BUCHKRITIK: Wer keine Verantwortung übernehmen will, sollte wenigstens zurücktreten

Die Getriebenen von Robin Alexander

von MARTIN D. WIND

Am 13. März erscheint im Siedler-Verlag das Buch „Die Getriebenen“ von Robin Alexander, Redakteur bei der Tageszeitung „Die Welt“, zuständig für die Berichterstattung über das Kanzleramt und die Kanzlerin. Alexander schildert in seinem Buch unter anderem Ereignisse von September 2015, kurz nachdem Bundeskanzlerin Merkel durch unbedachte, öffentliche Äußerung und „Selfies“ mit kurz zuvor angekommenen Menschen aus europäischen Drittstaaten eine der größten Einreisebewegungen in der Geschichte Deutschlands ausgelöst hatte. Diese Bewegung hält bis heute vermindert an. Aber es ist kein konkreter, politischer Wille erkennbar, sie zu stoppen.

2015, im ersten Jahr dieser unkontrollierten Einreise, kamen nach ungenauen Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) rund  890.000 Menschen nach Deutschland. Fachleute gehen allerdings davon aus, dass die tatsächliche Zahl der illegal Eingereisten bei rund 1,2 bis 1,3 Millionen Menschen liegt. 2016 waren es, ebenfalls nach Angaben des BAMF, rund 280.000. Auch hier sprechen Fachleute von einer hohen Dunkelziffer.

Der Logik der Asyl- und Flüchtlingsrechtslage entsprechend, haben wir auch damit zu rechnen, dass viele der Menschen, die in Deutschland einen legalen Aufenthaltsstatus erlangen, ihre Familien nachholen werden. „Familie“ bedeutet nicht etwa drei bis vier weitere Personen. In den Kulturkreisen, aus denen die meisten Eingereisten stammen, sind Familien heute noch größer als in Mitteleuropa. Zumindest hier, so ist aus der Regierung zu vernehmen, will man einer erschöpfenden Nutzung dieser Regelungen einen Riegel vorschieben. Nichtsdestotrotz sind auch die bereits hier Angekommenen eine nicht unerhebliche Belastung für unser Volk. Alleine 2015 und 2016 wurden jedes Jahr nur vom Bund rund 22 Milliarden Euro zur Linderung der Not Schutzsuchender ausgegeben. Für die kommenden zehn Jahre rechnet man in Regierungskreisen tatsächlich mit Ausgaben zwischen 200 und 300 Milliarden Euro für die Hilfe für Eingereiste und Fluchtprävention.

Das sind beeindruckende Zahlen. Frau Merkel und ihre Regierung können froh sein, dass wir Deutschen, wir Steuerzahler und unsere Wirtschaft, sie in die Lage versetzen, solche Wohltaten an Hilfebedürftigen leisten zu können. Immerhin gelingt das auf den ersten Blick, ohne dass wir das unmittelbar an unserem Lebensstandard oder an den verfügbaren Einkommen zu spüren hätten. Doch weshalb kam es überhaupt zu dieser Situation, deren rechtliche Hintergründe, Abgründe und Folgen bis heute noch längst nicht weder geklärt noch geahndet sind. Wie konnte eine Bundeskanzlerin Merkel, eine Regierung so weitreichende und gesellschaftsverändernde Geschehnisse zulassen oder gar befördern? Wie konnte eine deutsche Regierung solche Vorgänge ohne Befragung der Volksvertretung, bis heute ohne Beratung im Parlament, demnach hinter dem Rücken des eigentlichen Souveräns vorbei, entscheiden?

Robin Alexander hat darauf eine ernüchternde Antwort: Die Kanzlerin und Teile der Regierung waren sich der Situation sehr wohl bewusst. Sie wussten sogar, wozu sie eigentlich rechtlich verpflichtet und „berechtigt“ gewesen wären. Es wollte jedoch niemand Verantwortung für politisches Handeln übernehmen. Niemand wollte sich so verhalten, wie sie es eigentlich alleine durch ihre politische Aktivität dem Volk versprochen haben und dann in ihrem Amtseid auch noch beschworen. Es sind zwei Sätze aus dem Buch Alexanders die die gesamte Jämmerlichkeit grell beleuchten:

„Die Grenze bleibt offen, nicht etwa, weil es Angela Merkel bewusst so entschieden hätte, oder sonst jemand in der Bundesregierung. Es findet sich in der entscheidenden Stunde schlicht niemand, der die Verantwortung für die Schließung übernehmen will.“

Wie nennt man ein solches Verhalten, wenn sich jemand vor Verantwortung drückt? Das nennt man verantwortungslos. Wir haben demnach derzeit eine verantwortungslose Regierung. Und inkonsequent ist sie auch noch, denn wenn man nicht bereit ist, tatsächlich zu regieren, dann ist man keine Regierung mehr, dann ist man Getriebener und sollte zurücktreten.

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