Verfassungsschutz-Gutachten: Die AfD wehrt sich – und ihre Gegner laufen zu Höchstform auf

Proteste gegen die AfD gab es schon, als die noch eine biedere "Professorenpartei" war

von KLAUS KELLE

BERLIN – Am Stammtisch oder im Gespräch mit Freunden wird gern behauptet: in diesem Staat funktioniere nichts mehr. Doch das ist falsch. Denn wenn es darum geht, die Rechte von Rechten in Zweifel zu ziehen oder einzuschränken, dann läuft das Räderwerk wie geschmiert. Wie auf Knopfdruck sozusagen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat gerade mitgeteilt, die AfD, immerhin größte Oppositionsfraktion im neuen Bundestag, sei nun insgesamt als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Grundlage dafür ist ein über mehrere Monate zusammengestelltes 1100 Seiten starkes Gutachten, das aber unter Verschluss gehalten wird.
Die AfD hat nun angekündigt, sofort Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz einzureichen, heute noch, falls die Behörde bei ihrer Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextremistisch“ bleibt. Bereits am Freitag hatte die Partei dazu eine Abmahnung an das Amt zustellen lassen.

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Dr Verfassungsschutz, so heißt es mit Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung für heute um 8 Uhr, handle sowohl bei der Einstufung der AfD als auch bei der Bekanntmachung „offensichtlich rechtswidrig“.

Nun, es ist offensichtlich, dass dieses Verfahren und die damit zusammenhängenden erwartbaren rechtlichen Streitigkeiten die Beteiligten und die deutsche Öffentlichkeit nun auf Jahre beschäftigen werden – bis hin zur Frage, ob es einen Antrag auf Verbot der AfD geben wird. Ich halte das für wahrscheinlich, weil es ein politisches Kampfwerkzeug ist. Gleichzeitig sehe ich überhaupt keine Erfolgschance für einen solchen Antrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Und da fangen sie an, die Probleme

In einem Staat, dem Umfragen zu Folge nur noch knapp 30 Prozent der Bürger vertrauen und in dem 60 Prozent zurückhaltend sind, offen ihre Meinung zu bekunden, wäre Transparenz erste Staatsaufgabe der Regierung.

Aber halt, die Regierung ist ja noch gar nicht im Amt.
Warum also musste die geschäftsführende Innen-Nancy unbedingt kurz vor Ausscheiden aus dem Amt noch den Hammer gegen die AfD rausholen?

Warum diese Eile, warum nicht warten? Zumal Frau Faeser ja, wie man hört, dem Bundeskabinett wohl erhalten bleiben wird. Wenn auch nicht mehr als Innenministerin.

Aber wenn sich die interessierte Bevölkerung selbst ein Bild davon machen will, wie begründet die Vorwürfe gegen die AfD sind, dann muss doch auch gegenüber den Bürgern belegt werden, was man der AfD in Sachen Rechtsextremismus konkret vorwirft. Sonst ploppen sofort wieder Verschwörungserzählungen auf, zum Beispiel, dass man sich seitens der etablierten Parteien der AfD entledigen will, da die immer erfolgreicher abschneidet bei Wahlen.

Überhaupt: Es scheint, dass viele politisch links gestrickte Parteien, Verbände und Medien ernstzunehmende Probleme mit der Demokratie haben

Auch das ist nicht neu, wenn Sie daran denken, wie schamlos man den kritischen Journalisten Boris Reitschuster einst aus der Bundespressekonferenz gedrängt hat unter lautem Beifall angeblich so „kritischer“ Medien.

„Spätestens jetzt muss klar sein: Redaktionen müssen ihre Berichterstattung über die Partei anpassen“, sagte etwa gerade der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Mike Beuster, in einem Interview gegenüber dem Berliner „Tagesspiegel“. Und weiter: „Falschaussagen und Halbwahrheiten dürfen nicht unwidersprochen in den medialen Raum gestellt werden.“ Da hat er recht, der Kollege Beuster, aber gilt das nicht für politische Gesprächspartner aller Parteien?

Was da bei Lanz, Maischberger & Co. Woche für Woche von Talkgästen gelogen und verbogen wird, ist für jeden erkennbar. Warum haken dann da oft die Journalisten nicht nach, während sich gegenüber AfD-Größen jeder Talkmaster aufführt, als sei er oder sie Kandidat bei dem neuen Format „Deutschland sucht den Super-Rechts-Bekämpfer“?

Ja, wahr ist auch, dass die mediale Präsenz der AfD zuletzt spürbar zugenommen hat

Das hängt aber damit zusammen, dass die AfD bei Wahlen immer erfolgreicher geworden ist und man als öffentlich-rechtliches Medium nicht so tun kann, als sei ein Viertel der Bevölkerung gar nicht da. Mit dem Gutachten, das wir alle nicht kennen, von dem Frau Faeser aber versichert, dass es eindeutig sei, haben nun alle AfD-Gegner in Parteien und Funkhäusern ein neues Werkzeug, die ungeliebte Konkurrenz von rechts wieder intensiv abzubügeln.

„Positionen, Haltungen, Äußerungen dürfen nicht einfach unkommentiert neben die anderer Parteien gestellt werden“
, sagt Mike Beuster, Sprecher Tausender Journalisten in Deutschland. Warum eigentlich nicht? Warum dürfen diejenigen, die uns bei Corona belogen haben, weiter ihre Worthülsen vor TV-Kameras verbreiten, ohne dass ihnen jemand ins Wort fällt? Warum dürfen die Erben der DDR-Staatspartei unkommentiert ihre sozialistischen Fieberträume im Fernsehen verbreiten. Aber die AfD „darf nicht unkommentiert bleiben“?

Es gibt Gründe, insbesondere auch Personen, die es notwendig machen, die AfD im Auge zu behalten. Aber die Behandlung der AfD und ihrer Vertreter im Bundestag und in einigen Landtagen ist weder fair noch demokratisch. Das Vorenthalten von Ausschussvorsitzen, das Vorenthalten von Geld für eine Stiftung, der Sitz im Präsidium – klar, das alles muss mit Mehrheit beschlossen werden. Und wenn es nicht mit Mehrheit beschlossen wird, dann findet es nicht statt.
Allerdings muss man den Bürgern dann auch sagen, warum das so gemacht wird. Dass sie irgendwie rechts seien ist angesichts der feixenden Rechtsnachfolger der SED im Bundestag nicht ausreichend. So sieht jeder, dass es nicht um Schutz der Verfassung geht, sondern dass die verfassungsmäßigen Rechte der AfD selbst untergraben werden. Was wiederum dazu führt, dass die AfD von noch mehr Bürgern gewählt und unterstützt wird, die sehen, dass das ungerecht ist, was hier passiert.

Das Magazin FOCUS hat durchzählen lassen

Im vergangenen Jahr waren nur 2,6 Prozent der Talkshowgäste bei „Caren Miosga“, „Hart aber fair“, „Maischberger“, „Maybrit Illner“ und „Markus Lanz“ AfD-Politiker. Die Partei liegt Kopf-an-Kopf in den aktuellen Umfragen mit der Union, deren Politiker aber über 30 Prozent der Talkshowgäste 2024 stellten.
Natürlich gibt es die redaktionelle Unabhängigkeit, wen die Sender einladen, das ist ihre Sache. Aber man merkt – frei nach Goethe – die Absicht und ist verstimmt. Weil das mit Journalismus nichts mehr zu tun hat, was da stattfindet. Aber es ist natürlich gegen Rechts…irgendwie….

Bildquelle:

  • Anti_AfD_Demo: depositphotos

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.