Kinderpornografie im Netz: Was sind das für Menschen, die sich das mit Vergnügen anschauen?

Liebe Leserinnen und Leser,

an dieser Stelle plaudern wir uns zusammen an jedem Morgen locker in den neuen Tag, denken über dies und das nach, betrachten harte Nachrichten ebenso wie allzu Menschliches, was gerade so anliegt. Unser großer Aufmacher heute früh war der phantastische Erfolg der IT-Leute des Bundeskriminalamtes (BKA), die im Darknet einen widerwärtigen Kinderschänder-Fanclub zerschlagen haben. Drei Deutsche wurden festgenommen und sitzen in einer Zelle – hoffentlich sehr, sehr lange. Und ein weiterer, 64 Jahre alt aus Hamburg, hockt noch in Paraguay. Es liegen ein internationaler Haftbefehl und ein Auslieferungsantrag vor. Ich nehme an und hoffe, während ich das hier gerade schreibe, sitzt auch er bereits hinter Gittern in irgendeinem Loch am anderen Ende der Welt. Fall gelöst, Akte geschlossen also? Nein, finde ich nicht.

Für einen harmlosen zivilen Bürger wie mich ist es immer wieder unvorstellbar, dass sich Hunderttausende Männer auf so einer ekligen Plattform versammeln, um sich am Leid von Menschen, von kleinen Kindern und Jugendlichen aufzugeilen. Was ist da los mit diesen Leuten, die ja oftmals hoch angesehene Nationalspieler oder Bundestagsabgeordnete sind? Warum machen sie das, ohne jede Empathie für das Leid der gequälten manchmal gefolterten auf jeden Fall völlig wehrlosen Kinder? Ausgeliefert, menschliche Spielzeuge, Pornodarsteller wider Willen. Ein Gebrauchsgegenstand, der manchmal auch weggeworfen wird im wahrsten Sinne des Wortes. Und da melden sich Hunderttausende an, um zuzuschauen, viele bezahlen dafür, zuschauen zu dürfen und sich einen…Sie wissen schon.

Warum lässt Du so etwas zu, möchte man den alten Herrn im Himmel anschreien. Dieses Leid, welchen Sinn hat das?

Es gibt viele Gründe, in diesen Zeiten wütend zu sein, aber beim Gedanken daran, was gerade auf dieser Welt passiert, sicher auch in unserem Land, schnürt es mir den Hals zu. 95 Prozent der Deutschen haben einer Studie zufolge schon einmal einen Pornofilm angeschaut, die meisten zweifellos zu Studienzwecken, also wissenschaftlich. Pornosucht ist eine anerkannte Krankheit, Psychotherapeuten beschäftigen sich mit Patienten, denen das Leben komplett entgleitet, wenn sie stundenlang in der Nacht nackten Körpern beim Kopulieren zuschauen. Dr. Kornelius Roth, ein Psychotherapeut, der mit sexsüchtigen Jugendlichen arbeitet, beschreibt das Problem in der Deutschen Ärzte-Zeitung so:

„Heute kommen schon die jungen Leute mit Anfang 20. Für sie ist Pornographie überall verfügbar, und sie greifen zu. Es ist wie beim Alkohol: Wenn es weniger davon gibt, gibt es weniger Alkoholiker. Wenn es mehr davon gibt…“

Was folgt daraus? Das Internet abschalten? Pornografie verbieten? Beides völlig absurd, weil auch praktisch unmöglich. Und hedonistisch veranlagte Menschen, die für sich in Anspruch nehmen, so viel Lust aus ihrem Leben rauszuholen, wie eben möglich, werden meine Gedanken hier überhaupt nicht verstehen. Sie werden sagen: Wenn da Leute ihr Geld damit verdienen, vor der Kamera Sex zu haben und andere Leute Freude empfinden, sich das anzuschauen – hey, was geht es den Staat und euch Spaßbremsen da draußen mit eurem Blümchensex zu Hause auf dem Sofa eigentlich an?

Im Grund gar nichts in einer freien Gesellschaft. Und doch ist es ein wachsendes Problem, wie wir gerade am aktuellen Fall mit der Kinderporno-Plattform namens „Boystown“, die Sie übrigens nicht mehr suchen müssen, weil die dankenswerter Weise von den großartigen BKA-Analysten gefunden und abgeschaltet wurde. Aber einer Hydra gleich wachsen immer neue schmierige Portale dieser Art nach, überall auf der Welt. Und sie finden ein gieriges Publikum, das immer mehr Nervenkitzel braucht wie ein Drogenjunkie. Immer härter, immer ekliger, immer geiler und immer empatieloser.

Warum beginne ich unseren gemeinsamen Tag hier heute also mit so einem düsteren Thema? Einfach weil es deutlich macht, wie sehr die Waage zwischen unserem berechtigten Wunsch nach individueller Freiheit und nach einem erfüllten Leben auf der einen und der dunklen Seite der Macht, letztlich des Bösen schlechthin wie beim sexuellen Missbrauch von Kindern, auf der anderen Seite deutlich macht. Ich weiß nicht wie, aber wir alle müssen etwas tun, damit die dunkle Seite nicht gewinnt.

Passen Sie gut auf sich und Ihre Kinder auf!

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.