2 Tote und mehr als 30 Verletzte nach Explosion im Chempark Leverkusen

Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr unweit einer Zufahrt zum Chempark. Foto: Oliver Berg/dpa

von ULLI BRÜNGER, YURIKO WAHL-IMMEL & ERICH REIMANN

LEVERKUSEN – Bei einer verheerenden Explosion in einer Müllverbrennungsanlage im Chempark Leverkusen sind mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Beschäftigte wurden am Dienstagabend noch vermisst.

«Die Suche nach den Vermissten läuft weiter auf Hochdruck. Leider schwindet die Hoffnung, sie lebend zu finden, zusehends», sagte Chempark-Leiter Lars Friedrich laut Mitteilung. Die Zahl der Verletzen wurde vom Betreiber wie von der Polizei mit 31 angegeben.

Wie viele Menschen noch dem Unglück noch gesucht werden, war zunächst nicht genau klar. In der Mitteilung des Betreibers vom Abend hieß es: «Vermisst werden noch fünf Mitarbeiter*innen, die Suche nach ihnen läuft weiterhin auf Hochdruck.»

Weiter Hoffnung, Vermisste noch lebend zu finden

«Wir sind tief betroffen über diesen tragischen Unfall und den Tod eines Mitarbeiters. Unser besonderes Mitgefühl gilt vor allem den Angehörigen, aber auch den Kollegen, die mit ihm zusammengearbeitet haben», sagte Chempark-Leiter Friedrich. Es seien schwere Stunden, viele Anwohner hätten Angst, berichtete Friedrich bei einem eilig anberaumten Pressetermin am Nachmittag. Man habe Hoffnung, die Vermissten noch lebend zu finden.

Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) sprach von einem «tragischen Tag» für die Stadt mit ihren mehr als 167.000 Einwohnern, die eng mit der Chemie verbunden sei. Auch er selbst habe die Erschütterung gespürt.

Den Bewohnern des Rheinlandes machte der Vorfall auch deshalb so große Sorgen, weil sie innerhalb weniger Wochen ein weiteres Mal bang auf die Warn-Meldungen der Behörden blicken mussten. Jüngst hatte man ja schon die Hochwasserkatastrophe erlebt – in Leverkusen etwa musste eine Klinik zeitweise geräumt werden. Nun erneut eine Gefahr, wieder vom Himmel.

Explosion war zehn Kilometer weit zu hören

Die gewaltige Explosion, die laut Zeugenaussagen noch im Umkreis von gut zehn Kilometern zu hören war, ereignete sich nach Angaben des Betreibers gegen 9.30 Uhr im Tanklager des Entsorgungszentrums Bürrig. Die Ursache war zunächst unklar. Eine gewaltige Rauchwolke stieg auf. Die Erschütterung war derart heftig, dass sogar mehrere Stationen des Geologischen Dienstes Nordrhein-Westfalen sie messen konnten. Unter anderem sei sie an einer Station im Hespertal registriert worden – rund 40 Kilometer entfernt.

Nach der Explosion brannte das Tanklager mit Lösungsmitteln stundenlang, ehe das Feuer am Mittag unter Kontrolle und weitgehend gelöscht war. «Die Löscharbeiten mussten warten, bis eine Stromleitung vom Netz getrennt war», erklärte die Stadt. Sogar die Feuerwehr im rund 60 Kilometer entfernten Dortmund warnte vor möglichen Geruchsbelästigungen.

Anwohner wurden vorsorglich aufgefordert, geschlossene Räume aufzusuchen sowie Fenster und Türen geschlossen zu halten. Erst am Nachmittag hob Leverkusen die Warnung für die meisten Stadtteile wieder auf – nur im besonders betroffenen Stadtteil Bürrig galt sie weiterhin. Die Stadt sperrte zudem vorübergehend nahe gelegene Spielplätze. Wegen des möglichen Schadstoffausstoßes wurden Anwohner zudem vor dem Verzehr von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten gewarnt. Eine Einschätzung, ob in den Niederschlägen nach dem Brand «relevante Stoffe» zu finden seien, sei nach Auskunft des Landesumweltamtes (LANUV) noch nicht möglich.

Keine Gefahr für die Bevölkerung

Zahlreiche Einsatzkräfte der Werksfeuerwehr, der Polizei sowie Luftmesswagen waren bei dem Unglück im Einsatz. Erste Luftmessungen der Umweltschutzeinheiten im Kölner Norden ergaben laut Feuerwehr, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestand. Die Messungen würden fortgesetzt. Gleichwohl wurden Autofahrer in der Region zunächst aufgefordert, Fahrzeugfenster geschlossen zu halten.

Wegen der «größeren Schadenslage» wurden zahlreiche Autobahnen vorübergehend gesperrt. Von der Vollsperrung betroffen waren das Autobahnkreuz Leverkusen-West, die A1 zwischen dem Autobahnkreuz Leverkusen und Köln-Nord, die A3 zwischen dem Autobahnkreuz Leverkusen und dem Autobahndreieck Langenfeld sowie die A59 zwischen Autobahnkreuz Monheim-Süd und Autobahnkreuz Leverkusen-West, wie die zuständige Autobahn GmbH mitteilte. Sofort eingestellt wurden auch die Arbeiten an der unmittelbar angrenzenden Baustelle der Leverkusener Rheinbrücke. Selbst die Rheinfähre «Fritz Middelanis» stellte den Betrieb zwischen Köln-Langel und Leverkusen-Hitdorf für mehrere Stunden ein.

Der Chempark ist nach Unternehmensangaben einer der größten Chemieparks Europas. An den drei Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen sind über 70 Firmen angesiedelt.

Bildquelle:

  • Chempark Leverkusen: dpa

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren