Verzweifelt, erniedrigt, chancenlos: Kaum noch WM-Hoffnung für das Oranje-Team

Gefrustet in Frankreich: Der Niederländer Kevin Strootman (l) diskutiert mit dem italienischen Schiedsrichter Gianluca Rocchi. Foto: Christophe Ena

Das WM-Ticket für Russland 2018 ist trotz der 0:4-Schmach in Frankreich zwar rechnerisch noch möglich, doch der sportliche Offenbarungseid von Oranje lässt kaum Raum für Hoffnungen auf die nun benötigten drei Siege aus den verbleibenden drei Quali-Spielen.

«Ich bin ein bisschen erschrocken darüber, wie wir gespielt haben», gestand Bondscoach Dick Advocaat erschüttert. «Dieses Oranje hat bei der Weltmeisterschaft nichts zu suchen», schrieb «De Volkskrant» am Freitag.

Der im Juni als Retter verpflichtete Advocaat hat auf die Schnelle kein Gegenmittel für den Niedergang der Elftal gefunden, der nach der verpassten EM 2016 nun auch beim nächsten Turnier die Rolle als Zuschauer droht. «Wir haben gegen eine Mannschaft verloren, die viel besser war. Frankreich war in diesem Spiel zu gut für uns», analysierte Kapitän Robben treffend. Seit einer ähnlichen Klatsche 1961 gegen Belgien hatten die Niederländer nicht mehr so hoch verloren wie an diesem bitteren Donnerstagabend im Stade de France.

Die Gastgeber hätten «das Gespenst einer großen Nation in die Versenkung geschickt», befand die französische Sportzeitung «L’Équipe». Und das «NRC Handelsblad» aus den Niederlanden diagnostizierte: «Die Älteren sind nicht mehr so gut, wie sie es früher waren. Und die Jüngeren sind nicht so gut, wie es die Älteren waren. Es war peinlich und erniedrigend.»

Nur das überraschende 2:3 der Schweden in Bulgarien hielt die mathematischen Chancen der Niederländer auf eine Reise nach Russland im kommenden Jahr noch am Leben. «Unglaublich, aber wahr», sagte Robben voller Erstaunen, dass als Gruppenvierter mit zehn Punkten aus sieben Spielen nicht schon jetzt alles vorbei ist. In den Heimspielen gegen die Bulgaren und die Schweden und beim Gastspiel in Weißrussland müssen nun drei deutliche Siege her, um zumindest Platz zwei hinter Frankreich und den Sprung in die Playoffs noch zu schaffen. «Surrealistisch» sei aber diese Hoffnung, urteilte das niederländische Fernsehen NOS.

Weder Robben noch die anderen Veteranen wie Wesley Sneijder und der reaktivierte Rekord-Torschütze Robin van Persie sind in der Glanzform früherer Tage. Van Persie fehlt gegen Bulgarien sogar wegen einer Knieverletzung, die er im Spiel gegen Frankreich erlitt. Die jüngeren Spieler können die großen Ansprüche des WM-Dritten von 2014 derzeit nicht erfüllen und verkrampfen unter der Last der Erwartungen. Beobachter wie der «Volkskrant» vermissen selbst elementare Dinge wie «Beidfüßigkeit, bessere technische Fähigkeiten, mehr Laufvermögen».

Auch der schon 69 Jahre alte Advocaat, der bereits zum dritten Mal Nationaltrainer bei Oranje ist, steht nicht wirklich für die Zukunft. Seine Mission WM-Qualifikation scheint krachend zu scheitern. «Es macht keinen Sinn, jetzt herumzumotzen», mahnte Advocaat. «Wir müssen nun aus den nächsten Spielen etwas machen. Wir können noch Gruppenzweiter werden, das muss nun unser Ziel sein.» Wie genau das gelingen soll, sagte Advocaat nicht.

Hier die Pressestimmen zur Pleite des WM-Dritten von 2014 im Überblick:

NOS Fernsehen: «Die Chance der niederländischen Elf, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren, ist noch kleiner geworden. In Paris verlor ein armseliges Oranje, das etwa eine halbe Stunde mit zehn Männern spielte, chancenlos gegen das überlegene Frankreich.»

«De Volkskrant»: «Die niederländische Elf – angetreten in leuchtendem Oranjetrikot, aber blass wie ein ausgebleichter Vorhang –  hat im Stade de France bei Paris wieder einmal unser Ansehen und unsere Würde als Fußballland besudelt. Nur weil Bulgarien in Sofia gegen Schweden gewonnen hat, haben wir noch eine Chance. (…) Dieses Oranje hat bei der Weltmeisterschaft nichts zu suchen.»

«AD (Algemeen Dagblad)»: «Alles sah verzweifelt und unglücklich aus. Aus Bulgarien kamen sogar noch aufmunternde Nachrichten, aber man kann es sich fast nicht mehr vorstellen, dass Oranje bei der WM in Russland mitspielt. Allenfalls mathematisch gibt es noch ein bisschen Hoffnung, fußballerisch gibt es nicht mehr den Hauch einer Perspektive.»

«NRC Handelsblad»: «Die niederländische Elf ist mit 0:4 durch Frankreich erniedrigt worden. Die Qualifikation ist weit entfernt, aber noch möglich. Die Mannschaft von Trainer Dick Advocaat wurde in all ihrem verletzlichen Mittelmaß bloßgelegt. (…) Die Älteren sind nicht mehr so gut, wie sie es früher waren. Und die Jüngeren sind nicht so gut, wie es die Älteren waren. Es war peinlich und erniedrigend.»

«De Telegraaf»: «Die Mannschaft der Niederlande hat gegen Frankreich chancenlos verloren. Die einzige gute Nachricht des Abends kam aus Bulgarien, wo der Konkurrent Schweden verlor.»

«Het Parool»: «Die niederländische Elf ist durch Frankreich deklassiert worden. Noch hat die Mannschaft eine theoretische Chance auf die Teilnahme an der WM. Aber dann muss es schon sehr viel besser als am Donnerstagabend laufen.»

Bildquelle:

  • Frankreich – Niederlande: dpa

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