Unter ganz Linken… wenn DDR-Fan Bengt vorschlägt „Vermieterschweine“ zu „ershooten“

von JULIAN MARIUS PLUTZ

BERLIN – Zunächst muss ich Sie mit einem Outing belästigen. Es outet sich ja laufend etwas und jemand. Schauspieler bekennen sich völlig überraschend zu ihrer Homosexualität, während Joshua Kimmich eingesteht, er sei nicht gegen Corona geimpft. Während man das eine getrost in die Kategorie „Gratismut“ stecken kann – bei Schauspielern ist eher das „Hetero-Sein“ ein Outing, hat das zweite schon eine andere Tragweite. Man kann dem FC Bayern Spieler nur wünschen, dass er mit seiner Aussage keine Probleme bekommt.

Mein Geständnis passt dagegen völlig in den Zeitgeist, und das obwohl es einige Zeit her ist: Ich war einmal ein richtiger Linker. Ja, jetzt ist es raus. Für mich waren sogar die Grünen die Kriegstreiber, weil sie für den Kosovo- und Afghanistan Einsatz gestimmt haben. Die SPD dagegen hat „Armut per Gesetz“ in Form der Hartz Reformen auf den Weg gebracht. Von den anderen, ebenfalls furchtbar neoliberalen und damit für mich weiland indiskutablen Parteien blieb nur eine übrig. Die Partei „Die Linke“, die damals noch PDS hieß. 2004 trat ich ein und blieb bis zum Austritt im Jahr 2008 Mitglied.

Aus den Jusos ausgestoßen – bei solid durchgestartet

Doch nicht nur das. Ich gründete im schönen Würzburg die sozialistische Jugend, [solid’], weil diese Gruppe es in der unterfränkischen Stadt bis dato nicht gab. Ich war 18 und wollte die Welt ein wenig besser machen. Zum Gründungstag versammelten sich immerhin elf Personen in der eigens angemieteten Kneipe. Ein junger Mann kam in einer FDJ Uniform. Ein anderer war Metzger, ein paar Studenten, und einen Freund konnte ich ebenfalls für eine Teilnahme gewinnen.

Damals schon war erkennbar, dass sich diese Organisation als ein Hort des Extremismus darstellte. DDR-Liebhaber waren ebenso Teil der Mannschaft wie Antifas, die mit ihren Gewaltaktionen gegen die Polizei prahlten. Es ist richtig, dass ich längst nicht mehr Teil dieser Bewegung bin. Mein Umfeld hatte mein Engagement damals akzeptiert, ja, sogar gut geheissen, obwohl diese Gruppierung auch schon 2004 erkennbar radikal gewesen war.

13 Jahre nach meinen Austritt aus solid wählte die Jugendorganisation dieser Tage einen neuen Landessprecher für Berlin mit dem Namen Bengt Rüstemeier. Bengt ist kein Unbekannter, flog er doch wegen menschenfeindlicher Tweets aus dem Landesvorstand der Jusos, was durchaus eine gewisse Leistung ist, fällt doch die Jugendorganisation der SPD immer wieder mit linksextremen Forderungen auf. Für solid jedoch stellen seine Grenzüberschreitungen kein Problem dar. Und das, obwohl viele seiner Aussagen völlig indiskutabel sind. Eine Auswahl:

Gewaltfantasien und Diktaturenliebe

So tweetete er am 1. Februar 2021 „ein v€rm1€7€rschw€!n persönlich zu €rsh0073n kann hilfreich sein aber, aber muss nicht notwendig voraussetzung sein“, was übersetzt bedeutet, es wäre möglich, ein „Vermieterschwein persönlich zu ershooten“, also erschießen. Ein simpel dechiffrierter Aufruf zum Mord. An anderer Stelle schrieb er, „jungl1b€ra£€ €r5h007€n wann?“ Das bedeutet übersetzt: „Jungliberale ershooten (erschießen) wann?“

Doch das ist längst nicht alles. Am 21. September veröffentlichte er diesen Tweet: „Die DDR war der bessere Staat“. Überhaupt scheint es dem jungen Mann die Deutsche Demokratische Republik angetan zu haben. Am 3. September 2021 schrieb er, die DDR hätte Reparationen „an die Sowjetunion gezahlt, die ddr wurde von den westalliierten mit dem marschallplan aufgebaut. in der ddr wurde entnazifiziert, in der brd kamen altnazis in amt und würden“. Diese Geschichtsklittung wird Ihnen von der sozialistischen Jugend präsentiert. Eine Organisation, dessen Mutterpartei in Thüringen den Ministerpräsidenten stellt, in Brandenburg regiert und vermutlich auch in Berlin wieder Teil von Rot-Rot-Grün sein werden wird.

Legitimation als demokratische Partei verwirkt

Offensichtlich gibt keine Probleme, wenn man als Linker zum Mord aufruft. Und offenbar hat die Gesellschaft kein Problem damit, dass Diktaturen verherrlicht werden, so lange sie von der sympathischeren, linken Seite sind. Dabei muss jede Diktatur geächtet werden und zwar immer und zu jeder Zeit. Ein Mitglied der Jungen Union oder der Jungen Liberalen wäre nach solchen Aussagen am nächsten Tag seinen Job los und hätte ein Parteiaustrittsverfahren am Hals. Und wissen Sie mit was: Mit Recht!

Über meine Zeit im Linksextremismus entscheidet, wenn es so weit ist, ein höheres Gericht. Doch wie sich die sozialistische Jugend präsentiert, deren Mutterpartei steter und gern gesehener Koalitionspartner ist, müssen sich die Koalitionäre fragen: Wieviel Extremismus halten sie für tolerabel? Es scheint, dass die rote Linie eine blutrote ist. Das Outing der Partei „Die Linke“, dass sie kein Problem mit DDR Fans haben und Linksextremismus befeuern, ist ein ständiges, fortlaufendes und gratismutiges Outing. Diese Partei akzeptiert Bengt Rüstemeier als Funktionär. Damit hat sie ihre Legitimation als demokratische Partei bereits verwirkt.

Bildquelle:

  • Bengt_Ershooten_Tweet: Twitter

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