Eine ganze Woche für die Freiheit – Berlin setzt Maßstäbe

Eröffnung der Brliner Freedom Confernce

von MARTIN EBERTS

BERLIN – Haben Sie schon von der „Berlin Freedom Week“ gehört? Offiziell eröffnet am 9. November, mit einem Auftritt des Berliner Regierenden Bürgermeisters am 10.11., aber schon vorbereitet durch phantastische öffentliche Veranstaltungen in den Tagen davor. Abschluss am 15.11. Ein neues Format und ein sehr notwendiges! Etwas für Menschen, denen ihre Freiheit und auch die der Verfolgten und Geknechteten dieser Welt am Herzen liegt. Nichts für kreischende SED-Nostalgiker, salbadernde Putin-Sykophanten oder besserwisserische Xi Jinping-Claqeure.

Von Repression und Widerstand

Mehr als 130 Veranstaltungen an 80 Orten in Berlin, mit echten Experten (nicht nur meinungsstarken Kommentatoren) und ausgewiesenen Wissenschaftlern, mit Künstlern und vielen beeindruckenden Zeitzeugen – das war ein beeindruckendes Zeugnis von Freiheit und Unterdrückung, mutigem Widerstand und perfider Verfolgung. Schon das bloße Studium des Programms dieser Woche sagte zehnmal mehr über Freiheit und Rechtsstaat, ihre Gefährdung und ihre Verteidigung, als die ganze Rede des Bundespräsidenten zum 9. November. Sehen Sie sich einfach noch einmal die gut gemachte Webseite der Berlin Freedom Week an!

Schwaches Medienecho

Warum nur die Medien so wenig berichteten und so verhalten reagierten? Lag es an den Organisatoren, an der Beteiligung von Springer und Adenauer-Stiftung und dem Schwerpunkt Aufarbeitung der SED-Diktatur? War es Furcht vor chinesischem Zorn, wegen der Prominenz Taiwans? Oder lag es gar an der Beteiligung von Yad Vashem und dem gänzlichen Fehlen von hochgejubelter Palästina-Seligkeit? Wie dem auch sei; die Veranstaltungen waren dennoch gut besucht, die Diskussionen lebhaft und der Erkenntnisgewinn – besonders bei den vielen jungen Leuten – sehr groß.

Eine Bühne für Taiwan

Zu den echten „Highlights“ zählte die Teilnahme der ehemaligen taiwanischen Staatspräsidentin Tsai Ing-wen. Sie hielt eine Rede vor der „Berlin Freedom Conference“ am 10. November, in der sie, diplomatisch zurückhaltend in Stil und Duktus, aber inhaltlich deutlich genug, dazu aufrief, nicht nur von „Wertegemeinschaft“ zu reden, sondern daraus auch Taten abzuleiten. Anschließend durfte sie im Deutschen Bundestag an einem Empfang zu ihren Ehren teilnehmen. Und das war fast schon eine erste Antwort auf ihre Bitte, denn noch vor nicht allzu langer Zeit wäre das unmöglich gewesen. Aus Angst vor Peking.

Happy End mit Präsidentin…?

Im persönlichen Gespräch am Rande des Empfangs erinnerte sich Frau Tsai, dass sie vor Jahren, unmittelbar nach ihrer Wahl zur Präsidentin, aber noch vor Amtsantritt, nicht einmal am Frankfurter Flughafen hatte umsteigen dürfen. Damals wollte sie nach London, wo sie studiert hatte und noch einmal ihre Alma Mater zu besuchen plante, wohl wissend, dass die europäischen „Wertepartner“ sehr bald einen eisernen Vorhang vor ihr herunterlassen würden, sobald sie ihr Amt als Präsidentin der freien „Republik China / Taiwan“ angetreten hätte. Dazu gibt es sogar eine EU-Absprache, wer alles aus dem freien Taiwan nicht einreisen darf, auf dass die Volksrepublik China nicht gereizt werde… Die deutsche Bundesregierung verbot damals schon vor Amtsantritt von Frau Tsai ihre Zwischenlandung auf deutschem Boden, in vorauseilender Rücksichtnahme auf die Gefühle des Regimes in Peking.

Dem Verfasser dieser Zeilen gegenüber hatte sich Frau Tsai damals mit den Worten beklagt „you owe me a trip to Germany!“ Wie schön, dass das jetzt möglich wurde! Mit vergleichsweise geringem zeitlichem Abstand zum Ende ihrer Amtszeit als Präsidentin. Darüber bei einem offiziellen Termin im Deutschen Bundestag lachen zu dürfen, war für alle Beteiligten wohltuend. Es ist anzunehmen, dass die chinesische Botschaft in Berlin entsprechend zornig reagiert hat, klugerweise allerdings nicht zu sehr vor den Augen der Öffentlichkeit. Auch wissen die chinesischen Diplomaten in Berlin inzwischen, wie eigensinnig Abgeordnete des Bundestags sein können, wenn sie merken, dass man sie unter Druck zu setzen versucht. Das ist auch ein Zeichen der Zeit, ausnahmsweise mal ein gutes…

Taiwan spielte überhaupt eine gute Rolle im Kontext der Freedom Week, mit gleich mehreren Veranstaltungen. Das entspricht der gestiegenen Aufmerksamkeit für das Schicksal der kleinen Insel vor der Küste Chinas, auf der jeden Tag bewiesen wird, dass chinesische Tradition und Kultur sich wunderbar mit Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat verbinden lässt. Nichts ärgert die kommunistische Partei in Peking mehr als das.

Eine Leerstelle

Die Organisatoren der Berlin Freedom Week haben ganze Arbeit geleistet und eine beklagenswerte Leerstelle gefüllt. Der Wert der Freiheit und die Notwendigkeit, sich bei ihrer Verteidigung global zu vernetzen, war Tag für Tag auf den verschiedenen Foren mit Händen zu greifen. Bravo!

Nur ein kleiner Wermutstropfen: Eines der weltweit am stärksten zunehmenden Menschenrechtsprobleme kam zu kurz: der rapide Niedergang der Religionsfreiheit. Von der Flut der immer brutaleren Christenverfolgungen war nur am Rande die Rede. Das Thema stand für einen Panel über das Mullah-Regime mit auf dem Programm, hatte jedoch kein eigenes Forum. Dem mehr Aufmerksamkeit zu schenken, das wäre ein Desiderat für die nächste Freedom Week! Und eine solche sollte es unbedingt geben!

Bildquelle:

  • Berlin_Freedom_Week: visit berlin / Dirk Mathesius

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