«Mache ich euch Angst?» Giorgia Meloni vor großem Wahlsieg in Italien

Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi und die Vorsitzende der rechtsextremen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni. Foto: Oliver Weiken/dpa

von MANUEL SCHWARZ

ROM – «Mache ich euch Angst?», fragt Giorgia Meloni von der Bühne herab in die Menge. «Nein!», schreien die Leute auf der Piazza del Popolo in Rom. Meloni lächelt. Dann wird auch sie lauter und zählt auf, warum nicht ihre Anhänger, aber vor allem Europa manche Europäer mit großen Sorgen den Wahlen am Sonntag entgegenblicken.

Das Rechtsbündnis rund um Meloni ist klarer Favorit, nur noch eine Riesenüberraschung kann den Sieg verhindern. Mit einem bunten Bündnis konservativer Gruppen in ihrer Wählerschaft steht das Land vor einem harten Richtungswechsel.

Nach gut eineinhalb Jahren unter dem allseits geachteten Mario Draghi und dessen Vielparteienregierung kippt Italien heftig nach rechts, das legen alle Umfragen nahe. Und Meloni hat gute Chancen, die 68. Regierung in deOM Geschichte der Republik seit dem Zweiten Weltkrieg anzuführen. Die 45-Jährige wäre die erste Frau in dem Amt.

Italienische Version von «Make America Great Again»

«Bereit, um Italien wieder aufzurichten», steht auf Stickern, Bussen, Plakaten und Flugblättern von Melonis Partei Fratelli d’Italia, den Brüdern Italiens. Es klingt wie die italienische Version von Donald Trumps «Make America Great Again». «Der Spaß ist vorbei!», sagte Meloni in Richtung EU.

Die favorisierte Rechte stellt sich teils offen gegen Brüssel, europäische Gesetze etwa sollen den nationalen wieder unterstellt werden. Meloni ist befreundet mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban. Ihre Partei stimmte im Europaparlament in Straßburg gegen einen Bericht, wonach Ungarn keine vollwertige Demokratie mehr ist.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen deutete am Donnerstag an, ihre Behörde habe «Werkzeuge», sollte Italien ähnlich wie Ungarn oder Polen Grundsätze der Europäischen Union missachten. Dies sei eine «schäbige Drohung», schimpfte Lega-Chef Matteo Salvini, einer der Verbündeten Melonis, der Kommentar sei «ekelhaft und arrogant».

Die Fratelli-Spitzenkandidatin will Mittelmeermigranten mit einer Seeblockade vor Afrika abwehren, ist gegen Adoptionen durch homosexuelle Paare und schimpfte bereits gegen eine angebliche «LGBT-Lobby» – das Kürzel LGBT steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans-Menschen. Außerdem will sie das Abtreibungsrecht «erweitern». Ihre Partner dabei: Lega-Chef Salvini und Silvio Berlusconi von Forza Italia.

Der Lega-Chef und frühere Innenminister Salvini ist in den vergangenen Monaten von Meloni rechts überholt und weit abgehängt worden. Das war auch Donnerstagabend auf der Piazza del Popolo sichtbar, auf der neben Meloni alle anderen Redner wie Statisten wirkten. Berlusconi, jahrelang das Gesicht von Mitte-Rechts in Italien, musste gar als erster von allen Parteichefs reden. Die Stimmung war wie bei einem Rockkonzert, wenn eine der ersten Vorbands schon am späten Nachmittag auftritt und die meisten Zuhörer noch am Getränkestand herumstehen.

Meloni: «Italien hat keine Angst!»

Meloni ist die Anführerin, ihre Fratelli stellten die meisten Fans auf dem Platz. Dass die «Brüder Italiens» eine Nachfolgepartei der Faschisten in Italien ist und Meloni «stolz» darauf, in dem Parteilogo eine lodernde Flamme zu haben – die viele an den faschistischen Diktator Benito Mussolini erinnert – beunruhigt im Ausland mehr als in Italien. Dass die Finanzvorhaben der Rechten, darunter Steuersenkungen oder der Vorschlag zu weiteren Schuldenaufnahmen, laut Kritikern kaum zu realisieren sind, geht in den emotionalen Debatten oft unter.

Meloni kommt auf der Piazza del Popolo langsam an das Ende ihrer Rede. Sie hat gegen Corona-Maßnahmen des Gesundheitsministeriums gewettert, eine Verfassungsreform notfalls ohne breiten Konsens angekündigt und den Bau neuer Gefängnisse für Diebe, Dealer, Mafiosi und Vergewaltiger versprochen. Dann sagt sie, die Rechten seien bereit für den Sieg und die Regierung: «Italien hat keine Angst!»

Bildquelle:

  • Wahlen in Italien: dpa

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