Pfiffige Wahlkampagne Pechsteins nimmt linken Dino Gysi auf die Schippe

BERLIN – Die Bürger im Wahlkreis 84 sind zu beneiden. In den vergangenen vier Wochen vor der Bundestagswahl erleben sie etwas, worauf der Rest der Republik wohl vergeblich wird warten müssen. Schwung, Charme, Witz, und frische Ideen in einem bis dato eher müden, grauen Schlafwagenwahlkampf. Dass es auch anders geht, beweist nun ausgerechnet eine Politiknovizin. Claudia Pechstein, mit fünf Goldmedaillen Deutschlands erfolgreichste Winterolympionikin und CDU-Direktkandidatin im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick traut sich dabei, Platzhirsch Gregor Gysi (Die Linke) auf die Schippe zu nehmen. Für alle, die genau hinschauen, beweist sie dabei sogar noch eine gewisse Portion Selbstironie.

Von heute an dürfen sich die Social-Media-Nutzer in Treptow und Köpenick mit Gerüchten auseinandersetzen, die sie davon überzeugen sollen, erstmals seit 2005 jemand anderen als Gysi als ihren Vertreter in den Bundestag zu entsenden. „Lieber Gregor Gysi, haben sie auch schon von dem Gerücht gehört, dass mehr Schwung in die Bude kommen soll, wenn im Bundestag nicht nur altgediente Politiker sitzen?“, fragt Pechstein frech auf einem der Kampagnenmotive, nicht ohne dem Politprofi noch „Herzliche Grüsse“ von sich als „politischen Neuling“ auszurichten. Auf dem passenden Fotomotiv dazu ruht sich der erschöpft wirkende Gysi halb sitzend, halb liegend auf ihrem linken Arm aus – als originalgetreu nachgebildete Puppe. So etwas hat es in einem Wahlkampf hierzulande bislang noch nicht gegeben.

„Auf dem Eis habe ich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt“, so Pechstein. „In der Politik bin ich eine Quereinsteigerin, die frischen Wind in den Bundestag bringen wird, wenn man mich denn lässt. Das ist es, was ich den Bürgern in Treptow-Köpenick verdeutlichen möchte.“ Ob sie Gysi, der im Wahlkreis 84 vor vier Jahren fast 40 Prozent holen konnte, tatsächlich gefährlich werden kann ist angesichts der derzeit dramatisch schlechten Situation für die Union im Bund zwar unwahrscheinlicher denn je, „doch wer nicht kämpft, hat schon verloren, das weiß ich aus meiner langen Sportlerkarriere nur zu gut“, sagt die 49-jährige.

Und so fragt sie Gysi auf einem weiteren, noch unveröffentlichten, Kampagnenmotiv, das TheGermanZ exklusiv vorliegt, keck, ob er denn auch schon von dem Gerücht gehört habe, „dass nach Jahrzehnten bald Schluss damit sein soll immer nur linksherum zu laufen?“ Diesmal richtet sie ihm die herzlichen Grüße als „Kurswechslerin“ aus Treptow-Köpenick aus. Was nur Eisschnelllauf-Insider wissen können: Dieses Gerücht wird sich auf jeden Fall schon bald bewahrheiten. Denn Pechsteins sportliche Karriere neigt sich definitiv dem Ende zu. Zuvor will sie sich allerdings als erste Frau der Welt zum achten Mal für Olympische Winterspiele (Peking 2022) qualifizieren, ehe für sie Schluss damit sein wird, auf dem Eisoval immer linksherum nach Bestzeiten zu jagen. So enthält auch das nächste Gerücht, ob Gysi schon davon gehört habe, dass es an der Zeit sei „endlich mal den Nachwuchs ran zu lassen“, durchaus eine doppelte Bedeutung.

Übrigens: Falls Gysi sich fragen sollte, wer den Anstoß zu dieser ungewöhnlichen Kampagnenidee gegeben hat, dann muss er sich an die eigene Nase fassen. Nachdem Pechstein in seinem Wahlkreis als CDU-Kandidatin nominiert waren war, hatte er zum Besten gegeben, dass er Pechstein zwar sehr zu schätzen wisse, aber von dem Gerücht gehört haben will, er solle „eine Idee mehr von Politik verstehen“ als sie. Dieses offene Geheimnis nutzt Pechstein nun mit ihrem findigen Manager Ralf Grengel zur Schlussspurtoffensive im Wahlkampf. Im Studio des Berliner Fotografen Uwe Hauth, wurden die Motive zur Kampagne geshootet. Hauth war es auch, der die Kampagnenidee durch die Gysipuppe, die von der Hamburger Theaterplastikerin Jana Fahrbach gefertigt wurde, als Zugabe abrundete. Das vollständige Ergebnis liegt als eigenes Wahlmagazin Pechsteins kommende Woche in allen Briefkästen Treptow-Köpenicks. „Ich kann Gregor Gysi versprechen, dass in meinem Heimatbezirk noch ein paar Gerüchte mehr die Runden machen“, verrät die Berlinerin, die seit elf Jahren in Köpenick wohnt, schon mal auf ihrem neuen Facebookprofil als Politikerin. Eines davon sei hier abschließend vorweg genommen: „Lieber Gregor Gysi, haben sie auch schon von dem Gerücht gehört, dass es gar nicht so schlimm sein soll, wenn man am Ende mal auf Platz zwei landet? Herzliche Grüsse, Claudia Pechstein, 21-malige Vize-Weltmeistern.“

Bildquelle:

  • Pechstein_Kampagne_Gysi: dpa

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