.»

Bildquelle:

  • Friedhelm Funkel: dpa

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