von KLAUS KELLE
BUXTEHUDE – Bei der „Nordkonferenz“ der Basisbewegung WerteUnion in CDU und CSU haben zwei der wichtigsten Sicherheitsexperten Deutschlands gestern ein beunruhigendes Bild der Lage beschrieben. Hans-Georg Maaßen, früherer Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), erläuterte, dass „Extremisten in Deutschland seit vielen Jahren wieder auf dem Vormarsch“ seien. Maaßen beschrieb die links- und rechtsradikalen und islamistischen Milieus detailliert, darunter auch die sogenannten „Reichsbürger“. Alle Gefährdungen der Inneren Sicherheit in Deutschland zusammen umfassten derzeit 126.000 von den Sicherheitsbehörden bekannte und registrierte „Extremisten aller Couleur“. Und: Die Gewaltbereitschaft wachse in allen Gruppen.
Die Herausforderungen für unseren Rechtsstaat seien dabei vielfältig. So versuchten türkische Rechtsextremisten, in etablierte deutsche Parteien einzusickern, um dort für ihre Ziele zu werben. Maaßen bekräftigte seine Einschätzung dass islamistische Extremisten, von denen es zur Zeit 30.000 in Deutschland gebe, „die größte Bedrohung für unsere Gesellschaft“ seien. 2012 habe es in Deutschland 3.800 Salafisten gegeben. Heute seien es 11.500, von denen 2.200 dem „islamistischen Potential“ zugeordnet würden, das überwacht werden müsse. Der Salafismus sei ein „Durchlauferhitzer zum Dshihad“.
Unter den Extremisten im Lande seien derzeit etwa 32.000 bekannt, die gewaltbereit sind. Maaßen: „Mich beunruhigt, dass der Linksextremismus kaum als gesellschaftliches Problem anerkannt wird.“ Ausführlich ging er auf die brutalen G20-Krawalle in Hamburg ein, wo in den beiden ersten Tagen „auch von seriösen Medien und dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk“ über angebliche „Polizeigewalt“ berichtet worden sei.
Am Beispiel des jüngsten rechtsradikalen Terroranschlages auf eine Synagoge in Halle informierte Maaßen über die Probleme, derartige Täter vor einer Tat aufzuspüren, wenn sie vorher nicht politisch auffällig gworden seien.
Gerhard Schindler, früherer Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), schlug den Bogen auf die internationalen Herausforderungen etwa durch Industriespionage durch China, Russland, die Türkei und Indien, das viellfach in diesem Bereich außer acht gelassen werde.
Die Schwelle zu militärischen Konflikten sei nach Erkenntnissen der Geheimdienste spürbar gesunken. Als Beispiele nannte Spindler den aktuellen Krieg der Türkei in Syrien, die Annektion der Krim und den nach wie vor durch Russland angetriebenen Krieg in der Ostukraine, aber auch das Vorgehen Chinas im Ostchinesischen Meer.
Und das Schlimmste sei: „Der Westen hat keine Strategie.“ Nach Schindlers Ansicht „bringen Sanktionen nichts“. Und weiter: „Der Glaube, dass Putin wegen schlechter Wirtschaftsdaten auch schlecht schläft, ist absurd.“
Und dann Schindlers Kernsatz „Die Flüchtlingskrise beginnt erst jetzt.“ 2016 seien deutlich mehr junge, männliche Flüchtlinge nach Deutschland eingereist als die Bundeswehr Soldaten habe. Die seien natürlich nicht alles Radikale, aber wenn sie im Leben in Deutschland „persönlich scheitern“, dann könne das bei vielen „zu Frust und zur Radikalisierung“ führen.
Der Ex-BND-Chef sprach dann noch von 55.000 IT-Angriffen pro Monat in Deutschland auf staatliche Einrichtungen, wobei zunehmmend nicht mehr nur Spionage-, sondern auch Sabotagesoftware zum Einsatz komme. Soweit diese Cyberangriffe staatlicherseits ausgelöst würden, handele es sich in der Regel um Angriffe aus Russland und China. Doch es gebe auch zunehmend private Angriffe mit Erpressungstrojanern und durch „Baukästen für Schadstoffsoftware im Darknet“. Spindler: „Da sind gefährliche Mittel in den Händen vieler Akteure. Im Grunde erleben wir eine Demokratisierung der Bedrohung“
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- Schindler, Maaßen, WerteUnion: TheGermanZ