Dieses Ding mit der Heimat – wie kann man da nicht sentimental werden?

Liebe Leserinnen und Leser,

kennen Sie das? Sie kommen nach langer Zeit zurück in Ihre Heimat, und sie sind sofort wieder in dem alten Film drin?

Ich hatte gestern Mittag in meiner lippischen Heimat einen Notartermin, keine große Sache. Ich fuhr von der A2 in Bad Salzuflen raus und mein erstes Ziel war der Friedhof, wo meine Eltern begraben sind. Kurz schauen, ob alles gut gepflegt ist, kurzes Gebet und weiter.

Ich fuhr die Straße „Am kleinen Holz“ bei Sonnenschein entlang, und ich hatte sofort dieses Gefühl wie damals wieder. Immerhin 50 Jahre her. Dieses Gefühl, wissen Sie, was ich meine? Wie damals, als ich hier als kleiner Junge so oft mir dem Fahrrad entlang gefahren bin. Vorbei an dem Haus, wo eine 16-Jährige lebte, die ich…toll fand, aber die mich 13-Jährigen total ignorierte. Wahrscheinlich trage ich heute noch ein verstecktes Trauma in mir deshalb. Ich erinnere mich sogar noch an die Musik, die ich damals immer hörte….“Tiny Dancer“ von Elton John, das gerade wieder in einem Duett mit Britney Spears ganz oben in den Charts stehst. Manche Dinge wiederholen sich.

Die Straße, die Felder, die Bäume, nichts hat sich hier verhändert. Das gleiche Gefühl, als ich dann in dem heruntergekommenen Städtchen Lage war. Die Straßen gleich, die Häuser gleich, hier und da ein Hauseingang neu gemacht. Aber die Shell-Tanke ist noch immer da, das Backstein-Häuschen, wo immer der Schulbus abfuhr, ist heute ein „Asia-Imbiss“, und da, wo damals der SUS Lage seine Fußballspiele absolvierte und ich auf dem Nebenplatz Handball spielte, ist jetzt ein kleiner Park mit Holzbänken und Kinderspielplatz. Und mit einem Parkplatz.

Ich genieße dieses Eintauchen in die Vergangenheit, die Erinnerung an meine wilden und mehrheitlich linksgestrickten Lehrer an der Freiligrath-Realschule, das Knutschen mit Jeanette im Wäldchen und dann die erste große Liebe Marina, mit der ich 18 Jahre zusammenblieb, und zu der ich heute noch guten und freunschaftlichen Kontakt habe und vor allem einen gemeinsamen Sohn.

Man wird geprägt durch das, was man in Kindheit und Jugend erlebt hat, das wird niemand bestreiten. Ich bin sicher, Sie alle verstehen, was ich meine. Die Heimat lässt einen niemals los. Ich besuchte einen Onkel, seit drei Jahren nicht mehr gesehen, dann meinen Patenjungen und seine Frau. An der Straße traf ich zufällig Tante Anneliese und ihren Sohn, die gar nicht fassen konnten, dass ich da plötzlich vor dem Haus stand. Man wird sentimental, wenn man älter wird, und man kann nichts dagegen tun.

Jetzt sitze ich in einem Hotelzimmer in Paderborn, meiner zweitliebsten Großstadt am Teutoburger Wald, in der es leider keinen Fußballverein gibt…. Aber tolle Lokale, wie das „Gaucho“, wo ich mit sieben Brüdern vom Tempelritterorden einen langen Abend verbrachte. Männergespräche, Fleisch und Bier, wunderbar. Heute haben wir unseen Konvent, wo wir viele Stunden besprechen werden, wie wir das christliche Abendland retten wollen. Natürlich Frühstück und Heilige Messe vorher im Hohen Dom zu Paderborn.

Sie merken, wie ich schwelge, wenn ich in Ostwestfalen bin, wie ich eintauche in meine persönliche Vergangenheit, und wie sehr ich meiner Familie, die nie hier gelebt hat, nahebringen möchte, wie schön es hier ist, wo ich großgeworden bin. Und wo der Germanen-Feldherr Arminius 9 nach Christus die als unbesiegbar geltenden römischen Heere des Cherusker-Fürsten Quinctilius Varus nach Strich und Faden verdroschen hat.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren

Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.