Gibt es noch 10 weitere Raffkes in der CDU? Gut möglich, dass das Schlimmste erst noch kommt

von KLAUS KELLE

BERLIN – Bis um 18 Uhr hatten heute alle 244 Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagfraktion die von ihren Anführern geforderte „Ehrenerklärung“ abgegeben, sich in der Corona-Krise nicht persönlich oder über Firmen daran bereichert zu haben. So wie die ehemaligen Kollegen Georg Nüßlein, Nikolas Löbel und Mark Hauptmann aus Thüringen, dem Lobbyarbeit für Aserbaidschan und Tourismus-Werbeanzeigen von dort im örtlichen CDU-Blättchen das politische Genick brachen. Immerhin: Er habe nach eigener Aussage für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken keine Provision erhalten zu haben – was man den beiden anderen vorwirft.

Ist also wieder alles gut in der großen Unionsfamilie? Nichts ist mehr gut, die CDU taumelt einem für sie wohl schrecklichen Wahlsonntag in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg entgegen. Die Beliebtheitswerte des neuen CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet sind eh suboptimal, aber auch sein Gegenkandidat für das Rennen ums Kanzleramt, Markus Söder, verliert gewaltig an Boden in den Umfragen. Markus Söder, der König von Bayern, der noch vor drei, vier Monaten vor Kraft kaum laufen konnte, ist zurück auf der Erde.

Ich weiß nicht, was der „Spiegel“ morgen in seiner gedruckten Ausgabe zu CDU und CSU enthüllen wird, aber ich fürchte, es wird keine guten Nachrichten geben für die „Strategen“ im Konrad-Adenauer-Haus. Hinter vorgehaltener Hand berichten Unionsabgeordnete, dass man von etwa einem Dutzend ähnlich gelagerter Fälle wie bei Nüßlein und Löbel ausgehen müsse: „Da kommt noch was…“

Und schon zwei Stunden später platze die nächste vermeintliche Bombe: Wirtschaftsstaatssekretär Thomas Bareiß von der CDU habe „Bemühungen zugunsten der Ex-Sowjetrepublik Aserbaidschan eingeräumt“, meldete der Nachrichtensender n-tv. Bareiß soll im Auftrag der Regierung in Baku bei einem deutschen Hersteller von Medizintechnik angefragt haben, wie weit es mit der geplanten Lieferung von rund 150 Beatmungsgeräten an die Kaukasus-Republik sei. Der Anruf bei der Firma Löwenstein Medical aus dem rheinland-pfälzischen Bad Ems sei demnach auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 erfolgt, als  Beatmungsgeräte knapp und weltweit gefragt waren.

Rechercheure vom Redaktionsnetzwerk Deutschland RND wollen herausgefunden haben, dass Bareiß telefonisch Druck gemacht habe, Beatmungsgeräte bevorzugt nach Aserbaidschan zu liefern, mit dem Deutschland gute Wirtschaftsbeziehungen unterhalte.  Das RND fand aber auch heraus, dass der Deal letzlich nicht stattgefunden habe und selbst im Wahlkreis des CDU-Politikers Krankenhäuser auf Beatmungsgeräte warten.

Thomas Bareiß war im Januar 2019 jedenfalls mit einer Wirtschaftsdelegation in Baku und wurde dort von Staatschef Ilham Aliyev empfangen. 2018 trat er als Keynote-Speaker auf dem „1. Deutsch-Aserbaidschanischen Wirtschaftsdialog“ auf. Den hatte der gestern zurückgetretene CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Botschafter veranstaltet.

Verstößt das alles gegen Gesetze? Natürlich nicht. Ist es ganz normaler Alltag von Politikern, auch internationale Kontakte zu pflegen. Für mich sieht es jedenfalls so aus. Und wenn ein Land Beatmungsgeräte braucht und ein anderes welche besitzt, warum nicht darüber sprechen? So lange es keine persönlichen Vorteile als Gegenleistung gibt, ist das nicht zu beanstanden.

Doch „die Maskenaffäre wird in der öffentlichen Wahrnehmung klar der CDU zugeordnet“, sagt Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin. Und das kann sich zur Gefahr für die Chancen der bisher klar vorn liegenden Unionsparteien bei der Bundestagswahl Ende September auswirken. Plötzlich erscheint das Unmögliche denkbar, dass es nämlich eine Regierungsmehrheit links der Union  geben kann. Frau Baerbock und Herr Habeck vorn am Kabinettstisch, an den Hebeln der Macht, an den Geldtöpfen. Weihnachten und Ostern auf einen Tag  für illegale Migranten, Gender-Spinner und Sozialisten, die die DDR eigentlich gar nicht so schlecht fanden. Was machen wir eigentlich mit unserem Land? Man kann sich nur noch an den Kopf fassen.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa und der Universität Hohenheim haben in Baden-Württemberg schon 34 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen abgegeben. Das ist ein wichtiger Faktor, denn traditionell sind es besonders Wähler der CDU und der Grünen, die Briefwahl bevorzugen. Viele füllen ihre Stimmzettel gleich aus, wenn sie den Brief im Postkasten haben, und schicken sie ab. Dann hätten viele dieser Wähler den Skandal um die Masken-Raffkes in der Union wohlmöglich gar nicht richtig mitbekommen. Wird das erwartbare Desaster am Sonntag vielleicht gar nicht so dramatisch? Wir werden es sehen, übermorgen um 18 Uhr.

Und alle Infos bekommen Sie nicht nur am Wahlabend schnell und zuverlässig bei Deutschlands neuer und frischen Tageszeitung. Und die heißt TheGermanZ.

 

Bildquelle:

  • CDU_Konrad-Adenauer-Haus_Berlin: cdu

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.