Warum nur? Als Kunde bin ich doch König….

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

eben komme ich aus dem Frühstücksraum eines nicht luxuriösen aber schönen Hotels in Thüringen. Der Frühstücksraum – mit direktem Blick auf die majestätische Wartburg vor blauem Freistaats-Himmel – war rappelvoll. Deshalb schlenderte ich auf dem Weg zu meinem Zimmer bei der Rezeption vorbei, wo niemand sonst stand. Ich bat die freundliche Dame, ob sie mir schon mal die Rechnung vorbereiten und ausdrucken könne, damit, wenn ich in 20 Minuten mit meiner Reisetasche zurückkomme, um zu zahlen, ich nicht in einer langen Schlange warten, sondern zügig bezahlen könne.

Das sei leider nicht möglich, entgegnete sie mir, und ich frage mich: WARUM NICHT???
Jetzt werden die Scharfsinnigen unter ihnen denken: Warum zahlt der Kelle dann nicht gleich, und ja, stimmt. Ist eine Marotte von mir, dass ich erst zahle, wenn ich das Zimmer geräumt habe. Ist aber meine Entscheidung. Und ich bin Kunde.

Ich bin zu alt, um mich noch über solche Kleinigkeiten im Alltag aufzuregen. Gehe ich halt jetzt packen und stelle mich nachher 10 Minuten da an. Aber diese Servicewüste ist manchmal nur schwer zu ertragen, auch wenn es nur um alltägliche Kleinigkeiten geht. Das haben wir noch nie so gemacht…wie ich diesen Satz hasse.

Es erinnert mich an ein geschäftliches Treffen mit einem Manager von Gruner & Jahr 1991 im Magdeburger „Ratskeller“. Mindestens 50, 60 runde Tische mit Stühlen standen dort und nicht ein einziger Gast außer uns. Niemand. Wir gehen also rein und suchen uns einen leeren Tisch im leeren Ratskeller aus, um Platz zu nehmen, da rennt ein Kellner herbei, um uns zu belehren, dass wir bitte wieder zum Eingang gehen müssen, weil wir „platziert“ würden. Wir schauten uns um, ob vielleicht irgendwo Kurt Felix mit der „Versteckten Kamera“ auftaucht, aber der Mann in Weiß mit der schwarzen Weste meinte das ernst. Wir gingen zurück zur Tür, standen da zwei Minuten, dann kam derselbe Kellner und führte uns zu unserem Tisch. Spooky war das…

Und bevor mich wieder jemand beschimpft, dass ich Wessi schlecht über Ostdeutschland schreibe – überhaupt nicht. Ich wohne da seit einiger Zeit und ich liebe es, dort zu wohnen.

Es hat überhaupt nichts mit Ost oder West zu tun, es hat was mit fehlendem Kundenservice zu tun, den ich in Westdeutschland natürlich genauso erlebe wie hier. Etwa, wenn ich in einem DM-Markt am Niederrhein an einer von zwei Kassen anstehe. Links mit mir sieben Kunden, rechts an der Kasse acht Kunden in der Bezahlschlange. Da steht „unsere“ Kassiererin plötzlich auf und bittet uns, zur Kollegin rechts zu wechseln, weil sie jetzt Mittagspause habe. Und wir trotteln natürlich alle leise murrend rüber. Manteltarifvertrag muss sein.
In Amerika hätte in dieser Situation jemand eine Schusswaffe gezogen und es wäre eng geworden für die Kassiererin.

Einen schönen Sonntag Ihnen allen!

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.