von KLAUS KELLE
WASHINGTON DC – Ob das gutgeht, haben sich viele Kommentatoren und Regierungen in Europa gefragt, als Giorgia Meloni von der rechten Fratelli d’Italia die Regierung in Rom übernahm. Heute zeigt sich, dass die angriffslustige und überaus sympathische Politikerin die Blaupause für ein anderes, selbstbewusstes Europa darstellt.
Für eine Rechte, die in der Migrations- und Familienpolitik einen klaren Kurs hält, die dafür sorgt, dass in Italien neue Arbeitsplätze entstehen und die Inflation sinkt, und die mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) offensichtlich bestens klarkommt, so gut, dass ein Fratelli-Mann vergangenes Jahr in die Führungsspitze der Kommission aufgenommen wurde.
Und warum gelingt Meloni das, wovon rechte Parteien wie die deutsche AfD nicht einmal zu träumen wagen?
Weil sie persönlich, ihre Fratelli und die Regierungspartner von Lega und Forza Italia nicht wackeln, sondern wissen, wer sie sind und wo sie stehen.
So ging Melonis erste Reise nach ihrer Wahl zum amerikanischen Präsidenten, um zu zeigen, dass auch das „rechte“ Italien ein verlässlicher Partner der NATO sein wird – Unterstützung der angegriffenen Ukraine inklusive.
Und Rom nutzt unter Meloni die Chancen, die sich für selbstbewusste Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) bieten. Kein Wackeln, Italien ist Europa, so wie Deutschland, die Niederlande und Polen Europa sind.
Es war ja schon interessant zu sehen, wie die AfD herumeierte, als Donald Trump der ganzen Welt den Zollkrieg erklärte.
Europa müsse nun geschlossen auftreten gegenüber den USA hörte man da aus der AfD-Bundestagsfraktion, weil man zu begreifen scheint, dass bei großen Krisen und Handelskriegen Deutschland allein nichts zu melden hat. Europa ist unsere Zukunft, ein anderes, als wir die vergangenen Jahre erlebt haben, aber ein wirtschaftlich starkes Europa, zusammen mit den Nordamerikanern – das ist wirtschaftlich und militärisch nicht zu schlagen.
Und zuvor? Da schwurbelte man bei den Blauen vom „Dexit“, davon den Euro abzuschaffen und die EU verlassen zu wollen. Und man müsse darüber nachdenken, die NATO zu verlassen, fieberträumte Parteichef Tino Chrupalla. Erfreulich, dass er nicht noch Dugin in dem Zusammenhang zitierte…
Gestern war Italiens beeindruckende Ministerpräsidentin wieder in Washington DC, saß vor dem Kamin im Weißen Haus, wo alle Besucher von Donald Trump sitzen müssen, um sich mit den Spitzen seines Kabinetts und einer Horde wilder Journalisten auseinanderzusetzen. Und sie meisterte es wunderbar.
„Ich möchte Präsident Trump dafür danken, dass er die Einladung angenommen hat, Rom in naher Zukunft einen offiziellen Besuch abzustatten und bei dieser Gelegenheit auch die Möglichkeit eines Treffens mit Europa in Betracht zu ziehen“, verriet Meloni nach den Konsultationen mit den Amerikanern vor dem Pressetermin. Eine Nachrichten-Bombe.
Denn Trump, der zuletzt keine Gelegenheit ausließ, verächtlich über die Europäer zu reden, die angeblich „nicht nett“ zu Amerika gewesen seien in der Vergangenheit, hat die Einladung Melonis angenommen und wird demnächst nach Italien reisen – die erste Tour nach Europa seit seiner Amtsübernahme. Und, besser noch, dort wird er nicht nur Spaghetti essen und Wein mit Frau Meloni trinken, sondern sich mit den Spitzenleuten der EU zusammensetzen und über die Beilegung des drohenden Zoll-Krieges zu sprechen. Ich bin gespannt, ob Frau von der Leyen dabei sein wird, die seit Wochen versucht, einen Termin beim Dealmaker in Washington zu bekommen – bisher erfolglos. Auf jeden Fall sagte Trump vor dem Kamin, er sei 100% sicher, dass es in Kürze eine einvernehmliche Einigung mit den Europäern in dieser Frage geben werde.
Der amerikanische Präsident ist ganz offensichtlich sehr beeindruckt von der Italienerin, die er einen „ganz besonderen Menschen“ und „einen Freund“ nannte. Meloni stellte dennoch klar, dass sie einen Zollkrieg – der besonders die italienische Autoindustrie treffen würde – für falsch halte. Und außerdem sei sie nicht die Vertreterin der EU, aber sie empfehle, dass Amerikaner und Europäer wieder an einem Tisch miteinander reden.
So macht man Realpolitik
Und so etwas beeindruckt Donald Trump, der ohne Zweifel mit allen Wassern gewaschen ist.
Meloni ist inzwischen zurück in Rom, US-Vizepräsident JD Vance fliegt direkt hinterher, um sofort weiter zu verhandeln.
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- Giorgia_Meloni_6: depositphotos / ale-mi