von LARISSA SCHWEDES
LONDON/SANTA BARBARA – Ein böses Wort zu viel, ein Stoß von William – und Prinz Harry liegt am Boden, verletzt von Scherben eines zerbrochenen Hundenapfs. So zumindest schildert der Royal einem Bericht zufolge in seinen Memoiren den wohl heftigsten bislang bekannten Streit zwischen ihm und dem Mann, der nicht nur sein Bruder, sondern auch britischer Thronfolger ist. Der «Guardian» hat ein Exemplar des streng geheim gehaltenen Buches bekommen – und gibt am Donnerstag einen ersten Einblick in die Abgründe der nahenden royalen Eskalation. Harrys Autobiografie «Spare» (deutsch: «Reserve») soll am 10. Januar erscheinen.
«Es ging alles so schnell. Sehr schnell. Er packte mich am Kragen, zerriss meine Kette und warf mich zu Boden», zitiert die Zeitung Harrys Schilderungen über den Streit vor mehr als drei Jahren. Prinz William soll Harrys Frau Meghan nach dessen Darstellung zuvor als «schwierig» und «unhöflich» beschrieben haben, woraufhin Harry seinem Bruder vorwarf, das Narrativ der britischen Boulevardpresse zu übernehmen. Der Kensington-Palast kommentierte all das zunächst nicht.
«Never complain, never explain»
Ob das Königshaus seine Devise «Never complain, never explain» (deutsch: «Niemals beschweren, niemals erklären») weiter durchhalten kann, ist fraglich. Sicher scheint, dass Harry in seiner Autobiografie deutlich härter gegen seine Familie austeilen wird als in der Netflix-Dokuserie «Harry & Meghan», die vor Weihnachten erschienen ist. Darin erzählt das Paar seinen Ausstieg aus dem Königshaus nach, geht aber vor allem mit dem britischen Boulevard ins Gericht. Diesmal dürfte der Familienfrieden, der zumindest nach dem Tod von Queen Elizabeth II. oberflächlich wieder hergestellt schien, in die Brüche gehen. «Zeit mag Wunden heilen, aber es ist schwer vorstellbar, wie sich die Brüder davon erholen und wieder Vertrauen aufbauen sollen, wenn einer von beiden die Kluft sehr öffentlich mit dem Rest der Welt teilen möchte», kommentiert der Sender Sky News.
Dass das schwierige Verhältnis der Brüder auch die Familie belastet, soll in Harrys Buch explizit zur Sprache kommen. Bei einem Treffen nach der Beerdigung von Prinz Philip im Jahr 2021 soll Charles – damals noch Thronfolger – seine Söhne gebeten haben: «Bitte Jungs. Macht meine letzten Jahre nicht zu einem Elend», erinnert sich Harry dem «Guardian» zufolge.
Aktuell ist für «Spare» eine Geheimhaltungsoperation im Gange, die mit jener der Harry-Potter-Buchserie verglichen wird. Doch noch bevor das Buch seine volle Wucht entfaltet hat, scheint sich der Autor gleichzeitig um Schadensbegrenzung zu bemühen. «Die Tür ist immer offen», sagt Harry in einem Teaser für ein ITV-Interview, das der britische Sender am Sonntag ausstrahlen will. Er hoffe, dass seine Familie bereit sei, sich zusammenzusetzen und über alles zu reden.
Auf die Frage, ob er an der Krönung seines Vaters im Mai teilnehmen wolle, antwortet der 38-Jährige ausweichend: «Bis dahin kann viel passieren.» Im gleichen Interview offenbart Harry jedoch auch, er wünsche sich William und seinen Vater «zurück». Der Ball liege nun aber im Spielfeld des Palastes.
Panne in Spanien
Nach Angaben britischer Medien ist Harrys Autobiografie indes in Spanien versehentlich bereits am Donnerstag in den Handel gelangt. Mehrere britische Medienhäuser haben sich nach eigenen Angaben nun schon fünf Tage vor dem offiziellen Erscheinen ein spanischsprachiges Exemplar in Spanien besorgen können. Auch das «Hola»-Magazin in Spanien berichtete darüber. Eine Reaktion des Verlags Penguin Random House auf die Berichte lag zunächst nicht vor.
Der britische Nachrichtensender Sky News berichtete, die Bücher seien am Donnerstag in den Auslagen einer großen Buchhandelskette in Spanien verfügbar gewesen, «und dann hastig entfernt worden».
Prinz Harry hat Berichten zufolge vor Jahrzehnten gemeinsam mit Prinz William seinen Vater Charles inständig gebeten, dessen Partnerin Camilla nicht zu heiraten. William und er hätten ihren Vater «angefleht», nicht zum zweiten Mal zu heiraten, schreibt Harry in seinen Memoiren, wie die «Sun» und die «Daily Mail» am Donnerstag berichteten. Harry habe Camilla als «böse Stiefmutter» gefürchtet.
Über sein erstes offizielles Treffen mit Camilla berichtet Harry demnach, dass er sich darauf vorbereitet habe wie auf eine Spritze. «Schließe die Augen, dann merkst du es nicht einmal», schreibt der 38-Jährige. Camilla sei jedoch «gelangweilt» gewesen und habe das Treffen als Formalie angesehen, da Harry ihr als Nicht-Thronfolger nicht im Wege gestanden habe.
Bildquelle:
- Prinz William und Prinz Harry: dpa