„Ne, das ist nicht cool“ – Hier streift ein Wolf durch eine deutsche Kleinstadt

von MARTIN D. WIND

LOHNE – Es werden keine drei Meter gewesen sein. Dieses Mal ist es gut gegangen. Noch!  Ein Wolf ist in Lohne/Oldenburg durch die Straßen eines Wohngebietes getrabt. Dokumentiert hat dieses Verhalten ein Vater, der mit mindestens einem Kind unter zehn Jahren unterwegs war. Er hatte die Geistesgegenwart, das Mobiltelefon zu zücken und zu filmen. Es ist beeindruckend: Knapp vierzig Sekunden lang zeichnet der Mann auf, wie der Wolf auf ihn und seine Kinder zuläuft, einen weiteren Passanten mit etwa vier Metern Abstand passiert und sich immer weiter annähert.

Im typischen Wolfstrab kommt das stattliche Tier im Winterpelz angelaufen. Der Wolf zeigt keinerlei Irritation, er zeigt keinerlei Scheu und scheint sich von der Anwesenheit der Menschen in keiner Weise irritieren zu lassen. Er passiert die Gruppe in kurzer Distanz völlig unbeirrt, um weiter seiner Wege zu ziehen.

Der Vater schart angesichts der Annäherung sein/e Kind/er um sich „Bleib mal hier“ und meint: „Das ist ein Wolf.“ Eines der Kinder sagt darauf hin: „Wie cool!“ Der Vater daraufhin: „Ne, das ist nicht cool.“ Die Äußerung des Kindes legt die Vermutung nahe, dass diesem Kind bereits etwas über Wölfe erzählt wurde. Die Reaktion des Vaters lässt vermuten, dass das nicht im elterlichen Haushalt sondern im Kindergarten oder in der Schule geschehen sein wird.

Dort tauchen seit geraumer Zeit ehrenamtliche Wolfsberater oder auch Mitarbeiter von NGOs auf, die den Kindern „was vom Wolf“ erzählen. Eine der mantraartig immer wieder vorgebrachten Thesen ist, dass die Wölfe eine „natürliche Scheu“ vor Menschen hätten und deren Nähe mieden. Aber schon seit Anbeginn dieser Wolfsstunden waren das widerlegte Behauptungen: Schon immer konnten Wölfe dabei beobachtet werden, wie sie sich Menschen bei der Feldarbeit näherten, in und an die Dörfer kamen und dass sie Weidetiere in der unmittelbaren Nähe von Wohnhäusern rissen oder gar Wildtiere bis in die Gärten menschlicher Siedlungen verfolgten und dort rissen.

Die vermeintliche „natürliche Scheu“ zeigen Wölfe nur in Ländern, in denen sie einem permanenten Vergrämungs- und Jagddruck ausgesetzt sind. Lernen sie, dass der Mensch ein harmloser Geselle ist, wird es mit dem Respekt immer weniger. Valerius Geist, ein kanadischer Biologe, hat im Verhalten der Wölfe gegenüber Menschen ein siebenstufiges Eskalationsschema erkannt:

Als Beobachter des Geschehens rund um die Wölfe in Deutschland, wird man kaum mit gutem Grund widersprechen können, wenn man feststellen muss, dass wir bereits in Stufe fünf der Eskalation sind. In der ersten Stufe kommt vermehrt Wild in die Dörfer und die Stadtrandsiedlungen. Dieses Verhalten wird aus den dicht besiedelten Wolfshabitate im Osten Deutschlands durchweg berichtet. Im zweiten Schritt geben die Wölfe ihre „Heimlichkeit“ auf: Sie kommen nachts an die Häuser, so nahe, dass Haustiere unruhig werden, Hunde bellen, die Wölfe heulen in unmittelbarer Nähe zu menschlichen Behausungen. Sie beobachten das Verhalten der Menschen.

Werden die Wölfe tagsüber sichtbar ist Stufe drei erreicht. In der vierten Stufe reißen Wölfe Wild- und Weidetiere am Tage in Siedlungsnähe und holen sich Hunde und Katzen. Tauchen Menschen auf, werden sie angeknurrt oder die Zähne werden gefletscht. Ein Fluchtverhalten ist nicht mehr zu beobachten. Das ist in einigen Gegenden bereits Alltag. In Stufe fünf – die durchaus punktuell schon erreicht ist – werden beispielsweise Fußgänger verfolgt und umkreist, die Hunde ausführen oder Reiter werden verfolgt. Die angegriffenen Nutztiere werden immer größer – so wie die Rudel von drei oder vier Individuen auf bis zu zwölf oder fünfzehn Einzeltiere anwachsen. Rinder und Pferde werden angegriffen, teilweise bei lebendigem Leibe angefressen, Ohren abgerissen, Schwänze abgebissen die Gescheide angeschnitten, so dass sie aus der Bauchhöhle quellen. Das sind grausame Bilder, die inzwischen in unserer dichtbesiedelten Kulturlandschaft zum Alltag der Weidetierhalter gehören.

Noch scheinen wir nicht in Phase sechs, in der die Wölfe anscheinend „spielerisch“ und „zahm“ den Kontakt mit Menschen aufnehmen: mit der Nase stupsen, an Kleidung zupfen, in Arm oder Bein „kneifen“. Mit Vorsicht und sprungbereit. Durch Schreien und Fuchteln lassen sie sich zurückdrängen, fliehen aber nicht, ziehen sich nur einige Meter zurück. Im siebenten Schritt ist die Angst vor den harmlosen Menschen völlig verflogen. Geist ist überzeugt, dass es dann zu tödlichen Angriffen gegen Menschen kommt.

Wer sich die aktuellen Entwicklungen im Wolfsbestand Deutschlands anschaut – mit mehr als 2000 Einzeltieren ist Deutschland das am dichtesten von Wölfen besiedelte Territorium weltweit – kann nur mit Erstaunen beobachten, wie sachfremd die Politik agiert. Wieder fällt der Name der Umweltministerin, Svenja Schulze, die aus Sicht der von den Wölfen geschädigten Haus- und Weidetierhalter, eine nicht fachgerechte aber von ideologischen Wunschvorstellungen getriebene Ansiedlungspolitik mit den Wölfen betreibt. Manche unterstellen, dass Schulze damit unlautere Absichten voranbringen will: Die Aufgabe der Weidetierhaltung, um den NGOs aufgegebenes Weideland für das „Rewilding-Europe“-Projekt zuzuschustern. Hier fielen schon Begriffe wie „kriminell“ oder auch „Mafia“. Wollen wir hoffen, dass sich diese Befürchtungen nicht bewahrheiten.

Bildquelle:

  • Wolf_Lohne: privat

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