Erinnerungen an meine Mutter: Sie hatte immer Zeit für eine Umarmung

Hände, die hart gearbeitet haben, damit es den Kindern einmal besser geht.

von RAINER STENZENBERGER

BERLIN – Mit acht Jahren flüchtete die gesamte Familie vor Partisanen und vorrückenden Sowjets. Haus und Hof blieben – in der heutigen Slowakei – zurück. In den Wirren der Flucht wurden alle drei Kinder meiner Großmutter getrennt, meine Mutter landete auf einem Bauernhof in Österreich, auf dem sie mithelfen musste.

Der älteste Bruder flüchtete mit einem Freund auf einem Pferdefuhrwerk und wurde von hungernden, deutschen Soldaten bestohlen. Meine Großmutter schaffte es, mithilfe des Roten Kreuzes alle drei Kinder wieder einzusammeln und man begann einen Neustart in einem Flüchtlingsheim in Niedersachsen.

Durch den Krieg entfiel ein Großteil der Schulbildung, aber meine Mutter und mein Vater rackerten sich in den Aufbaujahren nach oben, zuerst mit einfachen Tätigkeiten wie Putzen oder Montage in der Fabrik, später dann der Aufstieg zur Angestellten bei einer Versicherung.

Dennoch bewahrte sich meine Mutter immer ein sonniges, wohlwollendes, positives Gemüt – vielleicht sogar gerade wegen der schwierigen ersten Jahre. Wer so viel mitgemacht hat, weiß selbst erarbeiteten Wohlstand zu schätzen.

Als Eisenbahnerfamilie mit überschaubarem Einkommen wuchsen wir ohne Auto auf, aber das Fernweh hatte uns dennoch schon früh erfasst. Mein Vater konnte nicht immer mit uns reisen, aber meine Mutter ging mit uns an die bekannten Strände in den Süden, von Rimini über die Costa Blance bis nach Mallorca. Wie mein Vater musste sie hart für den bescheidenen Wohlstand von uns arbeiten, aber stets hatte sie Zeit für eine Umarmung, lachte viel, war euphorisch und positiv.

Ihr habe ich einen großen Teil meiner glücklichen Kindheit, diesem sicheren Hafen einer Familie zu verdanken. Und auch heute, wo es ihr mit 87 Jahren gesundheitlich nicht mehr so prächtig geht, hat sie stets ein Ohr für mich, war auch bei meinen diversen Eskapaden immer wohlwollend. Was wären wir nur ohne unsere liebevollen Mütter? Ich habe ihr natürlich persönlich alles Gute zum Muttertag gewünscht, nutze aber die Gelegenheit, allen Müttern dieser Welt zu danken. Alles Gute zum Muttertag!

Bildquelle:

  • Hände_Rentnerin: pixabay

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