Warum anständig sein? Wo ist unser Rechtsstaat, wenn man ihn mal braucht?

Juristische Fachliteratur.

von MICHAEL STING

BERLIN – Ich weiß nicht, wie Sie erzogen wurden sind. Meine Mutter hat mir beigebracht, immer anständig und pünktlich zu sein. Ehrlichkeit, Mut, Anstand, Hilfsbereit und Pflichtbewusstsein gehören auch dazu. Und ganz wichtig. Respektiere die Gesetze und halte Dich daran. Dafür wird man am Ende belohnt und von der Gesellschaft geschätzt.

Doch inzwischen stelle ich mir oft die Frage, wozu das alles noch?

Ein Beispiel

Ein ehemaliger Geschäftspartner von mir, Besitzer einer Kneipe, kam auf die Idee, sich nicht an diese Regeln halten zu müssen. Zumindest erlaube ich mir mal das zu unterstellen, wenn man mit gefälschten Berichten, Insolvenzverschleppung und mangelnder Bereitschaft, seine Schulden zu bezahlen, arbeitet. Das Ergebnis: Ein Kreditgeber, in dem Fall ich, der auf einer Forderung in mittlerer fünfstelliger Höhe sitzengeblieben ist. Ein Verpächter, der die Hoffnung aufgegeben hat, seine Miete von 8000 Euro Rückstand doch noch zu erhalten. Angestellte und Lieferanten, die immer noch auf Ihre Bezahlung warten.

Wie es Bürgertreue und Anstand erfordern, haben wir natürlich bei der entsprechenden Staatsanwaltschaft eine Anzeige erstattet. Denn was propagandieren unsere Politiker gerne: „Kriminelle sollen die volle Härte des Rechtstaates spüren.“ Doch diesen Worten folgten offenbar wenig Taten. Trotz eines notariellen Schuldanerkenntnisses und umfangreichen Beweisen aufgrund gefälschter Finanzberichte und gleichzeitiger Insolvenzverschleppung werden Sie von dem Ergebnis überrascht sein. Bei einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung droht nach 15a InsO eine Höchststrafe von bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe. So sieht es das Gesetz vor.

Bei der entsprechenden Staatsanwaltschaft war man offenbar anderer Meinung. Die zuständige Staatsanwältin war der Ansicht, dass es sich hierbei um Geringfügigkeit handele und stellte das Verfahren ein. Meine Beschwerde beim Generalstaatsanwalt ließ das Verfahren zwar offiziell wiederaufnehmen, doch wurde jetzt erneut eingestellt. Ich weiß ja nicht, wie Ihr Stundenlohn aussieht, aber ich für meinen Teil muss für 34.000 Euro sehr lange arbeiten. Die anderen offenen Schulden nicht eingerechnet. Jetzt sollte man etwas Demut erwarten und die Bereitschaft, alle Schulden in fairen Raten zu bezahlen und gegebenenfalls als Gläubiger dem Schuldner etwas entgegen zu kommen. Doch stattdessen hat sich der gute Mann jetzt nach genügend Laufzeit nach Mallorca abgesetzt und lacht sich vermutlich einen ab.

Wo ist unserer toller Rechtstaat? Ach ja richtig. Er ist damit beschäftigt, anständigen Bürgern Knöllchen zu verpassen, weil Sie falsch geparkt haben. Anzeigen aufzunehmen für eine Kassiererin, die einen Wertcoupon eingesteckt hat. Und wehe, Sie haben 100 Euro nicht versteuert. Dann gnade Ihnen Gott. Aber vor kriminellen Clans und Verbrechern im Namen des Klimas, da knickt der Staat ein. Im Februar vergangenen Jahres wurde der 13 jährige Sinan T. brutal von einem 14 Jährigen und einer 12 jährigen ermordet. Das Mädchen wurde wegen mangelnder Strafmündigkeit freigesprochen, obwohl Sie aktiv an der Tat beteiligt war.

Und es gibt noch mehr Beispiele, wo Minderjährige brutale Verbrechen begehen und wegen Strafunmündigkeit freigesprochen werden. Wo ist da der Rechtstaat?

Vermutlich ist er wieder damit beschäftigt gegen Demonstranten vorzugehen, die für Ihre Rechte kämpfen. Gerade in Bezug auf Corona haben die Verfassungsgerichte der Länder festgestellt, dass die Regierungen der Länder ihre Befugnisse überschritten haben. Welche Konsequenzen folgen daraus? Keine!

Und Anstand ist heutzutage auch eine Seltenheit geworden. Erst heute habe ich beim Einkaufen wieder erleben müssen, dass es Menschen nicht mal geschafft bekommen, an der Kasse die Tageszeit zu nennen. Kein Mensch stirbt an etwas Höflichkeit und Respekt im Alltag.

Und ich bin es leid zu hören, dass diese Leute ein so schlimmes Leben hatten, und man das berücksichtigen muss. Und immer solidarisch sein sollte. Sehr merkwürdig. Wenn es danach geht, müsste mein Strafregister ja ellenlang sein. Doch da findet sich nichts. Und warum. Jeder ist für ein eigenes Leben verantwortlich. Jetzt wird sicher der ein oder andere denken, dass ich leicht reden habe. Darum gebe ich gerne mal ein paar schöne Beispiele aus meinem Leben:

Eine körperliche Sportverletzung sorgte für einigen Spott in meiner Schulzeit. Einen Vater zu haben, der mich ab meiner Jugendzeit täglich mit den Worten „Nichtsnutz“ und Versager begrüßte und mich auch schon mal durch eine Glastür getreten hat, machte es mir auch nicht leichter. Oder auf die nette Idee kam, als ich mit meiner Mutter im Urlaub war, das Haus leerzuräumen inklusive der Konten. Aber uns dafür einen Haufen unbezahlter Rechnungen in mittlerer fünfstelliger Höhe zu hinterlassen. Und so armselig das jetzt klingt. Ich hatte bisher noch keine Beziehung, die nicht damit endete, dass ich am Ende nicht betrogen oder im Ernstfall im Stich gelassen wurde.

Aber wissen Sie, warum man trotz allem anständig sein soll? Weil es mir gezeigt hat, wie sehr man mit Hindernissen und Schwierigkeiten umgehen und Probleme lösen kann.

Weil es Menschen gibt, die sich auf mich verlassen, und die ich nicht im Stich lassen werde. Weil es Familie und Freunde gibt, für die man da ist und die auch im Gegenzug für einen da sind. Weil ich einen klasse Freund und Mentor haben durfte, der leider verstorben ist und ohne den ich heute nicht dastehen würde, wo ich jetzt bin (Danke Helmut!). Oder ein Freund wie Klaus Kelle, der meine Arbeit zu schätzen weiß und der mir die Möglichkeit für die Veröffentlichung meiner Texte gibt. Und ein Abendessen mit ein paar erfolgreichen Freunden hat mir gezeigt, dass man nicht der Einzige ist, der mal in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt hat. Das kann jeden mal passieren. Wichtig ist, dass man an dieser Stelle niemals aufgibt. Und es gibt garantiert immer noch jemanden, dem es noch schlechter geht als einem selbst. Und ich hoffe immer noch, dass sich das Karma am Ende zeigen wird.

Bildquelle:

  • Jura-Bücher: pixabay

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