von DIETRICH KANTEL
KARLSRUHR – Mit seinem Urteil vom 27. April dieses Jahres stärkte der Bundesgerichtshof (BGH) die Verbraucherrechte gegenüber den Banken erneut: Der bisher geübten Praxis der Institute, festgeschrieben auch in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), das Schweigen der Kunden auf angekündigte Gebührenerhöhungen als Zustimmung zu werten, hat das höchste Zivilgericht endgültig die Rote Karte gezeigt. Damit sind alle Gebührenerhöhungen, denen der Bankkunde seit Bestehen seines Kontos nicht ausdrücklich (schriftlich) zugestimmt hat, unwirksam. Was das jeweilige Institut mehr in Rechnung gestellt hat, kann der Kunde nun unter Berufung auf dieses Urteil von seinem Institut zurückfordern. (Aktenzeichen BGH: XI ZR 26/20). Aufgrund von allgemein geltenden Verjährungsvorschriften kann eine Rückforderung jedoch nur noch rückwirkend bis zum 1.1.2018 verlangt werden.
Bankenpolitik: Abwarten und Aussitzen
Erfahrungsgemäß werden die Institute nach diesem Urteil allerdings nicht von sich aus Erstattungen leisten. Zur Geschäftspolitik gehört es bei der weit überwiegenden Zahl der Banken und Sparkassen (wie auch bei fast allen Versicherern), dass in Fällen, in denen gerichtlich zugunsten der Verbraucher entschieden wurde, die Schalter auf „Abwarten“ und „Aussitzen“ gestellt werden. Man setzt auf die Bequemlichkeit der Kunden. Darauf, dass viele oder gar die Mehrzahl sich nicht die Mühe macht nachzurechnen, was da in den letzten Jahren zu viel gezahlt wurde. Wer setzt sich schon gerne ein paar Stunden hin und rechnet anhand der Kontoauszüge und Quartalsabrechnungen nach, was er zurück verlangen könnte. Beim Konto „Normalkunde“ kommen beim Nachrechnen zwar durchaus Beträge von 120-150 Euro heraus. Und führt der Ehepartner vielleicht auch noch ein Konto oder er oder beide zusammen noch weitere Konten, so könnte man durchaus schnell auch auf Rückforderungsbeträge von mehreren hundert Euro gelangen. Dass die Meisten sich diese Mühe von ein paar Stunden Arbeit nicht machen, davon profitieren die Banken. Denn für sie summiert sich die Geschäftspolitik „Erst mal kommen lassen, sonst zahlen wir nicht“ schnell auf hunderte von Millionen Euro, die sie behalten können.
Der Verbraucher muss tätig werden – Ombudsstellen einschalten
Also muss der Verbraucher selber tätig werden. Sonst kommt in aller Regel nichts. BGH-Urteil hin oder her.
Wichtig ist auch noch zu wissen: Auch trotz Aufforderung bleiben dann viele Banken immer noch stur und warten ab oder senden abwiegelnde Vertröstungen. Weiter getreu dem Motto: Aussitzen. Denn auch dann geben viele noch auf, bleiben nicht hartnäckig. Und am Ende für 100 oder auch 250 Euro gleich zum Anwalt ? Wohl möglich auch noch ohne Rechtsschutz im Rücken? Daher wichtig: Es gibt als Anlaufstelle die Ombudsmänner der Bankinstitute. Dort kann man insistieren, sich beschweren. Deren Dienste sind kostenfrei für den Verbraucher. Und spätestens wenn die Ombudsstellen tätig werden, rühren sich die Banken. Erfolgsquote für den Verbraucher bei grundsätzlich berechtigtem Anliegen: 90 Prozent. Hier die drei maßgeblichen Anlaufstellen:
– Schlichtungsstelle Deutscher Sparkassen und Giroverband e.V., Charlottenstr. 47, 10117 Berlin
– Ombudsmann der Privatbanken, Postfach 04 03 07, 10062 Berlin
– Volksbanken u. Raiffeisenbanken BVR, Kundenbeschwerdestelle
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- Bundesgerichtshof_2: bundesgerichtshof