Opfer zweiter Klasse: Zwei tote Jungs, um die niemand eine Träne vergießt

Flackernde Trauerkerzen in Oberhausen.

von BORIS REITSCHUSTER

OBERHAUSEN – Man lernt bekanntlich nie aus. Als Journalist bekommt man das immer wieder besonders drastisch vorgeführt – wenn man sieht, dass andere ein Thema aufgegriffen haben, das man eigentlich selbst auch hätte aufgreifen müssen. Und wenn sie es noch dazu so gut aufgegriffen haben, dass man sich sagt: Das hätte ich wohl selbst nicht so gut auf den Punkt gebracht.

So ging es mir heute mit einem kurzen Text, den ich bei Yvonne Kussmann, einer Bekannten und scharfsinnigen Beobachterin des Zeitgeschehens, gefunden habe. Sie hat auf „X“ Folgendes geschrieben:

„Zwei ukrainische Jungs, die Schutz in Deutschland erhielten, werden von einer Bande Migranten auf offener Straße getötet. Außer ein paar Meldungen in diversen Medien geschieht nichts. Kein einziger Politiker äußerte sich bis dato.“

Und jetzt stellen wir uns einfach mal kurz vor, die zwei jungen ukrainischen Flüchtlinge wären von Deutschen getötet worden. Sämtliche Politiker würden sich in Mitleidsbekundungen überbieten und 24 Stunden am Tag vom dringend notwendigen Kampf gegen rechts reden. Die Medien würden sich überschlagen und die Tat wäre Meldung 1 in der Tagesschau. Jährlich würde es zum Tattag Gedenkveranstaltungen geben, usw. Aber so?

„Sorry, Artem und Volodomyr…..weil eure Mörder Migranten sind, seid ihr Opfer zweiter Klasse, denen die politisch Verantwortlichen keine Träne nachweinen im besten Deutschland, das wir je hatten.“

Mir blieb einfach die Sprache weg, als ich das gelesen habe. Und – da mache ich keinen Hehl daraus – ich musste fast weinen. Wohl, weil Yvonne Kussmann so exemplarisch die ganze Ungerechtigkeit, Scheinheiligkeit und Doppelmoral unserer Zeit auf den Punkt bringt.

Denn jeder Satz aus dem Text trifft einen wie ein Pfeil, wie eine Nadel.

Was ist nur mit unserem Land los? Wie konnte es so weit kommen? Und vor allem: Warum lassen es so viele weiter geschehen?

Fragen über Fragen.

Und so wenig Antworten.

Dieser Text erschien zuerst auf der Seite www.reitschuster.de.

Bildquelle:

  • Kerzenlicht: depositphotos

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.