Präsident Selenskyj appelliert an unsere Abgeordneten: «Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient.»

Aus dem Kriegsgebiet wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video ins Parlament zugeschaltet. Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Videoansprache an die Bundestagsabgeordneten um mehr Hilfe für sein Land gebeten.

Die Menschen in der Ukraine wollten frei leben und sich nicht einem anderen Land unterwerfen, sagte Selenskyj laut Übersetzung in einer Videobotschaft an die Abgeordneten des Bundestags.

Es gehe darum, eine Mauer einzureißen und den Krieg zu stoppen, sagte er an die Adresse der deutschen Politik und an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtet. «Sie befinden sich irgendwie wieder hinter der Mauer, nicht Berliner Mauer, aber mitten in Europa, wo es Freiheit gibt. Und diese Mauer ist stärker, mit jeder Bombe, die auf unseren Boden in der Ukraine fällt.» Er sagte: «Lieber Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie die diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient.»

Appell an Scholz

In seinem Land seien nun Zivilisten und Soldaten wahllos Ziel russischer Angriffe. «Russland bombardiert unsere Städte und zerstört alles, was in der Ukraine da ist. Das sind Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Kirchen, alles. Mit Raketen, mit Luftbomben, mit Artillerie. In drei Wochen sind sehr viele Ukrainer gestorben, Tausende. Die Besatzer haben 108 Kinder getötet, mitten in Europa, bei uns im Jahre 2022», sagte Selenskyj. Und: «Wieder versucht man in Europa, das ganze Volk zu vernichten.»

Die Bundestagsabgeordneten waren vor der Rede aufgestanden und begrüßten den auf einer Videoleinwand zugeschalteten Selenskyj mit Applaus. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt drückte Entsetzen über den russischen Krieg gegen die Ukraine aus sicherte Kiew die Solidarität Deutschlands zu. «Wir sehen euch, wir sind in Gedanken bei euch und bei denen, die um euch trauern», sagte die Grünen-Politikerin.

Die Parlamentssitzung hatte mit leichter Verspätung begonnen. Es habe technische Probleme gegeben, weil es in Kiew «einen Anschlag in unmittelbarer Nähe» gab, sagte Göring-Eckardt.

Keine Ukraine-Debatte nach Ansprache

Außenministerin Annalena Baerbock hat die Entscheidung verteidigt, nach der Videoansprache keine gesonderte Ukraine-Debatte anzuschließen. «Ich glaube, in so einem Moment ist Zuhören eine echte Stärke», sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in einer Bundestagsdebatte zum russischen Krieg gegen die Ukraine. «Zuhören, das Wort stehen lassen. Auch die Vorwürfe, die es geben wird, stehen lassen», ergänzte Baerbock, die darauf anspielte, dass Selenskyj der Bundesregierung mangelnde Unterstützung im Kampf gegen Russland vorhalten könnte.

Der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul hatte die Entscheidung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ampel-Fraktionen, auf eine Regierungserklärung oder eine gesonderte Debatte nach dem Auftritt Selenskyjs zu verzichten, scharf kritisiert. Er empfinde «Fremdscham» dafür, direkt nach den Worten des ukrainischen Präsidenten über die Impfpflicht zu debattieren, sagte Wadephul in Richtung des im Plenum anwesenden Bundeskanzlers. In der Debatte im Parlament äußerten sich neben Abgeordneten aller Fraktionen drei Bundesministerinnen: Neben Baerbock Innenministerin Nancy Faeser und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (beide SPD).

Stoltenberg zu Gast bei Scholz

Scholz kommt im Kanzleramt mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Gesprächen über den Ukraine-Krieg zusammen (11.30 Uhr). Später trifft Stoltenberg auch noch Außenministerin Annalena Baerbock (18.30 Uhr). Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten werden in der kommenden Woche zu einem Sondergipfel zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammenkommen. Das Treffen soll für den 24. März in der Bündniszentrale in Brüssel organisiert werden. Dazu wird auch US-Präsident Joe Biden in die belgische Hauptstadt kommen, der dann auch an einem EU-Gipfel teilnehmen wird.

Bildquelle:

  • Selenskyj im Parlament: dpa

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