Deutschlands wichtigster Journalist im Interview: Julian Reichelt und warum Thomas Haldewang ein Fall für den Augenarzt ist

Der frühere BILD-Chefredakteur Julian Reichelt.

BERLIN – Julian Reichelt ist ein Vollblut-Journalist. Der heute 42-jährige gebürtige Hamburger absolvierte in den Jahren 2002 bis 2003 sein Volontariat bei BILD und absolvierte Journalistenausbildung bei der Axel-Springer-Akademie. Als Kriegsreporter berichtete aus Afghanistan, Georgien, Irak und Libanon. Im Februar 2014 übernahm Reichelt den Vorsitz der Chefredaktion von BILD und damit die redaktionelle Gesamtverantwortung. Unter seiner Ägide steigerte Bild die Gesamtauflage der Printausgabe wieder auf rund 1,8 Millionen Exemplare. Und: er startete mit Bild-TV einen eigenen Fernsehkanal.

Reichelt gilt als mutig und streitlustig: Christian Drosten, Jens Spahn und Karl Lauterbach werden das bestätigen.

Im Oktober 2021 beendete die Axel Springer SE die Zusammenarbeit mit Julian Reichelt. Er habe Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt, so die Begründung. Insider gehen bis heute davon aus, dass Reichelts klare politische Positionierung der BILD damals zumindest mit ausschlaggebend waren.

Heute betreibt der frühere BILD-Chef den YouTube-Kanal „Achtung, Reichelt!“ mit großem erfolg, Im Januar hatte er bereits 264 000 Abonnenten. Aufgerufen werden manche Beiträge von mehr als 1,4 Millionen Usern. So bleibt Gegenwind nicht aus. Der Politikwissenschaftler Markus Linden unterstellt Julian Reichelt, er berteibe einen „rechtspopulistischen Kanal mit stark libertärem Einschlag“. Das gefällt uns. Deshalb fragten Anita und Joachim Schäfer genauer nach.

Ihr Beitrag „Grüne Nichtskönner – die faulsten Deutschen regieren das Land der Fleißigen“ hatte sensationelle 1,4 Millionen Aufrufe. Warum sind die Spitzenpolitiker der Grünen nach Ihrer Ansicht „Nichtskönner“?

Die Spitzenpolitiker der Grünen sind objektiv betrachtet in dem Sinne „Nichtskönner“, weil sie in der Mehrheit weder etwas gelernt noch gearbeitet haben. Das geflügelte Wort: Vom Kreissaal über den Hörsaal in den Plenarsaal bekommt bei den Spitzenpolitikern der Grünen eine realistische Bedeutung, wobei der Hörsaal mit einem Fragezeichen versehen werden muss, weil viele der Grünen-Politiker, wie zum Beispiel Katrin Göring-Eckardt, Studienabbrecher sind. Wenn die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagt, die Leute könnten froh sein, dass jetzt einmal Politiker im Parlament sitzen, die noch wissen, wie man einen Bafög-Antrag ausfüllt, spricht das für sich.

Ricarda Lang kennt die Arbeitswelt nur aus der Sicht ihrer Mutter, wie sie selbst einmal verlautbarte. Will sagen: Würden sich die Diäten der Bundestagsabgeordneten am durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten drei Jahre orientieren, läge die Höhe der Diäten bei Ricarda Lang auf Sozialhilfeniveau.

Ihre Kritiker bezeichnen den Beitrag, also die Schilderung von unbequemen aber belegbaren Fakten, als „Grünen- Bashing“…

Kritik an der Partei der Grünen an sich ist überhaupt nichts Ehrenrühriges. Franz-Josef Strauß hat in den letzten Jahren seiner politischen Karriere massiv die Grünen attackiert. Er hat in den 80er Jahren den Kulturkampf und die Identitätspolitik der Grünen vorausgesagt und alles, was er prognostiziert hat, ist genauso eingetreten. Dieser Tradition von Franz-Josef Strauß sehe ich mich verpflichtet. Inzwischen scheint Kritik an der Partei der Grünen aber obszön zu sein. Dennoch versuche ich, ihre Sprache und ihren oft ideologisch geprägten Wahnsinn an den Realitäten zu messen und die zu entzaubern. Ich halte es für wichtig, Menschen zu widersprechen, die Unsinn reden und die zum Beispiel behaupten, man könne Stahlwerke mit Windmühlen betreiben.

Unter der Überschrift „Öko-Raffkes“ werfen Sie den Bündnis-Grünen vor, sich an unserem Land zu bereichern. Auf welche Erkenntnisse stützen Sie diesen massiven Vorwurf?

Die Grünen-Partei betreibt seit 20 Jahren sehr erfolgreich eine Klientelpolitik, von der sich die FDP sehr viel abschauen könnte. Diese Klientelpolitik orientiert sich nicht an den Bedürfnissen des Durchschnittsbürgers oder an armen Menschen, sondern an den Bedürfnissen der gutsituierten Leute im Lande. Die Grünen waren und sind die ultimative Wohlstandspartei. Ein Beispiel: Für die angeblich billige und für den Endverbraucher günstige erneuerbare Energie müssen Preise gezahlt werden, die sich am Gaspreis orientieren. Das überfordert finanziell die Mehrheit der Bürger und ist das Gegenteil von dem, was uns vorgegaukelt wurde. Wahlanalysen zeigen, dass die Grünen besonders bei den Menschen erfolgreich sind, die sich die Eskapaden der Grünen finanziell leisten können.

Auch die Akteure der „Letzten Generation“ finden Ihre Kritik. Sie werfen den Klima-Klebern vor, Methoden der Mao-Diktatur zu nutzen. An welche Methoden denken Sie genau?

Das Wort von der Mao-Diktatur stammt nicht von mir, ich habe an der Stelle zitiert. Gleichwohl sehe ich Parallelen zwischen den Akteuren der „Letzten Generation“ und der chinesischen Kulturrevolution. Das, was Mao auf brillante Weise geschaffen hat, war, mit sehr wenigen Befehlen viel zu erreichen, weil die Menschen irgendwann wussten, was sie zu tun und zu lassen hatten und sich somit dem Zeitgeist unterwarfen. Das ist etwas, was die radikalen Bewegungen von „Fridays for Future“ und der „Letzten Generation“ auch geschafft haben. Sie haben einen Geist geschaffen, dem die Menschen sich von vornerein untertänigst unterwerfen, was einem Kulturkampf gleichkommt. Dies sind für mich eindeutig verfassungsfeindliche Bestrebungen.

Das sieht der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz wohl anders als Sie, der bei der „Letzten Generation“ keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen erkennen kann. Ihre Bewertung ist eine völlig andere, als die von BfV-Präsident Thomas Haldenwang. Dessen Vorgänger im Amt, Dr. Hans-Georg Maaßen, beurteilt die Situation genau wie Sie. Wird somit der amtierende Verfassungsschutzpräsident selbst ein Fall für den Verfassungsschutz?

Thomas Haldenwang ist auf jeden Fall ein Fall für den Augenarzt, weil er all das, was vor unseren Augen passiert, offenbar nicht erkennt. Im Idealfall sind es nur seine Augen, im schlechteren Fall aber der Ungeist, der auch ihn erfasst hat. Er macht, was eine herrschende Partei erwartet und er sagt nicht, was alle sehen, dass diese Leute offensichtlich radikale Rechtsbrecher sind. Die Leute, die Haldenwang für ungefährlich und nicht als extremistisch bezeichnet, haben wenige Wochen später in Lützerath Molotowcocktails auf Polizisten geworfen und Rettungsfahrzeuge beschossen. Das wäre nach Maßstäben der alten Bundesregierung ein Rücktrittsgrund gewesen. Und leider müssen wir feststellen, dass eine Behörde, die vor politischem Extremismus warnen soll, sich der Ideologie einer sympathisierenden Partei unterwirft. Das öffnet dem Machtmissbrauch Tür und Tor, weil die Aktivitäten dieser Kriminellen nahezu verniedlicht werden.

(…)
Eine Abrechnung von Ihnen mit Karl Lauterbach erfolgt unter der Überschrift „Deutschlands mächtigster Corona-Quacksalber“. Die Corona-Politik wurde in ihrer Schärfe doch durch die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel eingestielt. Hat Lauterbach hier nicht nur ein schwieriges Erbe übernommen?

Natürlich ist Angela Merkel für die Corona-Politik in ihrer Schärfe maßgeblich verantwortlich. Befeuert wurde die unsägliche Corona-Politik allerdings von Karl Lauterbach. Lauterbach hat so viel gelogen und so viel unsinniges Zeug geredet in der Merkel-Regierung und später als Gesundheitsminister, dass sich die Balken bogen. Der Mann ist ein Hochstapler – allerdings ein sehr erfolgreicher Hochstapler. Ich habe es stets als Sündenfall empfunden und dies auch kommentiert, dass versucht wurde, eine moralische Impfpflicht durch Schikane und Gängelung sowie durch breite Verächtlichmachung den Ausschluss aus der Gesellschaft herbeizuführen. Corona war ein Abschalten des menschlichen Umgangs mit Risiken, politisch befeuert durch Propaganda und Angstpolitik.

Auch die Gewalt von Islamisten wird von Ihnen thematisiert. Sie werfen Innenministerin Faeser Komplizenschaft mit dem Islamismus vor. Auch diesen Vorwurf sollten Sie begründen.


Für mich besteht die Komplizenschaft, ein sicherlich überspitztes Wort, aus dem ideologisch begründeten Wegsehen von Frau Faeser, die die massiv wachsenden islamistischen Einflüsse in diesem Land ignoriert. Es geht doch nicht um den Islam an sich, der mit den Gastarbeitern, zum Beispiel aus der Türkei, zu uns gekommen ist, sondern es geht um die Zuwanderung aus islamistischen gesellschaftlichen Strukturen, nahezu ausschließlich von jungen Männern, die islamistisch sozialisiert sind. Damit schaffen wir in Deutschland islamistische Milieus, wie in Berlin-Neukölln, die keine staatliche Institution und Autorität anerkennen, sondern nur eine Autorität – und das ist Allah. Und dass diese Milieus unseren staatlichen Institutionen, Sicherheitskräften, Helfern und Gesetzen mit Verachtung begegnen, haben wir in der Silvesternacht wieder einmal erlebt. Ich halte das politisch gewollte Wegsehen nicht nur für fatal, sondern für eine Form von Komplizenschaft mit dem Islamismus in Deutschland. Besonders erschreckend ist, dass jeder, der die islamistische Gewalt thematisiert, als Ausländerfeind und Rechtsradikaler stigmatisiert und diskriminiert wird.


Was ist der Grund, dass CDU/CSU, FDP und AfD von Ihnen kaum kritisch beleuchtet werden? Lediglich Ihr Beitrag „Grün. Grüner. Union. Warum die CDU wieder rechts werden muss“ hat sich mit den Christdemokraten beschäftigt. Warum muss die Union wieder „rechts“ werden?

Es ist offensichtlich, dass in der CDU spätestens seit 2015, also seit der Flüchtlingskrise, ein brutaler Richtungsstreit tobt. Dieser Richtungsstreit wird ausgetragen zwischen einer Parteielite, die immer noch von Angela Merkels Gefolgsleuten dominiert ist, und der bürgerlichen Mehrheit der Partei, die eigentlich mit der Ära Merkel abgeschlossen hat. Diese bürgerliche Mehrheit schaut mit Entsetzen auf die immer dramatisch schlechter werdenden Wahlergebnisse, kann sich aber gegen Merkels Parteielite nicht durchsetzen. Angela Merkel hat im Konrad-Adenauer-Haus einen Machtapparat geschaffen, der als eiserne Faust in der Geschichte der Bundesrepublik seinesgleichen sucht. Angela Merkel hat mit ähnlicher Brutalität wie die Grünen ihre Interessen in der Partei von oben nach unten durchgesetzt und die Partei, aber auch das Land, geprägt und verändert. Verändert dahingehend, dass Merkel die Partei immer weiter nach links gerückt hat, was wahrscheinlich auch mit ihrer Sozialisierung in der DDR zusammenhängt.

Friedrich Merz, als neuer Parteivorsitzender und Oppositionsführer, muss gegen diesen Merkel-Machtapparat kämpfen. Ein weiteres Problem für Friedrich Merz ist, dass die Mehrheit der Medien, inklusive der einst bürgerlichen FAZ, so dramatisch nach links gekippt ist, dass sie den „Merkelismus“ als einzig wahre Lehre ins bürgerliche Lager hineinvermitteln. Die mediale Wahrnehmung sieht so aus: Wenn die CDU die Wahl verliert, weil sie als zu links wahrgenommen wird, sagen die Medien, die CDU hat die Wahl verloren, weil sie viel zu rechts ist, mit dem Ergebnis, dass die CDU noch weiter nach links rückt. Eine Änderung kann nur herbeigeführt werden, wenn man versucht, die Medienlandschaft zu verändern. Man muss versuchen, als „Stimme der Mehrheit“ der Mehrheit dieses Landes wieder eine Stimme zu geben und die gelebte Realität von Menschen in diesem Land aufzeigen. Das versuche ich mit meinem YouTube-Kanal, um in der Medienlandschaft dazu beizutragen, dass die Menschen wieder Mut fassen, ihre Ansichten laut zu artikulieren…

Das Interview mit Julian Reichelt erschien erstmals im Magazin „Mittelstand digital“.

Bildquelle:

  • Julian_Reichelt_4: DS-Magazin

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