Max Otte-Festspiele in der Union: Kann das wirklich gutgehen?

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leserinnen und Leser,

aus Marketinggründen ist Max Otte als Vorsitzender jedenfalls ein Gewinn für die WerteUnion. Seine Wahl an die Spitze der konservativen und dennoch unionsnahen Vereinigung weckte das politische Deutschland abrupt aus dem Sonntagschlaf auf. Die SPD, die Grünen, die FDP, alle hyperventilieren und finden kaum Adjektive, um ihre Abscheu über den erfolgreichen Unternehmer, Ökonomen und Buchautor zum Ausdruck zu bringen, der jetzt auf die große Bühne ins politische Rampenlicht eingestiegen ist.

Große Bühne? Sie werden denken, was ist schon die WerteUnion? 4.500 Mitglieder bundesweit, so viel hatte damals mein CDU-Kreisverband in Lippe, als ich da noch aktiv war vor 40 Jahren. Aber die Zeiten sind nicht gut für die CDU, und die Krise und der Absturz in der Gunst des Volkes sind hausgemacht. Falsche Personalentscheidungen, falsche Themen, gepaart mit Arroganz gegenüber den Treuesten der Treuen des eigenen Milieus – das kann, das wird nicht gut gehen. Spätestens mit der Wahl Armin Laschets erst zum Parteivorsitzenden, dann zum Spitzenkandidaten der Union für die Bundestagswahl ist jedem klar: die CDU hat nichts begriffen, die CDU will nichts begreifen. Der real existierende Funktionärskörper der Partei klammert sich an immer weniger Mandate und hofft, irgendwie über die Runden zu kommen, um eine ordentliche Altersversorgung zu sichern. Nach uns dann die Sintflut. Heute Abend erzählte mir ein Freund am Telefon von einem bekannten CDU-Politiker, der inzwischen im Ruhestand und immer noch total begeistert von Angela Merkel ist. Ich habe ihm empfohlen, ein Selfie mit dem Mann aufzunehmen, weil Bilder seltener Exemplare später einmal wertvoll werden können.

Die Wahl Max Ottes hat schon gestern viel Gegenwind aus dem politischen Berlin hervorgerufen. Besonders schmerzhaft, dass Tilman Kuban, Chef der wichtigen Jungen Union (JU) die WerteUnion für ihre Personalentscheidung kritisiert hat. Denn Kuban gilt als Konservativer, der selbst mit dem Merkel-Kurs vergangener Jahr hadert. Wenn solche Leute nicht mit Otte spielen wollen, wer denn überhaupt noch in der CDU Deutschlands?

Noch schmerzlicher für Otte dürfte die per Twitter vorgetragene Begeisterung des AfD-Politikers Tino Chrupalla sein, der munter im Geflügelhof seiner Partei herumschwirrt und als einer der Ersten nach Ottes Wahl öffentlich Glückwünsche schickte. Wenn Max Otte irgendwas nicht braucht, dann sind das solche Glückwünsche.

Ich weiß nicht, wie das alles endet. Der WerteUnion hat so große öffentliche Aufmerksamkeit wie nie mehr seit ihrer Gründung. SPIEGEL, „Tagesspiegel“, ZEIT, WELT, NTV – Otte und damit die konservative WerteUnion sind in aller Munde. Und Sie wissen, dass ich sehr dafür bin, das Konservative in die deutsche Politik zurückzuholen. Aber als Medienmann (darf man das noch sagen?) habe ich in den vergangenen 35 Jahren oft erlebt, wie heftig der Gegenschlag des Establishments sein kann, wenn ein ungeliebter Player für Feuer unter dem Dach sorgt.

Die nächsten Wochen versprechen eine interessante Feldstudie zu werden. Und anders als bei Bundesliga-Spielen des FC Bayern ist der Ausgang hier vollkommen offen. Wird sich Max Otte durchsetzen, wird er sich in der Unionsfamilie, der er seit 30 Jahren angehört, als politische Kraft etablieren können? Wird er Kontaktverbote überwinden und dennoch politisch überleben können?

Wie so oft kann ich Ihnen das nicht vorhersagen. Aber ich habe eine Ahnung, was in den nächsten Tagen passieren wird. Und ich halte Sie darüber ununterbrochen auf dem Laufenden, was passiert. Versprochen!

Einen sonnigen Start in die Woche wünscht,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.