Das Imperium der flachen Pakete: Wie ein 17-jähriger Junge mit IKEA die Welt einrichtete

Ein Wohnzimmer-Regal von IKEA

LEIDEN – Es ist eine der beeindruckendsten Erfolgsgeschichten der modernen Wirtschaftsgeschichte: Ein legasthenischer Junge aus der schwedischen Provinz Småland gründet mit 17 Jahren ein kleines Handelsunternehmen und erschafft daraus eine Marke, die heute – im Jahr 2025 – in fast jedem Wohnzimmer der Welt präsent ist. IKEA ist mehr als ein Möbelhaus; es ist ein kulturelles Phänomen und ein Symbol für „Demokratisches Design“.

Alles begann im Jahr 1943. Ingvar Kamprad gründete IKEA mit dem Geld, das er von seinem Vater für gute Schulnoten erhalten hatte. Der Name ist ein Akronym: Ingvar Kamprad vom Bauernhof Elmtaryd bei Agunnaryd.

Zunächst verkaufte er Kugelschreiber, Bilderrahmen und Geldbörsen per Versand. Erst 1947 kamen Möbel ins Sortiment.

Der eigentliche Geistesblitz, der das Unternehmen für immer verändern sollte, kam 1955. Als der Mitarbeiter Gillis Lundgren die Beine eines Tisches absägte, damit dieser in ein Auto passte, erfand er das Flachpaket. Kamprad erkannte das Potenzial sofort: Wenn der Kunde die Montage übernimmt und die Pakete flach sind, spart das Unternehmen enorme Kosten für Luft im LKW und Personal in der Fabrik. Diese Ersparnis gab er an die Kunden weiter.

Eine Weltkarte in Blau und Gelb

Von Älmhult aus trat IKEA einen beispiellosen Siegeszug an. Nach Norwegen (1963) und Dänemark folgte 1974 der Sprung nach Deutschland – heute der weltweit umsatzstärkste Markt für den Konzern. IKEA verstand es wie kein zweites Unternehmen, lokale Wohnbedürfnisse mit globaler Standardisierung zu verbinden.

Im Jahr 2025 ist die physische Präsenz von IKEA beeindruckend. Der Konzern betreibt weltweit über 470 Einrichtungshäuser in mehr als 60 Ländern. Dabei wagte sich das Unternehmen auch in Märkte vor, die kulturell weit von Schweden entfernt scheinen. Zu den „exotischsten“ oder bemerkenswertesten Standorten gehören:

Marokko: Wo skandinavischer Minimalismus auf nordafrikanische Wohnkultur trifft.
Dominikanische Republik: Ein Brückenkopf in der Karibik.
Indien: Hier musste IKEA sein Sortiment massiv anpassen, da viele Möbel aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und Reinigungsgewohnheiten (Böden werden nass gewischt) auf Beinen stehen müssen.

Die wirtschaftliche Macht von IKEA ist gewaltig, auch wenn das Unternehmen durch seine komplexe Stiftungsstruktur (Stichting INGKA) keine klassische Aktiengesellschaft ist.

Weltweit beschäftigt IKEA heute rund 220.000 Menschen. Im Geschäftsjahr 2024/2025 erwirtschaftete die Ingka Gruppe (der größte Franchisenehmer) einen Umsatz von rund 44,6 Milliarden Euro. Das Vermögen der Stiftungen, die hinter IKEA stehen, wird auf weit über 50 Milliarden Euro geschätzt. Es zählt damit zu den finanzstärksten nicht-staatlichen Organisationen der Welt.

Das Geheimnis des Erfolgs: Psychologie und Köttbullar

IKEA verkauft nicht nur Möbel, sondern ein Erlebnis. Die Einbahnstraßen-Führung durch die Häuser zwingt den Kunden, sich inspirieren zu lassen. Doch der vielleicht genialste Schachzug war die Integration der Gastronomie. Mit den berühmten Köttbullar (und heute zunehmend pflanzlichen Alternativen wie dem Plant-Dog) wurde IKEA zum größten Exporteur schwedischer Esskultur. Die Logik dahinter: „Ein hungriger Magen kauft keine Sofas.“

Am Ende des Rundgangs wartet die Hot-Dog-Bar. Sie ist der psychologische „Peak-End“-Anker: Ein extrem günstiger Snack sorgt dafür, dass der Kunde das Haus mit einem positiven Gefühl der Belohnung verlässt – selbst wenn er gerade hunderte Euro ausgegeben hat.

Im Jahr 2025 steht IKEA vor neuen Herausforderungen

Der Konzern wandelt sich radikal zur Kreislaufwirtschaft. Ziel ist es, bis 2030 ausschließlich recycelte oder erneuerbare Materialien zu verwenden. In vielen Städten gibt es mittlerweile „Second Hand“-Abteilungen, in denen Kunden gebrauchte IKEA-Möbel zurückgeben oder günstig erwerben können.

Gleichzeitig investiert das Unternehmen massiv in KI-gestützte Planungstools. Kunden können ihre Zimmer heute mit dem Smartphone scannen und virtuell mit IKEA-Möbeln einrichten, bevor sie bestellen. Der klassische Katalog, einst in einer höheren Auflage gedruckt als die Bibel, ist zwar Geschichte, doch die Marke ist digital präsenter denn je.

Vom kleinen Bauernhof in Småland bis zum globalen Giganten – IKEA hat das Wohnen demokratisiert. Ingvar Kamprads Vision, „einen besseren Alltag für die vielen Menschen“ zu schaffen, ist heute Realität. Trotz Kritik an der Holzgewinnung oder der Steuervermeidung bleibt IKEA ein Vorbild für logistische Effizienz und emotionales Branding. Die Marke ist das wohl erfolgreichste Beispiel dafür, wie man ein Lebensgefühl in flache Pakete packt und damit die ganze Welt erobert.

Bildquelle:

  • ikea-Regal: adobe.stocvk / mahmud

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