„Pflanzen lieben CO2“ – Prof. Vahrenholt: „Frau Baerbock wird das Klima schwer beeindrucken“

Windrat in Holland.

BERLIN – Der promovierte Chemiker und SPD-Politiker Fritz Vahrenholt war einst Chef der Hamburger Senatskanzlei unter Henning Voscherau. Heute schreibt der Honorarprofessor Bücher und gilt als der vielleicht wichtigste Skeptiker des allgegenwärtigen Klima-Alarmismus, der Politik, Medien und Gesellschaften weltweit weitgehend dominiert, wenn nicht gerade ein Virus global unterwegs ist. Wir sprachen mit Fritz Vahrenholt.

Herr Prof. Vahrenholt, wann sind Sie zuletzt Kurzstrecke geflogen?

Im vergangenen Herbst nach Wien, meine Frau ist Österreicherin.

Wenn Frau Baerbock demnächst Bundeskanzlerin wird, dürfte der Spaß vorbei sein…

Es geht nicht nur um Spaß. Schon das geltende Klimaschutzgesetz war dazu angetan, erhebliche Wohlstands- und Arbeitsplatzverluste bis 2030 zu bewirken. Die darüber hinausgehenden grünen und roten Vorstellungen werden zu tiefsten Verwerfungen führen. Spät, sehr spät wird man erkennen, dass die Elektrifizierung der Sektoren Wärme, Verkehr und Industrie ohne Gas, ohne die in Deutschland verbotene CO2-Abscheidung, ohne die in Deutschland verbotene Kernenergie nicht zu bewerkstelligen ist. Wind und Solar werden die nötige Energie jedenfalls nicht liefern. Denn es geht praktisch um die Stilllegung der Gas-und Ölheizungen, das Verbot von Benzin- und Dieselautos, die Stilllegung des LKW-Verkehrs, des Flugverkehrs, der Raffinerien, der Grundstoffindustrie und die Durchleitung des in Nordstream 1 und 2 ankommenden Erdgases (etwa 200 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr) an unsere Nachbarn , die es dann verbrennen dürfen – das volle grüne Programm also. Aber es wird grandios scheitern.

Der Kampf um die Rettung des Weltlimas ist in Deutschland und weiten Teilen des Westens zur Staatsraison geworden. Man denkt ernsthaft darüber nach, einer schwedischen Schülerin den Friedensnobelpreis zu verleihen. Warum sind Sie denn so herzlos?

Weil die Fakten nicht stimmen. Jedenfalls sind die Computermodelle, auf denen Klimapolitik beruht, mit der Realität der vergangenen 50 Jahre nicht in Einklang zu bringen. Die Computermodelle laufen zu heiß. Wir messen mit Satelliten einen durchschnittlichen Anstieg um 0,14 Grad Celsius pro Jahrzehnt, die Modelle sagen 0,25 bis 0,35 Grad Celsius für den gleichen Zeitraum. Und in den vergangenen 50 Jahren steckt noch ein erheblicher Anteil an natürlicher Erwärmung auf Grund von Ozeanzyklen, Rückgang der Wolken und einem jetzt abklingenden solarem Einstrahlungsmaximum. Die Modelle, auf die sich die Politik beruft, können die bittere Kälteperiode der kleinen Eiszeit vor 300 bis 200 Jahren und die mittelalterliche Warmzeit um 1000 n. Chr., in der es in Europa so warm war wie heute, nicht wiedergeben. Was ist falsch: Modell oder Realität?

Vor wenigen Tagen hat es in Berlin geschneit – im Mai. Dabei haben Klima-Experten schon zur Jahrtausendwende gesagt, dass es zukünftig in unseren Breiten im Winter keinen Schnee mehr geben wird, Was läuft da falsch bei den Voraussagen?

Die Voraussagen können die natürlichen Schwankungen nicht gut genug wiedergeben, bei der Wolkenberechnung versagen sie vollständig. Die Klimamodelle hatten sich lange Zeit schwer getan, in Rechnung zu stellen, dass unsere Erde durch CO2 grüner wird. Pflanzen lieben CO2. Steigendes CO2 lässt jedes Jahr die Blattfläche weltweit um die Größe der Bundesrepublik zusätzlich wachsen. In den vergangenen 50 Jahren ist die Pflanzenbiomasse um 30 Prozent angestiegen. Und wegen des CO2 Anstiegs sind die Erträge von Weizen, Reis und anderen Früchten um 15 Prozent gewachsen und wurde die Ernährungslage der Welt deutlich verbessert. Ich will CO2 nicht verharmlosen, es ist ein Klimagas. Aber es ist auch nicht erstrebenswert, zurückzukehren zum Zustand vor 1860.

Sie sind Deutschlands wahrscheinlich wirkmächtigster Gegner der Klima-Hysterie – viele andere gibt es aber auch nicht. Denken Sie manchmal, dass die „Fridays für Future“-Demonstranten und die Bundeskanzlerin, die Vereinten Nationen und all die anderen vielleicht doch recht haben könnten?

Ich leugne den Klimawandel nicht und sehe auch Handlungsbedarf – ich komme nur zu anderen Ergebnissen, was das Ausmaß oder das Tempo des Wandels betrifft. Ich kritisiere insbesondere die Erzeugung eines Klimas der Angst, um eine gesellschaftspolitische Transformation durchzudrücken. Aber es gibt überhaupt keinen Anlass zur Hysterie.

Jeder von uns spürt in den vergangenen Jahren, dass sich beim Klima oder sagen wir beim Wetter etwas verändert. 45 Grad Celsius im Sommer am Niederrhein hatten wir früher nicht, und Schnee im März war normal. Was passiert da?

Unsere Geschichte ist gepflastert mit Klimaanomalien. Heute muss für alle unerwarteten Wetter CO2 herhalten. Dabei steht fest : Die Dürren haben seit 100 Jahren in Deutschland und weltweit nicht zugenommen, die Starkregenereignisse, Hagel Überchwemmungen ebenso nicht, die Hurrikanhäufigkeit nicht, die Tornados nicht. Das können Sie nachlesen in unserem kürzlich erschienenen Buch „Unerwünschte Wahrheiten“ mit 2300 Literaturquellen belegt. Es wird wärmer ja, bislang um 1,1 Grad seit 1860, dem Ende der Kleinen Eiszeit. Und CO2 leistet einen Beitrag hierzu. Aber CO2 ist nicht der alleinige Stellknopf des Klimas. Es gibt eine Reihe von Wissenschaftlern, die eine Pause in der Erwärmung erwarten. Auf jeden Fall haben wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts Zeit – deutlich länger als bis 2030, um eine neue Energieversorgung mit verringerter CO2 Emission zu erreichen.

Wenn alle umweltbewusst leben, Fahrradfahren und die Windkraft ausbauen – was ist daran so schlecht? Die Hauptsache ist doch, dass der Strom weiter aus der Steckdose kommt und bezahlbar bleibt…

Bei letzterem bin ich mir nicht mehr so sicher nach dem Doppelausstieg aus Kohle und Kernenergie. Heute haben wir schon die höchsten Strompreise der Welt. Und die Dummheit auch noch Wärme, Verkehr und Industrie durch Solar- und Windstrom liefern zu lassen führt nur zu einem: Strommangelwirtschaft und Strom-Abschaltungen. Kaum jemand weiss aber, dass nach dem Pariser Abkommen China den Status eines Entwicklungslandes hat und in den kommenden Jahren noch 50 Prozent mehr CO2 emittieren darf. China ist Exportweltmeister! Dort werden noch 245 Kohlekraftwerke ans Netz gebracht, weltweit 1600 Kohlekraftwerke, die meisten mit chinesischer Hilfe. Indien ist glücklich, weil dort 56 Kohlegruben eröffnet wurden und nun jedes Dorf mit Strom versorgt wird. China will bis 2035 150 Flughäfen bauen und Frau Baerbock verbietet die Kurzstrecke. Das wird das Klima schwer beeindrucken.

Das Gespräch mit Prof. Dr. Fritz Vahrenholt führte Klaus Kelle.

Bildquelle:

  • Windrad: pixabay

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.