Von der Schönheit, die alte Heimat wieder zu spüren

Liebe Leserinnen und Leser,

jeder Mensch strebt irgendwann danach, seine eigenen Wurzeln kennenzulernen. Denn nur aus dieser Grundlage heraus versteht man das eigene Leben wirklich und vollständig. Ich war gestern Abend in Lemgo, also in meiner Heimat im Fürstentum Lippe, immerhin einer von drei Landesteilen Nordrhein-Westfalens neben Westfalen und dem Rheinland.

Lemgo hat über 40.000 Einwohner, eine Fachhochschule und ein Hexenbürgermeisterhaus. Gerade ist eine Art Stadtfest hier, es gibt Flammkuchen, gegrillten Lachs im Brötchen, kalten Grauburgunder und Detmolder Landbier. Kann man machen. Lemgo ist Hansestadt und außerdem Weltmarktführer in Sachen Lebkuchenherzen.

Ich war mit einem Freund unterwegs, der mich eingeladen hat. Zu Beginn des Abends, wir hatten zwei weitere Männer getroffen, unterhielten wir uns beim Bier noch kurz über die anstehende Bundestagswahl und warum man – bei allem ehrlichen Bemühen – weder Laschet noch Baerbock noch Scholz mit gutem Gewissen wählen kann. Aber im weiteren Verlauf des Abends kommen unwillkürlich die Erinnerungen, auch wenn sie locker 40 Jahren vorbei sind. In Lemgo lernte ich Marina, meine erste große Liebe, kennen. Wir düsten mit dem Kreidler-Mofa hier jeden Tag durch die Gegend, feierten mit Freunden und tranken Herforder Pils, und mit meinem Mädel ging ich zum Knutschen in den Wald. 40 Jahre ist das her, und wenn ich da mit meinem Kumpel noch ein Landbier bestelle, denke ich: Wirklich schön hier. Meine Heimat.

Will nicht irgendwie jeder von uns auf der großen Reise durchs Leben irgendwann wieder am Ausgangspunkt ankommen? Bestimmt nicht jeder, klar, aber es ist so schön und bodenständig, wie ich im Grunde ja auch bin. Mein Fußballverein ist 20 Kilometer entfernt, man isst hier Schnitzel mit Tomaten und Mozarella überbacken, Pommes mit Majo oder lippischen Pickert.

Ich habe den Abend wirklich sehr genossen, am Morgen gibt es geschäftliche Gespräche beim Frühstück, denn im – einst – roten Lippe gibt es auch heute eine Menge zu tun, um die Verhältnisse zu ändern.

Wer weiß, vielleicht werde ich irgendwann wieder zurückkehren in die alte Heimat, da, wo einmal alles begonnen hat. Aber erst, wenn ich alt bin.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.