von PROF. DR. PATRICK PETERS
BERLIN – Was lange währt, wird endlich gut, weiß der Volksmund. Das gilt nun für gesetzliche Reformen nicht immer, denn häufig taugen diese auch nach langem Hickhack nur eingeschränkt (oder überhaupt nichts). Aber bei der Reform des Stiftungsrechts sind sich die allermeisten Beobachter und Experten einig, dass der Gesetzgeber ziemlich viel richtig gemacht hat. So jubilierte Friederike von Bünau, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, nachdem der Bundestag die Reform am 24. Juni beschlossen hatte: „Heute ist ein guter Tag für Stiftungen in Deutschland. Das verabschiedete Gesetz greift einen Großteil der Forderungen auf, für die wir uns in den vergangenen sieben Jahren gemeinsam mit dem Stifterverband und der Wissenschaft eingesetzt haben. Die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts bringt mehr Rechtssicherheit für alle Stiftungen mit sich.“
Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Es soll dann zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. Stiftungen bietet das neue Recht erleichterte Möglichkeiten für Strukturentscheidungen und zur Satzungsgestaltung, was schon in der Zeit bis zum Inkrafttreten genutzt werden kann. Im Mittelpunkt steht ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht. Dieses löst in Zukunft das bislang zersplitterte Landesstiftungsrecht ab. Das bedeutet laut Bundesverband Deutscher Stiftungen mehr Rechtssicherheit für alle Stiftungen. Die wesentlichen stiftungsrechtlichen Grundsätze, beispielsweise die Bedeutung des Stifterwillens für Auslegung oder Änderung der Stiftungssatzung, die Pflicht zur Vermögenserhaltung oder die Zweckgerichtetheit der Stiftungstätigkeit, bleiben unverändert. Ebenso weist der Verband auf die Haftungsbeschränkung von Stiftungsverantwortlichen hin. Nach der Kodifizierung der sogenannten Business Judgement Rule haften Organe nicht für eine Fehlentscheidung, wenn sie geltende Gesetze sowie die Stiftungssatzung beachtet haben und auf Grundlage angemessener Informationen davon ausgehen durften, dass sie beispielsweise mit der Vermögensanlage zum Wohle ihrer Stiftung handeln.
Auch aus Vermögenssicht kommt es zu vorteilhaften Veränderungen. So dürfen künftig Umschichtungsgewinne, beispielsweise aus dem Verkauf von Fondsanteilen, für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden, soweit der Stifterwille dem nicht entgegensteht und das Stiftungskapital erhalten bleibt. „Das ist natürlich in Zeiten historisch niedriger Zinsen sehr wichtig für Stiftungen. Schließlich dürfen Stiftungen nur Erträge für die Zweckverwirklichung verwenden. Der Spielraum wird damit maßgeblich erweitert“, sagt der Düsseldorfer Vermögensverwalter Dyrk Vieten von ficon Vermögensmanagement. Er berät gemeinnützige Organisationen in der Geldanlage. Die Verwendung von Umschichtungsgewinnen für den Stiftungszweck müsse auch nicht mehr durch die Satzung ermöglicht werden. Es genüge, wenn sie diese nicht ausschließe und „die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist“, wie es heißt.
Kirsten Hommelhoff, Generalsekretärin des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, kommentierte bereits vor einiger Zeit dazu passend: „Diese Flexibilisierung hilft in der jetzigen Niedrigzinsphase besonders den Kapitalstiftungen beim Spagat zwischen Zweckverwirklichung und vorgeschriebenem Kapitalerhalt.“
Durchaus interessant ist laut Steuerberater und Gemeinnützigkeitsexperte Stefan Rattay von der WWS-Gruppe die Entschärfung der Voraussetzungen für Satzungsänderungen, indem die Vorgabe der „endgültigen“ Unmöglichkeit der Zweckerfüllung entfällt. Das bedeutet: „Durch Satzungsänderung kann der Stiftung nun ein anderer Zweck gegeben, oder der Zweck der Stiftung kann erheblich beschränkt werden, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich ist oder der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet. Das war früher nur sehr eingeschränkt möglich und gibt weitere Flexibilität für Stifter und Stiftungsorgane, auch hinsichtlich der Verwendung des Vermögens. Der Stiftungszweck kann beispielsweise angepasst werden, um mit geringen Erträgen aus der Kapitalanlage den gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken nachgehen zu können.“
Zur Schaffung von mehr Transparenz wird ein zentrales Stiftungsregister mit Publizitätswirkung eingeführt, das vom Bundesamt der Justiz geführt wird. Dieses kommt zum 1. Januar 2026. „Es wird Stiftungen als geschützte Rechtsmarke etablieren – weswegen rechtsfähige Stiftungen ab dann auch einen Rechtsformzusatz führen müssen – und wird das Handeln insbesondere im internationalen Rechtsverkehr deutlich erleichtern. Damit vereinfacht es künftig den Nachweis der Vertretungsmacht und macht die umständlichen Vertretungsbescheinigungen obsolet“, heißt es beim Bundesverband Deutscher Stiftungen.
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