Paris – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bei der Parlamentswahl seinen Sprint an die Macht fortgesetzt. Seine junge Partei gewann am Sonntag aus dem Stand den ersten Wahlgang und steuert auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu.
Laut Meinungsforschern kann das Macron-Lager bei der entscheidenden Runde mit 400 bis 455 der insgesamt 577 Sitzen rechnen. Nun beginnt der Wahlkampf für die Stichwahlen am kommenden Sonntag.
Macron kann damit eine breite Basis für sein Reformprogramm erwarten, mit dem er Frankreichs Wirtschaft ankurbeln will. Gut einen Monat nach seiner Wahl zum Staatschef ist die erste Runde der Parlamentswahl eine weitere herbe Niederlage für die traditionellen Regierungsparteien der Sozialisten und der bürgerlichen Rechten. Die katholische Zeitung «La Croix» sprach am Montag auf ihrer Titelseite von einer «Macron-Welle». Überschattet wurde das Ergebnis allerdings von einem Negativ-Rekord bei der Wahlbeteiligung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete das Resultat als «starkes Votum für Reformen». «Kanzlerin Merkel: Mein herzlicher Glückwunsch an @EmmanuelMacron zum großen Erfolg seiner Partei im 1. Wahlgang», twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Nach vollständiger Auszählung kamen Macrons Partei und ihre Verbündeten auf rund 32,3 Prozent. Wegen des Mehrheitswahlrechts können sie damit auf eine historische Zahl an Abgeordneten hoffen. Macron dürfte eine so breite Mehrheit in der Nationalversammlung bekommen wie keiner seiner Vorgänger in der Geschichte der Fünften Republik, die 1958 gegründet wurde. La République en Marche trat erstmals bei der Parlamentswahl an.
In fast allen 577 Wahlkreisen fällt die endgültige Entscheidung erst in einer Stichwahl zwischen den stärksten Kandidaten. Pro Wahlkreis wird ein Abgeordneter gewählt, im ersten Wahlgang braucht es für einen Sieg die absolute Mehrheit – das schafft kaum jemand.
Die bürgerliche Rechte um die konservativen Republikaner kam auf etwa 21,6 Prozent und kann laut dem Institut Ipsos mit 70 bis 110 Mandaten rechnen. Einen dramatischen Absturz legten die Sozialisten von Macrons Vorgänger François Hollande hin, die bislang die Nationalversammlung dominiert hatten. Sie kamen nur noch auf 7,4 Prozent, auch gemeinsam mit nahestehenden Kandidaten reichte es nicht für ein zweistelliges Ergebnis.
Auch die Kräfte rechts- und linksaußen blieben schwächer als nach der Präsidentenwahl gedacht. Die Front National von Rechtspopulistin Marine Le Pen kam auf gerade 13,2 Prozent. Das Ziel, erstmals seit 1988 eine Fraktion bilden zu können, dürfte damit hinfällig sein, die nötigen 15 Abgeordneten sind außer Reichweite – ein Misserfolg nach dem deutlich besseren Ergebnis Le Pens bei der Präsidentenwahl. In ihrem eigenen Wahlkreis in Nordfrankreich liegt sie aber weit vorn und hat Chancen, erstmals in die Nationalversammlung zu kommen.
Die Linkspartei La France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon kam auf knapp 11 Prozent. Gegner Macrons warnten am Sonntag vor einer zu großen Mehrheit für dessen Partei und riefen dazu auf, im zweiten Wahlgang die Opposition zu stärken. Nur jeder zweite Franzose ging am Sonntag ins Wahllokal, so wenige wie noch nie bei einer Parlamentswahl in der Fünften Republik.
Auch bei einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung würde Macrons Lager nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte das Sagen. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen mit – allerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel.
Bildquelle:
- Macron in Le Touquet: dpa