Heute vor 22 Jahren starb der große konservative ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal

Konservativer ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal.

von Dr. STEFAN WINCKLER

MAINZ – Heute vor 22 Jahren starb das ZDF-Urgestein Gerhard Löwenthal, ein Journalist und Moderator, wie es heute im linkswoken öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht einmal mehr vorstellbar wäre. Wer war dieser Journalist, der die Fernseh-Nation Woche für Woche in zwei sich feindlich gegenüberstehende Lager spaltete, wie es der „Spiegel“ vor 52 Jahren behauptete?

1922 in Berlin geboren, sein Vater ein Herrenkonfektionär, ein Jude

Löwenthals Lehrer waren meist bürgerlich-konservativ, selten nationalsozialistisch. Allerdings griffen HJ-Schläger Löwenthal mehrfach an, weswegen er im Sportclub „Makkabi“ Boxunterricht nahm und sich fortan wirkungsvoll verteidigte. Er erlebte die schrittweise Entrechtung der Juden und die Pogromnacht am 9. November 1938. Anschließend musste er wie alle jüdischen Schüler das Gymnasium verlassen. Zusammen mit seinem Vater wurde er für eine Woche in das KZ Sachsenhausen verschleppt.

Der Kriegsausbruch verhinderte, dass er nach Großbritannien entkam, wie sein jüngerer Bruder Herbert. In den folgenden Jahren lernte er das Optikerhandwerk bei einem wohlgesinnten Lehrmeister. Einer Deportation entging er, da der Betrieb als „kriegswichtig“ galt und die Mutter „alle Hebel in Bewegung setzte“. Löwenthal befand sich wochenlang in Gestapo-Haft, da er Juden unterstützt, einige sogar versteckt hatte. Als Träger des Gelben Sterns war er ohnehin auf das Höchste gefährdet. Fast alle seiner jüdischen Verwandten wurden damals ermordet.

Gerhard Löwenthal blieb nach dem Krieg in Berlin

Wegen der Eltern, in Erinnerung an Helfer in der Not, und weil er auf eine bessere, demokratische Zukunft vertraute. 1946 begann er ein Medizinstudium an der Universität Unter den Linden, wo ihn der zunehmende kommunistische Einfluss alarmierte. Gleichzeitig arbeitete er als Reporter für den neuen Radiosender RIAS. Löwenthal berichtete über den Verfall der Wissenschaftsfreiheit in der Ostzone, half dort konspirativ mit Büchern aus, moderierte die RIAS-Funk-Universität und unterstützte die Gründung der Freien (FU) – all dies bereits 1948, im Alter von 25 Jahren. 1963 gewann ihn der Chefredakteur des ZDF, Wolf Dietrich, für die Stelle des ersten ZDF-Korrespondenten in Brüssel.

Als der ZDF-Fernsehrat ein politisches Meinungs-Magazin forderte, war Löwenthal einer der Kandidaten für Redaktionsleitung und Moderation, den auch die SPD-Vertreter favorisierten. Für ihn war das grundgesetzlich fixierte Ziel der Deutschen Einheit ausschlaggebend. Damit befand er sich im Einklang mit den Leitlinien des ZDF-Staatsvertrags: „Die Sendungen sollen v.a. der Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit dienen (…). Sie müssen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechen“.

Im „ZDF-Magazin“ informierte er u.a. über Linksradikalismus an Schulen und Universitäten, die sowjetische Aufrüstung, Infiltration durch die DDR, den Eisernen Vorhang. Permanent rügte er Menschenrechtsverletzungen in der DDR und der Sowjetunion. Spätestens 1989/90 zeigte sich, dass Löwenthal und die Magazin-Redaktion den „real existierenden Sozialismus“ weitgehend zutreffend dargestellt hatten.

Den Ost-West-Konflikt sah Löwenthal im weltweiten Maßstab

Er suchte mit einem Kamerateam Brennpunkte wie Afghanistan/Pakistan und das rohstoffreiche südliche Afrika mit seinen Stellvertreterkriegen auf. Die Vereinigten Staaten waren für ihn ein zweites Vaterland; ähnlich wie sein Freund Axel Springer bewunderte er den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan. Löwenthal stand wie Prof. Elisabeth Noelle-Neumann und Johannes Gross für einen freiheitlichen, auf die Bewahrung von Rechtsstaat, Demokratie und Marktwirtschaft ausgerichteten Konservatismus.

Löwenthal gelang es, die prominentesten Politiker und Wissenschaftler ins Sendestudio zu holen. Er ließ sich von Drohbriefen der Antisemiten, Extremisten und arabischen Israelfeinden nicht von seinem Weg abbringen. Rund zehn Jahre lang stand er wegen des RAF-Terrors unter Polizeischutz. Aus heutiger Sicht mag der Moderator übermäßig grimmig und bärbeißig erscheinen, doch kann dieses Auftreten als „authentisch“ angesichts der ernsten Themen und der eigenen Erfahrung angesehen werden.

Für die einen Zuschauer war er ein Held, die anderen konnten ihn nicht ausstehen. Aber: Er war als Holocaust-Überlebender glaubwürdig in seiner Einstellung für die Menschenrechte und gegen totalitäre Systeme.

Das ZDF in Person von Intendant Dieter Stolte und Chefredakteur Klaus Bresser nutzte Löwenthals Pensionsberechtigung 1987, um das Magazin nach 583 Folgen zu beenden. Ein Angebot, als freier Mitarbeiter seine regen journalistischen Kontakte zu nutzen, blieb aus: Der bekenntnisfreudige Konservative hatte wenige politische Freunde unter den Kollegen. Ein Dank des Arbeitgebers: Fehlanzeige, trotz seiner Zugehörigkeit seit der „ersten Stunde“.

Ein TV-Auftritt hier :

Gerhard Löwenthal verstarb am 6.12.2002 in Wiesbaden, zwei Tage vor dem 80. Geburtstag.

Literatur

Winckler, Stefan: Gerhard Löwenthal. Ein Beitrag zur politischen Publizistik der Bundesrepublik Deutschland (Biographische Studien zum 20. Jahrhundert, Bd. 1). Berlin: BeBra Wissenschaft, 2011.

Bildquelle:

  • Gerhard_Löwenthal: imago

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