Katholische Kirche und Scheidung: Vom Populismus einiger Bischöfe

von PETER WINNEMÖLLER
Kaum ein kirchliches Insider-Thema wird öffentlich so gepusht, wie die Zulassung Wiederverheiratet-Geschiedener zur Kommunion. Dabei ist es im Grunde ein Randthema. Ein Randthema, das sehr wohl um einen wichtigen Kern kreist. Jede dritte Ehe wird geschieden. Tendenz steigend. Das Ausmaß an Unverbindlichkeit und Leichtfertigkeit, mit dem Ehen eingegangen und aufgelöst werden, kollidiert sehr heftig mit dem kirchlichen Anspruch der Unauflöslichkeit der Ehe.

Ziviles Scheidungsrecht interessiert die Kirche hier gar nicht. Von Interesse für die Kirche ist es zwar sehr wohl, wenn der Staat seinen Bürgern die zivile Scheidung zu sehr erleichtert. Denn wie das Ergebnis der Reform des Scheidungsrechts in Deutschland in den siebziger Jahren heute aussieht, ist wohl bekannt. Man traut sich und verlässt sich mit einer Leichtigkeit, die geradezu unerträglich ist. Krise ist da schon fast gleichbedeutend mit Trennung und Scheidung. Dass ausgerechnet die Kinder, die gar nichts dazu können, die Haupt-Leidtragenden sind, sei hier nur am Rande erwähnt.

Ist die Trennung erst vollzogen, ist auch der neue Partner schnell zur Hand. Man bindet sich leicht in diesen Tagen. Weil die meisten Menschen besonders in jungen Jahren einen großen Hang zu Romantik haben, muß die Trauung unbedingt in der Kirche sein. Zwar hat nur noch eine verschwindend geringe Minderheit in unserem Land überhaupt eine enge Bindung an die Kirche, doch als Dienstleister in Sachen Romantik und Feierlichkeit an Lebens-Wendepunkten muss sie immer noch herhalten. Klassisch stellt die Kirche den Menschen mit den Sakramenten ihre Gnadenmittel zur Seite, wenn wichtige lebensprägende Ereignisse anstehen. Ein solches ist eben auch die Ehe. Die Ehe ist die Keimzelle der Familie, die die Keimzelle einer gesunden Gesellschaft ist. Wo Ehe und Familie institutionell zerbrechen, zerbricht am Ende auch die Gesellschaft. Wir erleben dies gerade sehr drastisch.

Die Antwort der Kirche lautet: Verbindlichkeit. Ein Sakrament prägt dem Menschen ein unauslöschliches Siegel ein. Das ist nicht etwa um den Menschen zu knechten und in seiner Freiheit zu beschneiden, wie man uns heute gerne mal Glauben machen möchte. Ganz im Gegenteil ist es ein Ausdruck von Freiheit, eine von vielen Optionen zu wählen und alle anderen dauerhaft auszublenden. Das gilt auch für die Ehe.

Mit diesem Modell von Verbindlichkeit muss die Kirche geradezu in Konflikt mit einer Gesellschaft geraten, die sich die Unverbindlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat. Die Ehe – so wie die Kirche sie versteht – ist eine auf Lebenszeit angelegte, stabile Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, sie ist offen für Kinder und sie integriert auch Personen, die nicht unmittelbar zur Kernfamilie gehören, wenn es nötig ist. Das klingt auch in den Ohren einer vermeintlich modernen Gesellschaft recht gut. Wäre da nicht die Sache mit der Unauflöslichkeit. Diese hat schon so manche(n) überrascht, wenn die Zweit- oder Drittpartnerschaft aus irgendeinem Grunde auch kirchlich abgesegnet werden sollte. Existieren Zweifel, so stellt ein Kirchengericht fest, ob eine im Sinne der Kirche gültige Ehe bereits vorliegt. Ist dies der Fall, dann gibt es keine weitere Trauung. Liegt eine gültige Ehe vor und lebt ein Mensch in einer neuen Partnerschaft, ganz gleich, wie sie vor dem zivilen Recht legitimiert wurde oder nicht, dann kann ein Katholik die Kommunion nicht mehr empfangen. Das ist Fakt, weil die erneute Verbindung außerhalb der bestehenden Ehe eben jene Ehe dauerhaft bricht. Alle Bemühungen interessierter Kräfte, wozu auch Bischöfe gehören, innerhalb der Kirche hier eine Änderung herbei zu führen, werden scheitern. Auch wenn es derzeit in eine andere Richtung zu gehen scheint und sogar der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz davon spricht, daß es wohl eine Möglichkeit gibt, manche geschiedene, zivil erneut verheiratete Katholiken zu den Sakramenten zuzulassen.

Sicher ist es möglich, dies per Dekret auf pastoralem Wege zu ermöglichen. Der logische Bruch fällt sofort ins Auge: Wenn jemand in Zweit“ehe“ darf, jemand in Dritt“ehe“ aber nicht, dann ist das begründungspflichtig und zugleich nicht begründbar. Entweder ist die Ehe ein Sakrament oder ist es nicht. Kein Bischof und kein Papst kann ein Sakrament abschaffen. Sakramente sind göttlichen Rechts. Wer auf pastoralem Umweg trotzdem Pfade öffnet, um Sakramente zu umschiffen, begibt sich auf dogmatische Irrwege.

Der Treppenwitz an der Geschichte ist die Irrelevanz des Themas. Nur rund zehn Prozent aller Katholiken gehen regelmäßig Sonntags in die Messe. Nur ein Bruchteil von diesen geht wenigstens einmal im Jahr zur Beichte. Nur dieser Bruchteil wäre grundsätzlich überhaupt disponiert die Kommunion zu empfangen, wenn keine schwere Sünde vorliegt. Die Statistik zeigt, daß von den Ehen, die sakramental geschlossen wurde, wo die Ehepartner miteinander beten und die Sonntags in die Messe gehen nur jede 1.000. Ehe geschieden wird. Ein noch weitaus geringerer Anteil wird sich einen neuen Partner suchen. Von diesen werden die allermeisten ihre irreguläre Situation akzeptieren und mit einen geeigneten geistlichen Begleiter oder Beichtvater aufarbeiten. Es kann als sicher gelten, daß bei diesen der innige Wunsch existiert die Kommunion zu empfangen. Ebenso sicher kann man sich sein, dass sie das Urteil der Kirche über ihre Situation akzeptieren werden.

Insofern betrifft das große Geklapper und Palaver um die Zulassung von Geschieden und Wiederverheiraten, die die Kommunion empfangen möchten, eine durchaus überschaubare Anzahl an Menschen, die seelsorglich sehr gut betreut werden können.

Der Populismus, den einige Bischöfe um das Thema veranstalten, ist allerdings gut geeignet, von anderen, viel drängenderen Problemen abzulenken.

Bildquelle:

  • Katholische_Trauung: pixabay

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