Münchner Sicherheitskonferenz: Scholz drängt Verbündete zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eröffnet die Münchner Sicherheitskonferenz per Videoschalte. Foto: Felix Hörhager/dpa

MÜNCHEN – Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Verbündeten eindringlich dazu aufgerufen, die Ukraine schnell mit Kampfpanzern zu unterstützen. Alle, die diese Waffen liefern könnten, müssten «dies nun auch wirklich tun», sagte er am Freitag in seiner Rede beim weltweit wichtigsten Expertentreffen zur Sicherheitspolitik, an dem Vertreter aus fast 100 Ländern teilnehmen.

Er bot den Bündnispartnern Unterstützung bei Ausbildung, Nachschub und Logistik an. «Für mich ist das ein Beispiel für die Art von Leadership (Führung), die jede und jeder von Deutschland erwarten kann – und die ich unseren Freunden und Partnern ausdrücklich anbiete.»

Selenskyj: Von Waffenlieferungen «hängt unser Leben ab»

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner per Video übertragenen Eröffnungsansprache den Westen zu größerer Geschwindigkeit bei der Lieferung von Waffen aufgefordert. «Denn davon hängt unser Leben ab», sagte er. Er warnte erneut vor den Konsequenzen, wenn der russische Präsident Wladimir Putin in der Ukraine nicht gestoppt werde. «Wenn wir gebrochen werden, dann wird er weiter alle anderen Staaten aufessen, die einst in der Sowjetunion waren.»

Scholz hatte Ende Januar nach langem Zögern die Lieferung von 14 Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine angekündigt und das Ziel ausgegeben, zusammen mit Verbündeten «rasch» zwei Panzerbataillone aufzustellen, für die in der Ukraine 62 Panzer benötig werden. Für das Bataillon, für das Deutschland die Federführung übernahm, hat bisher nur Portugal drei Leopard 2A6 zugesagt. Das bedeutet: 14 Panzer fehlen noch. «Da werden wir die Bataillonsstärke nicht erreichen», hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius Mitte der Woche eingeräumt.

Auch Stoltenberg dringt auf Panzer-Lieferungen

Scholz betont nun, dass seine Regierung dennoch die Bemühungen fortsetzen werde. «Der Verteidigungsminister ist hier. Er arbeitet sehr hart daran, dass es passiert.» Der Kanzler wehrte sich gegen Vorwürfe, die Panzerlieferungen würden zu einer Eskalation des Krieges beitragen. «Nicht unsere Waffenlieferungen sind es, die den Krieg verlängern. Das Gegenteil ist richtig», sagte er. «Je früher Präsident Putin einsieht, dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen.»

Scholz versicherte, die Balance zwischen bestmöglicher Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer ungewollten Eskalation werde weiterhin gewahrt. Dafür müssten Konsequenzen des eigenen Handelns weiter eng mit den Verbündeten abgestimmt werden. Es gelte: «Sorgfalt vor Schnellschuss, Zusammenhalt vor Solo-Vorstellung.»

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dringt auf weitere Kampfpanzer-Zusagen. «Ich habe die Alliierten dazu aufgerufen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um moderne Waffen zu liefern – auch gepanzerte Fahrzeuge und Kampfpanzer», sagte er.

Russland in München nicht dabei

In München beraten die nächsten drei Tage 40 Staats- und Regierungschefs und fast 100 Minister vor allem darüber, wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine beendet werden kann. Darunter sind US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Rishi Sunak.

Die russische Führung ist zum ersten Mal seit den 1990er Jahren nicht eingeladen. «Wir sind uns zu schade, diesen Kriegsverbrechern im Kreml mit der Münchner Sicherheitskonferenz eine Bühne für ihre Propaganda zu bieten», lautet die Begründung von Konferenzleiter Christoph Heusgen – früher außenpolitischer Berater von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU).

Vier Tage nach der Konferenz im Vorjahr begann der Krieg

Selenskyj war im vergangenen Jahr noch physisch bei der Sicherheitskonferenz dabei – damals ganz zivil in Anzug und Krawatte. Bilder von seiner Rede im Februar 2022 wurden zum Auftakt der Konferenz eingespielt. Sie wirkten wie aus einer anderen Zeit. Vier Tage nach Ende der Konferenz griff Russland die Ukraine an. Am Freitag erschien Selenskyj auf den Bildschirmen im Festsaal des «Bayerischen Hofs» wie seit Kriegsbeginn üblich in Militärmontur.

Er dankte den westlichen Staaten für die Waffenhilfe zur Abwehr des russischen Angriffskrieges gegen sein Land. «Es gibt keine Alternative zu unserem Sieg, und es darf auch keine Alternative zu unserer Entschlossenheit geben», sagte er. Er verglich sein Land mit dem biblischen David, der sich gegen einen russischen Goliath wehren müsse. «Goliath hat schon angefangen zu verlieren. Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen», sagte er. Konferenzleiter Heusgen lud ihn ein, dann wieder physisch dabei zu sein.

Bildquelle:

  • Wolodymyr Selenskyj: dpa

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.