Maike Schulz-Broers: Politik spricht über Landwirte aber nicht mit Landwirten

Maike Schulz-Broers, Sprecherin von "Land schafft Verbindung" e. V.

von MARTIN D. WIND

BERLIN – Deutschland hat einen neuen Landwirtschaftsminister: Cem Özdemir von Bündnis 90/die Grünen. Er wird sich bewähren müssen. Die Landwirte haben Ansprüche an ihn und in den vergangenen vier Monaten hat sich einiges getan – ein Gespräch mit Maike Schulz-Broers, Initiatorin und Gründerin der Bürgerbewegung „Land schafft Verbindung e. V.“

Frau Schulz-Broers, Sie haben Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ein Willkommen geschrieben. Warum?

In der Hoffnung, dass wir – „Neue Besen kehren gut“ – mal eine andere Landwirtschaftspolitik bekommen. Wir haben uns sehr große Hoffnungen gemacht. Aber das Sprichwort scheint nicht mehr existent zu sein.

Sie haben für diesen Text unter den Landwirten in der Facebookgruppe von „Land schafft Verbindung“ (LsV) reichlich Kritik bekommen. Einige waren richtig sauer: „Wie kannst Du so etwas machen?“

Land schafft Verbindung heißt nicht umsonst LsV, man möchte Verbindung herstellen. Die stellt man nicht dadurch her, dass man die Keule auspackt, sondern erst guckt, wie tickt das Gegenüber und nimmt die Hand, die gereicht wird, wahr.

Hatten Sie den Eindruck, dass da eine „offene Hand“ war?

Im ersten Moment schon, weil Herr Özdemir daran interessiert war, nicht in „alte Muster“ zu verfallen – hatte man so den Eindruck – aber leider hat sich das als Trugschluss herausgestellt.

Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?

Es gab den „Agrar-Gipfel“ des Umweltministeriums, bei dem man nachher fragen musste: „Wer macht Agrarpolitik?“ Macht das das Umweltministerium – so wie es vier Jahre lang mit Frau Schulz von der SPD gewesen ist – oder schafft der grüne Agrarminister es, selbst Politik für seine Klientel zu machen? Nein! Weiterhin macht das Umweltministerium die Arbeit des Agrarministeriums. Da muss man fragen, braucht man zwei Ministerien, oder könnte man eines sparen?

Hatten Sie in den vier Jahren mit Klöckner (CDU) nicht den Eindruck, dass da jemand ist, der die Belange der Landwirte in die Politik einbringt?

Nein. Das hat sie deutlich bewiesen. Zuletzt im März 2021 während einer Podiumsdiskussion anlässlich der Mahnwache in Berlin, wo sie gesagt hat, dass ihr die Biodiversität und die Umwelt anderer Länder egal sind. Eigentlich interessiere sie das alles nicht.

Ist die Hoffnung der Landwirte gewesen, dass Landwirtschaftsminister die Interessen der Landwirte in die Politik hineintragen und nicht, dass die Politik den Landwirten sagt, wie sie sich Landwirtschaft vorstellt?

Das war so die vage Hoffnung. Leider enttäuscht es immer mehr. Es wird weiterhin nicht mit uns gesprochen, sondern nur über uns. Wenn man mit uns spricht – es gab Kollegen, die schon mit Özdemir das Vergnügen hatten – stellt man fest, man spricht zwar miteinander, aber man versteht sich nicht. Was Landwirte brauchen, ist eine vernünftige, verlässliche Politik. Verlässliche Bedingungen, werden von der Gegenseite konterkariert, weil man die Landwirtschaft in etwas reindrängen will, was sie nicht leisten kann.

Özdemir ist damit aufgefallen, dass er geäußert hat, was medial als Wohltat für die Landwirte dargestellt wurde. Er hat gefordert, dass die Preise für landwirtschaftliche Produkte steigen müssen. Wie kam das bei den Landwirten an?

Bei den Landwirten ist das zuerst „gut“ angekommen. Mittlerweile ist es so, dass man sehr verhalten auf Aussagen der Politik reagiert, ob das tatsächlich so gemeint ist. Wir stellen immer wiederfest, dass es nur Worthülsen sind und dass die Sache sich nicht so bewerkstelligen lässt, wie er sich das gerne vorstellt. Woher soll das Geld kommen?

Hat der Landwirtschaftsminister sich im Vorfeld seiner ministeriellen Tätigkeit – außer im Cannabisanbau – je mit Feldfrüchten beschäftigt?

Es wäre ein Vorteil gewesen, dass er relativ unvoreingenommen ist. Aber man merkt stark den Einfluss der Staatssekretäre. Ophelia Nick ist ehemalige Vorsitzende der AbL in NRW. Es ist so, dass die AbL schon eher den Gang hat, dass staatliche Förderungen durchaus „von Nöten“ wären. Andere sehen das anders.

Sie befürchten, dass dieses Umdenken, dass Landwirte stärker betriebswirtschaftlich und selbstwirtschaftlich denken müssten, auch jetzt unterbleibt und die alte Subventionsnummer weitergefahren wird?


Die Alte Subventionsnummer ist das eine – auch wenn es umgeschichtet wird. Auf der anderen Seite konnte man auf dem Agrar-Gipfel deutlich hören, dass sehr viel über Ordnungsrecht geregelt werden soll. Also sehr viel „mit Zuckerbrot und Peitsche“ gearbeitet werden soll. Das kann auf Dauer nicht funktionieren.

Was bedeutet das?

Ein Beispiel: Wir haben bestimmte Abstandsregel zu Gewässern und ähnlichem einzuhalten. Wenn man sich daran nicht hält, kann das drakonische Strafen nach sich ziehen. Wir werden demnach angehalten, die Flächen fast schon aus der Produktion zu nehmen: Man darf nicht düngen, man darf keinen vernünftigen Pflanzenschutz betreiben – also Flächen die aus der Produktion rausfallen obwohl man sie nutzen könnte – ohne dass es Nachweise gibt, dass das den Gewässern schadet. Wir sind so weit, dass Düngung und Pflanzenschutz so minimiert wurden, dass es kaum Auswirkungen haben dürfte. Eine offizielle Überprüfung findet aber nicht statt.

Den zweiten Teil des Interviews finden Sie morgen bei TheGermanZ.

Bildquelle:

  • Maike Schulz-Broers_Bauernprotest: martin wind

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