von ANITA SCHÄFER
UNNA – Zu ihrer Mittelstandskonferenz hatten die Bundesvereinigung mittelständischer Unternehmer (BVMU) und der nordrhein-westfälische Landesverbandes des Bundes der Selbständigen (BDS) den Präsidenten der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft und langjährigen FDP-Spitzenpolitiker Dr. Gerhard Papke eingeladen.
Papke ist ein streitbarer Mann, der etwa im Herbst 2014 ein islamkritisches Papier mit dem Titel „Für eine Werteoffensive und die Rückbesinnung für eine wehrhafte Demokratie“ geschrieben, das er gemeinsam mit dem heutigen FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) veröffentlichte und damit für großen Wirbel in seiner Partei sorgte. Seine Begründung damals: Er sei gemeinsam mit Djir-Sarai davon überzeugt, „dass die traditionellen Parteien erkennbare Antworten auf die Sorgen der Bevölkerung geben müssten, um Links- und Rechtspopulismus gar nicht erst stark werden zu lassen“.
Weil ihm die Haltung der FDP in der Migrationsfrage und auch bei anderen Themen zu beliebig geworden war, zog Papke, ein ausgewiesener Gegner von Ampel-Koalitionen, die Reissleine und trat bei der Landtagswahl 2017 nicht mehr an.
Gerhard Papke erleutete im vollbesetzten Saal, warum die Regierung Orbán zum Hauptgegner des linken Mainstreams geworden sei. Das sei unter anderem eine Folge von Orbans Politik, sich klar zur klassischen Familie zu bekennen. In der ungarischen Verfassung sei festgeschrieben, dass eine Mutter eine Frau sei und ein Vater ein Mann. Punkt. Mit einer Transgender-Debatte, wie sie in Deutschland geführt werde, stoße man in Ungarn auf Unverständnis, ja blanke Fassungslosigkeit.
Als zweiten Punkt hob Papke hervor, wie wichtig für die Ungarn der Schutz ihrer Landesgrenzen vor einer ungesteuerten Massenzuwanderung aus islamischen Ländern sei. Der Redner wörtlich: „Die Ungarn sind ein hilfsbereites Volk. Aber sie wollen keine Massenmigration junger Männer aus vormodernen islamischen Gesellschaften.“ Die würde die Kultur und damit Identität ihres eigenen Landes massiv verändern. Papke: „Sie wollen, dass Ungarn ein ungarisches Land bleibt.“
Unerträgliches Regenbogen-Pharisäertum
Mit deutlichen Worten wies Papke den in deutschen Medien verbreiteten Vorwurf einer „homophoben Haltung“ Ungarns zurück. So gehe es bei dem ungarischen Kinderschutzgesetz keineswegs darum, Homosexuelle zu diskriminieren, sondern um den Schutz der Kinder vor frühkindlicher Sexualisierung. In Ungarn gebe es Eingetragene Partnerschaften und gleichgeschlechtliche Paare wie überall in Europa, die eheähnliche Rechte besäßen. Homosexuelle könnten in Ungarn gut und sicher leben. Jede andere Behauptung sein unfair und diffamierend, so Papke.
In diesem Zusammenhang kritisierte der frühere Landtagsvizepräsident auch deutlich die Regenbogen-Beleuchtung der Allianz-Arena vor dem Länderspiel Deutschlands gegen Ungarn bei der Fußball-EM im vergangenen Jahr. Deutschland habe seine Rolle als Gastgeber Ungarns missbraucht, um das Land vor der Weltöffentlichkeit herabzuwürdigen. Dieses „Regenbogen-Pharisäertum“ sei unerträglich. Er erwarte bei der anstehenden Fußball-WM in Qatar nicht, einem Land, in dem Homosexualität mit Gefängnisstrafen verfolgt würden, dass der DFB oder deutsche Politiker dort ihre Stimmen zum Protest erheben. Aber wenn die Mannschaft einer kleinen europäischen Nation wie Ungarn als Gast nach Deutschland komme, dann fühlten sich alle ganz stark.
Ungarns Rolle beim Fall des Eisernen Vorhangs
Breiten Raum nahmen Papkes Ausführungen zur Rolle Ungarns beim Fall des Eisernen Vorhangs ein. Schließlich sei Ungarn das erste Land des Warschauer Pakts gewesen, dass 1989 seine Grenze zu Österreich geöffnet habe, erinnerte der Politiker an dieses historische Ereignis. Damit sei die DDR am Ende und der Mauerfall erst möglich gewesen.
„Ungarn will helfen, aber keine Kriegspartei werden“
Auch dem schwierigen Thema Ukraine-Krieg wich der Gast nicht aus. Viktor Orban habe mit seinem eindeutigen Bekenntnis zur westlichen Allianz, gleichzeitig aber mit seinem klaren Nein zu Versuchen, die NATO in den Krieg hineinzuziehen, hohe Zustimmung beim ungarischen Wähler erfahren. Ungarn trage die Sanktionen gegen Russland zu 100 Prozent mit, sei aber strikt gegen ein umfassendes Energie-Embargo und weigere sich, Waffen in die Ukraine zu liefern. Dies auch mit dem Hintergrund, dass an der ukrainisch-ungarischen Grenze auf ukrainischem Gebiet eine ungarische Minderheit lebe, die es zu schützen gelte. Versuche aus dem westlichen Ausland, Orban als Putin-Vertrauten zu diffamieren, seien „völlig daneben“. Ungarn habe inzwischen mehr als 630.000 Flüchtlingen aus der Ukraine Zuflucht gewährt. Papke: „Die Ungarn wollen helfen, aber keine Kriegspartei werden.“
Europa – Einen statt spalten
Ganz spannend wurde es in der Diskussion, als Papke gefragt wurde, ob die einflussreiche Visegrád-Gruppe der EU, die aus Tschechien, der Slowakei, Polen und Ungarn besteht und als osteuropäisches Gegengewicht zur Achse Paris-Berlin gilt, vor dem Aus stehe, weil sich Viktor Orban weigert, über ungarisches Territorium Waffenlieferungen in die Ukraine zuzulassen und auch ein Energie-Embargo ablehnt. Das war auf massive Kritik Polens gestoßen. Papke glaubt nicht daran, da die Übereinstimmung in existentiellen Fragen zwischen den Ländern der Visegrád-Gruppe um ein Vielfaches größer sei als der Dissens bei Waffenlieferungen und Energie-Embargo.
Dennoch fuhr der DUG-Präsident in seinem Schusswort nochmal eine deutliche Attacke in Richtung Brüssel. Direkt nach dem Wahlsieg von Viktor Orbán habe die EU-Kommission verkündet, wegen angeblicher Rechtsstaatsverstöße gegen Ungarn vorzugehen. „Was ist das für ein Signal gegenüber dem ungarischen Volk, angesichts des schrecklichen Krieges in der Ukraine?“, fragte Papke.
„Das freie Europa muss in der Stunde der Bedrohung geeint werden, statt es zu spalten!“ Das wurde mit großem Applaus des Publikums begleitet.
BDS-Hauptgeschäftsführer Joachim Schäfer hatte in seiner Begrüßungsrede Papke als eine meinungsstarke Persönlichkeit beschrieben, die sich auch nach der aktiven Politiker-Zeit nicht dem gesellschaftlichen und medialen Mainstream anpasse. Und damit passten seine Überzeugungen „zu Prozent zur Philosophie von BDS und BVMU, weil auch die beiden gastgebenden Verbände für sich in Anspruch nähmen, mutig gegen den Strom des Zeitgeistes zu schwimmen.
Zu den zahlreichen Teilnehmern der Mittelstandskonferenz gehörten die langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel mit ihrem Gatten Rolf sowie der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Hans-Georg Maaßen.
Bildquelle:
- Dr._Gerhard_Papke_DUG: bds nrw